#2: Tim Bernardes: "Mil Coisas Invisiveis" (Psychic Hotline, Nov. 2022) |
[Brazil!]
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Tim Bernardes, ein für den Latin Grammy nominierter Sänger, Songwriter, Musiker, Komponist und Produzent aus Sao Paulo, Brasilien, hat ein weltweites Publikum mit seiner delikaten Balance zwischen Klängen, die in der brasilianischen Tradition verwurzelt sind, und zeitgenössischem Indie und Folk in seinen Bann gezogen, die zutiefst warm, intim, emotional und heilend ist.
Er hat mit Künstlern wie den Fleet Foxes, Tom Zé, David Byrne, Gal Costa, Devendra Banhart, Shintaro Sakamoto und vielen anderen zusammengearbeitet. Mil Coisas Invisíveis ist sein zweites Soloalbum nach seinem 2017 erschienenen Debüt Recomeçar. Das Album entstand vor allem während der Tournee mit seiner gefeierten Tropicalia-Indie-Gruppe O Terno und auf dem Weg ins Jahr 2020, als er beschloss, sich vom Touren zurückzuziehen und sich auf neue Songs zu konzentrieren. Herausgekommen ist ein Album, das großzügig und intim ist - eine Reihe von Meditationen über metaphysische Transformation im Angesicht großer Unsicherheit. »Ich hoffe, dass ich eines Tages nur ein Zehntel so gut singen und Songs schreiben kann wie Tim Bernardes« robin Pecknold, Fleet Foxes »Ein Wunder der Abstimmung, der Dynamikkontrolle, der Raffinesse, der instrumentalen Ausführung und der Freiheit in der Eleganz des Bühneneinsatzes«, Caetano Veloso »Bernardes' Stimme ist wahrhaftig vom Feinsten«.
... Ähnlich zeitgenössisch geht Tim Bernardes zur Sache. Sein neues Album "Mil Coisas Invisíveis" (Psychic Hotline) ist so etwas wie die Antipode zum sprudeligen Album von Bala Desejo. Er dreht die "Saudade" der brasilianischen Musik in eine universelle Melancholie, die an die intellektuellen Seiten des Indie-Folk aus dem Norden andockt. Da hat er auch längst schon einen guten Stand. Die Fleet Foxes haben ihn schon ins Studio geholt, Devendra Banhart und David Byrne. Auf dem Album hat er fast alles selbst gemacht. Viel Nylonsaiten-Gitarre, Klavier, eine Plektrum-gezupfte Bassgitarre, wie sie Carol Kaye auf den späten Beach-Boys-Platten spielte, und Orchesterarrangements, die in ihrer Sparsamkeit auf einen ästhetisch tadellosen Schwebezustand abzielen. Dieser Minimalismus in Perfektion gibt seiner Stimme genau den Raum, den sie braucht für all die Dynamik und Emotionalität. Bernardes beherrscht Miles Davis' Credo, dass alles, was man nicht spielt, mindestens so wichtig ist, wie alles, was man spielt. Auch wenn Jazz bei ihm und seinen Zeitgenossen meist nur ein Nachgedanke ist. Aber das war er im Bossa Nova irgendwann auch.
(www.sueddeutsche.de)
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#3: Tedeschi Trucks Band: "I Am The Moon: I. Crescent" (Universal/Fantasy, CD: Juni * Vinyl: Sep. 2022) |
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Eine Liebesgeschichte
Schon ganz am Anfang der Geschichte der Tedeschi Trucks Band steht die Liebe. Bei einem Konzert als Vorband für die Allman Brothers Band lernt die amerikanische Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi 1999 den damaligen Gitarristen der Allmans, Derek Trucks, kennen. Die beiden heiraten 2001 und legen 2010 auch ihre jeweiligen Solo-Bands zusammen, um die Tedeschi Trucks Band zu gründen.
Bereits mit ihrem ersten Album »Revelator« gewinnt die Tedeschi Trucks Band 2012 die begehrte Grammy Trophäe für das beste Blues Album. Schon damals besteht die Band aus elf Personen und flankiert das gefühlvolle Gitarrenspiel der Bandleader u.a. mit Blechbläsern und Keyboards.
Es folgen drei weitere Studioalben und diverse Liveaufnahmen, die den Ruf der Tedeschi Trucks Band als einer der spielfreudigsten Bands der aktuellen Bluesrock- und Americana-Szene weiter festigen. Bester Beweis hierfür ist der Livemitschnitt »Layla Revisited«, der die einmalige Aufführung des Derek & The Dominos Albums »Layla And Other Assorted Love Songs« durch die Tedeschi Trucks Band auf dem Lockn´ Festival im Sommer 2019 dokumentiert. Unterstützt wurde die Band damals von Trey Anastasio von Phish.
Doch dann kam die Pandemie und an Konzerte war bis auf Weiteres nicht zu denken. Stattdessen hat sich die Tedeschi Trucks Band in ihr Studio in Jacksonville, Florida zurückgezogen und ihr mehrteiliges Opus Magnum »I Am The Moon« ausgearbeitet und aufgenommen. Stolze 24 neue Songs umfasst der Zyklus, verteilt auf vier eigenständige Alben. Thematisch ist »I Am The Moon« inspiriert vom einem erzählenden Sufi-Gedicht aus dem 12. Jahrhundert namens »Leila und Madschnun«. Die Geschichte von zwei unglücklich Verliebten, Besessenheit und Isolation diente in Teilen auch schon Eric Claptons »Layla« als Vorlage.
Seit Anfang Juni hat die Tedeschi Trucks Band im vier-Wochen-Rhythmus einen neuen Teil ihrer musikalischen Erzählung veröffentlicht, deren letzter Akt »I Am The Moon: IV. Farewell« nun bevorsteht.
Eine unglückliche fernöstliche Liebesgeschichte lieferte die Inspiration für Musik, wie man sie von der 13-köpfigen Band bis heute nicht gehört hat. [...] Americana- Einflüsse haben an Bedeutung gewonnen, und das in getragen angestimmten Songs mit wunderschönen Instrumentalpassagen. Trucks lädt mit seinen Saitenzaubereien immer wieder zum Träumen ein, dezent umspielt von einer verhaltenen Orgel oder den TTB-Bläsern. Ein Meisterwerk!
(Good Times, Juni/Juli 2022)
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#3: Tedeschi Trucks Band: "I Am The Moon: II. Ascension" (Universal/Fantasy, CD: Juli * Vinyl: Sep. 2022) |
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Eine Liebesgeschichte
Schon ganz am Anfang der Geschichte der Tedeschi Trucks Band steht die Liebe. Bei einem Konzert als Vorband für die Allman Brothers Band lernt die amerikanische Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi 1999 den damaligen Gitarristen der Allmans, Derek Trucks, kennen. Die beiden heiraten 2001 und legen 2010 auch ihre jeweiligen Solo-Bands zusammen, um die Tedeschi Trucks Band zu gründen.
Bereits mit ihrem ersten Album »Revelator« gewinnt die Tedeschi Trucks Band 2012 die begehrte Grammy Trophäe für das beste Blues Album. Schon damals besteht die Band aus elf Personen und flankiert das gefühlvolle Gitarrenspiel der Bandleader u.a. mit Blechbläsern und Keyboards.
Es folgen drei weitere Studioalben und diverse Liveaufnahmen, die den Ruf der Tedeschi Trucks Band als einer der spielfreudigsten Bands der aktuellen Bluesrock- und Americana-Szene weiter festigen. Bester Beweis hierfür ist der Livemitschnitt »Layla Revisited«, der die einmalige Aufführung des Derek & The Dominos Albums »Layla And Other Assorted Love Songs« durch die Tedeschi Trucks Band auf dem Lockn´ Festival im Sommer 2019 dokumentiert. Unterstützt wurde die Band damals von Trey Anastasio von Phish.
Doch dann kam die Pandemie und an Konzerte war bis auf Weiteres nicht zu denken. Stattdessen hat sich die Tedeschi Trucks Band in ihr Studio in Jacksonville, Florida zurückgezogen und ihr mehrteiliges Opus Magnum »I Am The Moon« ausgearbeitet und aufgenommen. Stolze 24 neue Songs umfasst der Zyklus, verteilt auf vier eigenständige Alben. Thematisch ist »I Am The Moon« inspiriert vom einem erzählenden Sufi-Gedicht aus dem 12. Jahrhundert namens »Leila und Madschnun«. Die Geschichte von zwei unglücklich Verliebten, Besessenheit und Isolation diente in Teilen auch schon Eric Claptons »Layla« als Vorlage.
Seit Anfang Juni hat die Tedeschi Trucks Band im vier-Wochen-Rhythmus einen neuen Teil ihrer musikalischen Erzählung veröffentlicht, deren letzter Akt »I Am The Moon: IV. Farewell« nun bevorsteht.
Auf II. ASCENSION lässt der manchmal fast ausufernd solierende Trucks indische Einflüsse einfließen, aber auch der Rest der bei aller Verspieltheit kompakt agierenden Truppe fasziniert mit funky, folkigen, jazzigen Momenten, ohne die Bluesbasis zu vergessen.
(Good Times, August/September 2022)
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#3: Tedeschi Trucks Band: "I Am The Moon: III. The Fall" (Universal/Fantasy, CD: Juli * Vinyl: Sep. 2022) |
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Eine Liebesgeschichte
Schon ganz am Anfang der Geschichte der Tedeschi Trucks Band steht die Liebe. Bei einem Konzert als Vorband für die Allman Brothers Band lernt die amerikanische Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi 1999 den damaligen Gitarristen der Allmans, Derek Trucks, kennen. Die beiden heiraten 2001 und legen 2010 auch ihre jeweiligen Solo-Bands zusammen, um die Tedeschi Trucks Band zu gründen.
Bereits mit ihrem ersten Album »Revelator« gewinnt die Tedeschi Trucks Band 2012 die begehrte Grammy Trophäe für das beste Blues Album. Schon damals besteht die Band aus elf Personen und flankiert das gefühlvolle Gitarrenspiel der Bandleader u.a. mit Blechbläsern und Keyboards.
Es folgen drei weitere Studioalben und diverse Liveaufnahmen, die den Ruf der Tedeschi Trucks Band als einer der spielfreudigsten Bands der aktuellen Bluesrock- und Americana-Szene weiter festigen. Bester Beweis hierfür ist der Livemitschnitt »Layla Revisited«, der die einmalige Aufführung des Derek & The Dominos Albums »Layla And Other Assorted Love Songs« durch die Tedeschi Trucks Band auf dem Lockn´ Festival im Sommer 2019 dokumentiert. Unterstützt wurde die Band damals von Trey Anastasio von Phish.
Doch dann kam die Pandemie und an Konzerte war bis auf Weiteres nicht zu denken. Stattdessen hat sich die Tedeschi Trucks Band in ihr Studio in Jacksonville, Florida zurückgezogen und ihr mehrteiliges Opus Magnum »I Am The Moon« ausgearbeitet und aufgenommen. Stolze 24 neue Songs umfasst der Zyklus, verteilt auf vier eigenständige Alben. Thematisch ist »I Am The Moon« inspiriert vom einem erzählenden Sufi-Gedicht aus dem 12. Jahrhundert namens »Leila und Madschnun«. Die Geschichte von zwei unglücklich Verliebten, Besessenheit und Isolation diente in Teilen auch schon Eric Claptons »Layla« als Vorlage.
Seit Anfang Juni hat die Tedeschi Trucks Band im vier-Wochen-Rhythmus einen neuen Teil ihrer musikalischen Erzählung veröffentlicht, deren letzter Akt »I Am The Moon: IV. Farewell« nun bevorsteht.
Auf III. THE FALL singt Tedeschi teils richtig soulig, wecken manche Momente Little-Feat-Assoziationen. Einfach klasse und spannend.
(Good Times, August/September 2022)
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#3: Tedeschi Trucks Band: "I Am The Moon: IV. Farewell" (Universal/Fantasy, CD: Aug. * Vinyl: Sep. 2022) |
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Eine Liebesgeschichte
Schon ganz am Anfang der Geschichte der Tedeschi Trucks Band steht die Liebe. Bei einem Konzert als Vorband für die Allman Brothers Band lernt die amerikanische Sängerin und Gitarristin Susan Tedeschi 1999 den damaligen Gitarristen der Allmans, Derek Trucks, kennen. Die beiden heiraten 2001 und legen 2010 auch ihre jeweiligen Solo-Bands zusammen, um die Tedeschi Trucks Band zu gründen.
Bereits mit ihrem ersten Album »Revelator« gewinnt die Tedeschi Trucks Band 2012 die begehrte Grammy Trophäe für das beste Blues Album. Schon damals besteht die Band aus elf Personen und flankiert das gefühlvolle Gitarrenspiel der Bandleader u.a. mit Blechbläsern und Keyboards.
Es folgen drei weitere Studioalben und diverse Liveaufnahmen, die den Ruf der Tedeschi Trucks Band als einer der spielfreudigsten Bands der aktuellen Bluesrock- und Americana-Szene weiter festigen. Bester Beweis hierfür ist der Livemitschnitt »Layla Revisited«, der die einmalige Aufführung des Derek & The Dominos Albums »Layla And Other Assorted Love Songs« durch die Tedeschi Trucks Band auf dem Lockn´ Festival im Sommer 2019 dokumentiert. Unterstützt wurde die Band damals von Trey Anastasio von Phish.
Doch dann kam die Pandemie und an Konzerte war bis auf Weiteres nicht zu denken. Stattdessen hat sich die Tedeschi Trucks Band in ihr Studio in Jacksonville, Florida zurückgezogen und ihr mehrteiliges Opus Magnum »I Am The Moon« ausgearbeitet und aufgenommen. Stolze 24 neue Songs umfasst der Zyklus, verteilt auf vier eigenständige Alben. Thematisch ist »I Am The Moon« inspiriert vom einem erzählenden Sufi-Gedicht aus dem 12. Jahrhundert namens »Leila und Madschnun«. Die Geschichte von zwei unglücklich Verliebten, Besessenheit und Isolation diente in Teilen auch schon Eric Claptons »Layla« als Vorlage.
Seit Anfang Juni hat die Tedeschi Trucks Band im vier-Wochen-Rhythmus einen neuen Teil ihrer musikalischen Erzählung veröffentlicht, deren letzter Akt »I Am The Moon: IV. Farewell« nun bevorsteht.
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#4: Jeb Loy Nichols: "United States Of The Broken Hearted" (On-U Sound, Nov. 2022) |
[Fellow Travellers|
Jeb Loy Nichols with Cold Diamond & Mink]
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Das neue Jeb Loy Nichols-Album besteht aus zwölf düsteren, aber wunderschönen Stücken, bei denen der langjährige Freund und Produzent Adrian Sherwood seinen charakteristischen Dub-Ansatz gegen sorgfältig zurückgenommene Arrangements eintauscht.
Akustikgitarre und Jebs Stimme werden umrahmt von subtilen Bläsersätzen, Cello und Perkussion sowie Keyboardbeiträgen von Martin Duffy (Primal Scream, Felt). Politisch aufgeladene Coverversionen (»I Hate The Capitalist System«, »Deportees«) stehen neben eher introspektivem Material, darunter einige der besten Songs, die Nichols bisher geschrieben hat.
Adrian Sherwood fügt hinzu: »Dies ist Jebs ›Great American Songbook‹, er ist im Laufe der Jahre ein großartiger Sänger und Songwriter geworden. Es ist ein wunderschönes Werk, das an unsere gemeinsame Liebe zu dem Miracle-Album erinnert, das ich mit Bim Sherman gemacht habe. Ich bin wirklich stolz auf diese Platte und sie ist ein passender Nachfolger von Long Time Traveller.«
Der aus Wyoming stammende Singer, Gitarrist und Maler verschmilzt hier die reiche Südstaatenkultur aus Country und Soul mit feinen Reggae- und Dub-Vibes. Die Sanftheit des Künstlers durchfließt sämtliche Songs./p>
(stereoplay, Dezember 2022)
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#5: Tom Liwa: "Eine Andere Zeit" (D,DMFK, Okt. 2022) |
[Gong |
Flowerpornoes]
Die Jahrescharts 2022: Platz1im Rolling Stone!
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CD only.
Der geniale Außenseiter unter den deutschsprachigen Songschreibern legt mit neuer Band ein weiteres beeindruckendes Alterswerk vor. EINE ANDERE ZEIT ist die opulente Erzählung einer männlich weiblichen Identitätsfindung und klingt mit Gästen von Didier Malherbe bis Nichtseattle so modern und einladend wie selten zuvor.
Am 25. Oktober erscheint Tom Liwas neues Album EINE ANDERE ZEIT. Er hat da auch Geburtstag, und es ist Neumond, aber lassen wir das. EINE ANDERE ZEIT ist ein Album wie ein Dorf, voller Menschen, die sich wichtigen Veränderungen stellen und/oder sich selbst im Wandel befinden. Gertrud, Maria, Agnes und Herbert, die Königin des Himmels, Onya und ihr Mann. Besucherinnen schauen vorbei Katharina Kollmann aka Nichtseattle, Carolin Hennig und Submaureen singen je einen Song mit. Und weil die Texte von EINE ANDERE ZEIT „irgendwie" aus einer angenommenen Weiblichkeit heraus formuliert sind, ist es „irgendwie" auch das Debüt von MARION VAN DER BEEKS SEVEN SISTERS, der Band der Frau, die Tom Liwa vielleicht wäre, hätten seine Eltern ein Mädchen gekriegt.
Ein ganz wundersamer Popentwurf ist die Musik. Zwischen der zerlumpten Glorie von METAL, dem slicken VIRGIN BIRTH BLUES und der epischen Schönheit des zehn Minuten langen KEKSE FÜR DIE KÖNIGIN DES HIMMELS liegen Welten. Die Songs von EINE ANDERE ZEIT werden zusammengehalten durch Toms Stimme und Gitarren und die stilsicheren Entscheidungen eines neuen Freunds: Der Produzent Stef Maldener hat mit seinem feinfühligen Sound-Verständnis, seinem „unsichtbaren Orchester" und sehr viel Liebe zum Detail ein Kunstwerk geformt, das Tom in ein neues, klares Licht stellt. Der tolle Lars Plogschties am Schlagzeug, der alte Gefährte Markus Steinebach & Friends am Bass und die irren Ideen des legendären Flötenzauberers Didier Malherbe (of Gong- and Hadouk-Fame) all das macht EINE ANDERE ZEIT musikalisch zu einem großen Spaß.
(Glitterhouse)
Konzerthighlight: Alte Molkerei, Bocholt, 21.09.2023
Liwa nicht mit den Flowerpornoes, sondern mit seiner neuen (?) "Leuchtturmband" in einem Club in Bocholt,
der für mich als Zuhörer eine Premiere ist. Ein gelungener Abend mit einer toller Band, darunter der großartige
Schlagzeuger Lars Plogschties vom Album, und vielen tollen Songs, die ich größtenteils nicht kannte.
Möglicherweise einer der besten Gigs von Liwa, bei dem ich in den letzten Jahrzehnten dabei war.
(22.09.2023)
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#6: Laura Veirs: "Found Light" (Bella Union, Juli 2022) |
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Laura Veirs 2022 über Bella Union erschienenes Album ‹Found Light»
Wenn das 2020er-Album »My Echo«, geschrieben kurz vor ihrer Trennung von ihrem Ehemann, dem langjährigen Produzenten und Vater der gemeinsamen beiden Söhne - Veirs' Scheidungsalbum war, handelt der neue Longplayer »Found Light« von dem, was danach kommt.
Obwohl es technisch gesehen das 12. Studioalbum der Künstlerin aus Portland ist, fühlt es sich in vielerlei Hinsicht wie ein Debüt an: »Found Light« ist das erste Album, das sie gemeinsam mit Shahzad Ismaily produziert hat, wobei Veirs eine Selbstständigkeit und künstlerische Unabhängigkeit an den Tag legte, die sie selbst bisher so nicht von sich kannte.
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#7: Dawes: "Misadventures Of Doomscroller" (Rounder/HUB, Juli 2022) |
[Blues For Allah |
Jonathan Wilson]
Die Jahrescharts 2022: Platz18im Rolling Stone!
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"MISADVENTURES OF DOOMSCROLLER" wurde von Jonathan Wilson (Billy Strings, Father John Misty, Angel Olsen) produziert und stellt eine neue, abenteuerliche Richtung für Dawes dar, die einen ehrgeizigeren und experimentelleren Ansatz bei den Aufnahmen zeigt als je zuvor.
"Wir waren schon immer stolz darauf, Minimalisten zu sein. Mit dieser Platte haben wir uns vorgenommen, MAXIMALISTEN zu sein", sagt Goldsmith. "Immer noch ein Quartett. Die Songs sollen sich nicht hinter irgendwelchen Tricks oder Effekten verstecken."
Wir wollten auch die traditionelle Länge einer Schallplatte - 40-45 Minuten - respektieren, aber keine Rücksicht auf die Anzahl der Tracks nehmen. So wie es Miles oder Herbie oft getan haben.
Jedes Mal, wenn eine Aufnahme abgeschlossen war, fühlte es sich wie eine große Leistung an. Dass diese 10 Minuten dauerte, war für uns nicht wirklich erschwerend. Ich wollte nicht derjenige sein, der es in Minute 7 oder 8 vergeigt, wenn alle bis dahin fehlerfrei gespielt haben. Das ganze Album und vor allem dieser Song haben sich ein wenig jenseits unserer Komfortzone angefühlt, und ich bin wirklich stolz darauf, was das aus der Musik gemacht hat. Ich denke, dass man den Augenkontakt hören kann, dass man hört, wie wir mit den Füßen denken."
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#10: Jerry Leger: "Nothing Pressing" (Warner/Latent, CD: März 2022 * Vinyl: April 2022) |
[The Cowboy Junkies]
Die Jahrescharts 2022: Platz42im Rolling Stone!
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Jerry Leger lässt seinem von der Kritik hochgelobten Album »Time Out For Tomorrow« das von Michael Timmins (Cowboy Junkies) produzierte »Nothing Pressing« folgen. Sein letztes selbstveröffentlichtes Album »Songs from the Apartment« war eine abgespeckte Lo-Fi-Angelegenheit, die Leger zu Hause mit einem billigen Kassetten-Rekorder und einem internen Mikrofon aufgenommen hatte.
Leger ist oft ratlos, wenn es darum geht, die Quelle seiner Songs zu erklären. Er hat das Gefühl, dass sein Songwriting, obwohl es eindeutig auf Erfahrungen basiert, die durch eine Vielzahl von Einflüssen gefiltert wurden, oft an eine übernatürliche Erfahrung grenzt. Im Laufe der elf Songs auf Nothing Pressing beschäftigt sich der Songwriter des Songwriters mit Fragen der Existenz, der Sterblichkeit, der Hoffnung, des Vertrauens und des Herzschmerzes, während er gleichzeitig Gefühle der Isolation, der Reflexion, der Sehnsucht und der Dankbarkeit hervorruft.
Gepaart mit solch aufrüttelnden Texten sind wunderbar ausgearbeitete Melodien, gefühlvoller Gesang und der Geist und die Energie eines reifen Songwriters, der sich in seiner Haut wohl fühlt und mit jeder Veröffentlichung als Künstler wächst. »Nothing Pressing« ist ein wunderbar erfrischendes Tonikum in unruhigen Zeiten.
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#11: Weyes Blood: "And In The Darkness, Hearts Aglow" (Sub Pop, Nov. 2022) |
[Titanic Rising |
Aimee Mann]
Die Jahrescharts 2022: Platz2im Rolling Stone!
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Technologische Unruhe. Narzissmus-Müdigkeit. Eine Galaxie der Isolation. Dies sind die neuen Normen, die Weyes Blood (alias Natalie Mering) nachts wach halten, und die Themen, die im Mittelpunkt ihrer jüngsten Veröffentlichung »And in the Darkness, Hearts Aglow« stehen.
Das von himmlischen Einflüssen geprägte Folk-Album ist der Nachfolger des hochgelobten Albums Titanic Rising. (Pitchfork, NPR und The Guardian bezeichneten es bewundernd als eines der besten des Jahres 2019.) Während Titanic Rising eine Beobachtung des kommenden Untergangs war, geht es bei And in the Darkness, Hearts Aglow darum, mittendrin zu sein: eine Suche nach einer Fluchtluke, die uns von Algorithmen und ideologischem Chaos befreit. »Wir befinden uns in einer voll funktionsfähigen Shitshow«, sagt Mering. »Mein Herz ist ein Leuchtstab, der geknackt wurde und meine Brust in einer Explosion von Ernsthaftigkeit erleuchtet.« Und in der Dunkelheit eröffnet Hearts Aglow mit dem wehmütigen, gewinnenden »It's Not Just Me, It's Everybody«, einem Song über die Zusammengehörigkeit aller Wesen, trotz des Ausfransens der Gesellschaft um uns herum. »Ich habe mir viele Fragen gestellt, als ich diese Songs schrieb. Die Hyper-Isolation kam immer wieder zur Sprache«, sagt Mering.
»Unsere Kultur verlässt sich immer weniger auf die Menschen. Irgendetwas stimmt nicht, und auch wenn das Gefühl bei jedem Einzelnen anders aussieht, ist es doch universell. Das wie ein Schlaflied anmutende ›Grapevine‹ beschreibt die Zersplitterung einer menschlichen Verbindung. Das jenseitige Klagelied ›God Turn Me Into A Flower‹ dient als Allegorie auf unsere kollektive Hybris. ›The Worst Is Done‹ ist eine unheilvolle Warnung, unterlegt mit einer trügerisch luftigen Pop-Melodie. ›Chaos ist natürlich. Aber das Gleiche gilt für die Negentropie, also die Tendenz, dass sich die Dinge wieder ordnen«, sagt sie. »Diese Songs sind vielleicht keine Manifeste oder Lösungen, aber ich weiß, dass sie die Bedeutung unserer heutigen Desillusionierung beleuchten.«
With her 2019 album, Titanic Rising, vocalist, songwriter, and multi-instrumentalist Natalie Mering took her long-developing project Weyes Blood to a new level. A fascination with '70s soft rock tonalities that showed up on earlier albums crystallized into something far more opulent on Titanic Rising, with hook-abundant tunes somewhere between Nilsson and Joni underscored by the synth abstraction and experimentalism that had remained constants in the Weyes Blood catalog. Fifth album And in the Darkness, Hearts Aglow emerges as the second installment of a trilogy that began with Titanic Rising, and it continues that album's gorgeous arrangements, intricate songwriting, and themes contemplating both one's place in the universe as well as the trajectory of the universe itself. Opening with immediate standout "It's Not Just Me, It's Everybody," all these elements are in place and even more pronounced than on the album prior. The song's straightforward, piano-led instrumentation is gradually filled out by sweeps of orchestral strings, harp, and heavenly backing vocals. Mering's steady, mellow, double-tracked vocals parse through lyrics about times of overwhelming change and isolation as the song builds. It's the first of several of the albums tunes that linger for more than six minutes, moving steadily through their dreamy production and making space for Mering to ruminate on big-picture themes that are more universal than personal. "The Worst Is Done" and "Children of the Empire" are similar, examining the heaviness of societies living through what feels like the end times over peppy rhythms and busy chamber pop flourishes. Mering translates this into a haunted '50s ballad style on "Hearts Aglow," injecting a little Twin Peaks energy into the album's majestic pop sound. Much like its predecessor, the album consists of eight monolithic songs and two more experimental interludes, but And in the Darkness, Hearts Aglow expands on the vision of Titanic Rising rather than simply repeating it. "God Turn Me Into a Flower" is a wonderfully restrained inclusion, with Mering's voice, delicate strings, and guest synthesizers from Oneohtrix Point Never's Daniel Lopatin all swirling into a blur of textures and ambience. The neon synth tones, rubbery bass guitar, and clunky drum machine beat of "Twin Flame" is more synth pop than anything Weyes Blood has created before and shakes up the flow of the album without taking it so far out of range that it feels like an outlier. And in the Darkness, Hearts Aglow is another step forward for Weyes Blood, building on the stunning sonic and emotional environments she tailored on Titanic Rising and using that lushness as a means of processing destabilized times.
(by Fred Thomas, All Music Guide)
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#12: Jochen Distelmeyer: "Gefühlte Wahrheiten" (Sony/Four, Juli 2022) |
[Blumfeld]
Die Jahrescharts 2022: Platz19im Rolling Stone!
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»Gefühlte Wahrheiten« ist ein Album darüber, wie es sich anfühlt, lebendig zu sein. Zwölf bestürzend schöne Lieder, in denen Distelmeyer vom Sich-Verlieren und Wiederankommen, vom babylonischen Stimmengewirr der sozialen Medien, von Sehnsucht und Begierde, gesellschaftlicher Spaltung und einer am Ende gelingenden und triumphierenden Liebe erzählt.
Es schließt sich hier ein Kreis von Distelmeyers erstem Solo- Album »Heavy« (»Wohin mit dem Hass«), seinem Romandebüt »Otis‹ und dem Coveralbum »Songs From The Bottom Vol. 1« (»Toxic«, »Video Games«). Selbst die Konzerte seiner Band Blumfeld (»Tausend Tränen Tief«, »Wir sind frei«) der vergangenen Jahre sind Teile eines Werkzyklus, dessen offene Enden Distelmeyer mit »Gefühlte Wahrheiten« nun zusammenführt. Der große Sänger eines »persönlichen Lebens« ist also nicht »wieder da« - er war niemals weg. Das Album beginnt mit dem eindringlichen Slow-Soul »Komm (so nah wie du kannst)« – übrigens auch ein guter Rat zur Rezeption dieses Albums.
In der Folge erinnert Jochen Distelmeyer dann immer wieder eindrucksvoll daran, dass es »jenseits von jedem« und vor allem anderen kaum jemanden gibt, der so schöne, beglückende und wahrhaftige Liebes- und Liebeskummerlieder schreibt wie er. Kaum jemals hat indes selbst Distelmeyer ein so wunderbares geschrieben wie »Nur der Mond«: sechs Minuten wonniger Hingabe, die sich schließlich in einem Gitarrensolo direkt in die Unendlichkeit auflösen.
Ob mit »Hey Dear«, »Im Fieber« oder »Tanz mit mir«: Jochen Distelmeyer breitet auf »Gefühlte Wahrheiten« sein Herz vor uns aus. Er verklausuliert nichts, wählt immer den direkten Weg, ist mutig und unerschrocken, sein Vortrag ist ergreifend. Das gilt für den berückenden Blues »Manchmal«, mit dem Distelmeyer bereits ein erhabenes Alterswerk andeutet und in dem er von seinem Umzug nach Berlin vor über zehn Jahren erzählt und wie er sich in der Stadt fühlt; es gilt aber erst recht für »Nicht einsam genug«, ein elfeinhalbminütiges Erlösungslied, das einem Tränen in die Augen treibt und in seiner wahrhaftigen Schönheit seinesgleichen sucht.
»Gefühlte Wahrheiten« ist so wenig typisch Deutsch, wie es nur geht. Diese Musik hat eine organische Tiefe, Reichhaltigkeit und unaufgeregte Präzision. Sie ruht in sich und ist wahrhaft meisterhaft gespielt und arrangiert – und das ist nicht zuletzt das Verdienst des Produzenten Swen Meyer, der auch schon Distelmeyers letztes, viel beachtetes englischsprachige Coveralbum »Songs From The Bottom Vol. 1« produziert hatte. Auf »Gefühlte Wahrheiten« finden sich dann auch zum ersten Mal selbst komponierte englische Songs, mit »Gone Girl«, »The Reason« und »Roads of Regret«. Die hatte Distelmeyer eigentlich für ein Country-Mixtape mit dem Titel »Songs for the Dark Age« vorgesehen.
Jetzt fügen sich diese Songs wunderbar in ein Album, dessen Traditionslinien von Blues über Soul bis zu modernem R'n'B reichen. Jochen Distelmeyer gelingt noch immer und immer wieder die poetischste Verbindung von Pop, Poesie und Politik überhaupt. Vom scheinbar Banalen, Alltäglichen kommt er mit spielerischer Leichtigkeit in die großen Zusammenhänge und wieder zurück. Jochen Distelmeyer ist ein Gast, ein präziser Beobachter, der die Wirklichkeit mit meisterlicher Musikalität zum Swingen bringt. Es ist gut, ihn wieder und weiter zu hören!« Torsten Groß
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#13: The Jazz Butcher: "The Highest In The Land" (Tapete, Feb. 2022) |
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Ein Abschiedsgeschenk
Am 5. Oktober 2021 musste die Musikwelt Abschied von Pat Fish nehmen. Der englische Musiker war vor allem durch seine Arbeit als Mitglied der Band The Jazz Butcher bekannt und trug daher denselben Spitznamen.
Es erscheint wie eine Abschiedsgeschenk, dass er im Sommer noch ein letztes Album aufnahm, das nun im Februar 2022 posthum veröffentlicht wird: »The Highest In The Land«.
Dabei handelt es sich um das erste Jazz-Butcher-Album seit zehn Jahren, den Nachfolger von »Last Of The Gentleman Adventurers« aus dem Jahr 2012.
Fish nahm die neun Songs starke Platte gemeinsam mit dem Gitarristen und langjährigen Mitarbeiter Max Eider, dem Gitarristen Peter Crouch (der bereits an »Condition Blue« und »Waiting For The Love Bus« mitwirkte), dem Weather-Prophets-Schlagzeuger Dave Morgan (der an »Fishcotheque« mitwirkte) und dem Bassisten Tim Harries in Lee Russells Dulcitone-Studios im ländlichen Northamptonshire auf.
In Gedenken an The Jazz Butcher veröffentlichte das Hamburger Label Tapete Records, bei dem »The Highest In The Land« erscheint, vorab einen Song. In »Time« behandelt Fish das Thema Sterblichkeit. Dort heißt es: »My hair’s all wrong. My time ain’t long. Fishy go to heaven, get along, get along.«
Es kommt nicht oft vor, dass es einem Künstler gegeben wäre, nach Bowie-Art bewusst sein persönliches Nachwort in die Rillen einer letzten LP zu ritzen. The Highest in the Land ist eines jener seltenen Alben, und man könnte sich als seinen Autor keinen brillanteren, furchtloser sarkastischen Poeten wünschen als Pat Fish alias The Jazz Butcher. "My hair's all wrong / My time ain't long / Fishy go to Heaven, get along, get along", singt er zum eine tickende Uhr suggerierenden Beat von "Time" und reimt dabei den Titel trocken mit "a one-way ticket to a pit of Council lime" (ein Hinweg?Ticket zur Kalkgrube der Gemeindeverwaltung). Es ist nur einer von vielen existenziell aufgeladenen Momenten einer Platte, deren Lieder Pat Fish während seiner letzten sieben Jahre schrieb, ehe er im Oktober 2021 63-jährig allzu früh von uns ging. "Selbsterkenntnis, Dringlichkeit", waren die Worte, die er in privaten Randnotizen zu seinen Texten an Produzent Lee Russell schrieb: "Er hat seinen Weg um den Häuserblock hinter sich. Und jetzt ist er auf seiner letzten Runde." "Wir hatten unseren Abschied," erinnert sich Russell, "Drei Monate lang hatten wir zusammengearbeitet, und dann am letzten Tag fuhr ich ihn nach Hause. Zum ersten Mal umarmten wir uns, dann sagten wir Lebewohl. Und das war's."
(Glitterhouse)
Erstaunlich langlebige Band, wenngleich weit weniger beachtet als in ihren profilierten Anfängen in den 80ern, mittlerweile sind die Abstände ihrer Alben auch ziemlich groß geworden. Nun ist die Band Geschichte, ihr Leader kürzlich verstorben, dies ist quasi ihr Abschiedsalbum. Es pendelt zwischen luftig-relaxtem geradlinigem old-fashioned Indie Pop mit ein paar markanten bis atmosphärisch starken Gitarrenbreaks oder gänzlich alterslosem mit 70er-Rückgriffen und viel Drive, einem tiefenentspanntem Instrumental mit einem Hauch Jazz-Feeling, angefolktem melodieseligem dezent beschwingtem typischem 80er Indie Pop (auch in balladesk), Jazz-Folk-Pop in locker, leicht und melodisch mit sehr alten Bezugspunkten (was den Jazzanteil betrifft) sowie 2 ein klein bischen handfesteren Songs (mit 70er- wie 80er-Parallelen, ohne dort stehen zu bleiben), der eine mit einer kleinen Prise Blues versehen, der andere inklusive schärferen Gitarren-Features. Neben den Saiten erfreut die leise Grundierung einer samtweichen aparten Orgel, zwischendurch könnte man mal mit etwas Fantasie eine entfernte Ähnlichkeit zu abgespeckten relaxteren Prefab Sprout konstatieren (die Art der Melodik vor allem), oder zu ruhigen Felt, mittlere Phase.
(detlev von duhn, Glitterhouse)
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#14: Kurt Vile: "(watch my moves)" (Verve, April 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz50im Musikexpress und Platz46im Rolling Stone!
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Herr über alle Bereiche
Kurt Vile veröffentlicht 2022 ein neues Album. »(Watch My Moves)« heißt der mittlerweile neunte Longplayer des US-amerikanischen Gitarristen, Sängers und Songwriters aus Philadelphia, der seine Musikerkarriere vor einigen Jahren bei der Band War On Drugs startete, und ist außerdem das erste Release bei seinem neuen Label Verve Records.
Zuletzt hatte Vile 2020 die EP »Speed, Sound, Lonely KV« veröffentlicht. Sein letztes Album erschien 2018 mit »Bottle It In« und erreichte Platz 24 der UK-Charts.
»(Watch My Moves)« nahm der Musiker und Sänger in seinem Heimstudio OKV Central auf und produzierte es selbst, mithilfe von Rob Schnapf: »Als Waylon Jennings ein Outlaw-Country-Künstler wurde, nahm er gerne im Hillbilly Central auf, dem Studio von Tompall Glaser. OKV Central ist meine Version davon in Mount Airy. Hier finde ich mich zurecht, und gleichzeitig kehre ich zu meinen Home-Recording-Wurzeln zurück«, so Vile in einem Statement. Eine Veränderung, die sich im Lo-Fi-Sound der neue Platte widerspiegelt. Vile erklärt: »Es geht um Songwriting. Es geht um Texte. Es geht darum, Herr über alle Bereiche der Musik zu sein.«
Wie das Ganze klingt, verriet er bereits mit der ersten Single »Like Exploding Stones«, in der auch James Stewart vom Sun Ra Arkestra zu hören ist. Außerdem ist auf »(Watch My Moves)« Viles Band The Violators mit von der Partie, Gastbeiträge gibt es von Cate Le Bon, Chastity Belt, Stella Mozgawa von Warpaint und der Perkussionistin Sarah Jones.
Gemeinsam haben sie 15 Songs für das Album eingespielt, darunter neben vielen Vile-Originalen auch eine Coverversion von Bruce Springsteens »Wages Of Sin«.
... ist er handwerklich so versiert, dass er tollen Akustik-Folk (›Cool Water‹), eine feine Country-Parodie (›Mount Ary Hill‹) oder einen richtigen Pop-Ohrwurm wie ›Like Exploding Stones‹ aufzutischen vermag. Ein charmantes Kleinod.
(Audio, Mai 2022)
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#15: Bill Callahan: "Ytilaer" (Drag City, Okt. 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz3im Rolling Stone!
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Neustart für die Sinne
Anfang des Jahres erst hat Bill Callahan mit seinem Kollegen Will Oldham, alias Bonnie »Prince« Billy, zusammen das Cover-Album »Blind Date Party« veröffentlicht. Nun lässt der Mann mit der samtigen Baritonstimme mit »Ytilaer« ein neues Soloalbum folgen.
Der auf den ersten Blick kryptische Titel ist natürlich nichts anderes als das Wort »reality« rückwärts geschrieben. Es geht also auch um Wahrnehmung und Perspektiven auf den zwölf neuen Songs. Und um die Gefühle und Blockierungen, die unterschiedliche Sichtweisen auf die Realität manchmal mit sich bringen. »Ich wollte ein Album machen, dass die gegenwärtige Situation, in der wir uns befinden anspricht und reflektiert« so Callahan. »Ich hielt es für notwendig Leute aufzurütteln – ihre Liebe, ihre Güte, ihre Wut, einfach irgendwas in ihnen zu erwecken. Um ihre Sinne wieder in Gang zu bringen.«
Dementsprechend hat sich Bill Callahan für »Ytilaer« eine recht üppige Instrumentierung ins Studio geholt. Unter anderem Blechbläser, Keyboards, eine Steel-Guitar und diverse Backgroundsänger unterstützen den 56-Jährigen und tragen zum vollen und warmen Sound bei. Gängigen popmusikalischen Strukturen entzieht sich Callahan auch auf seinem neunten Album unter eigenem Namen größtenteils. Häufige Wiederholungen zum Beispiel sucht man meist vergebens. Einzig die Single »Natural Information« tanzt etwas aus der Reihe und dürfte die bestgelaunte Nummer sein, die der Singer-Songwriter je geschrieben hat.
Es wäre wünschenswert, wenn Bill Callahan seine hehren Ziele mit »Ytilaer« erreichen würde und viele Leute zum Nachdenken und aufeinander zugehen bewegen könnte. Ein tolles Album und einen Anlass für eine ernsthafte Auseinandersetzung hat er in jedem Fall abgeliefert.
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#16: Kevin Morby: "This Is A Photograph" (Dead Oceans, Mai 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz10im Rolling Stone!
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Qualität und Quantität: Für Kevin Morby beides keine Fremdwörter. Der amerikanische Singer-Songwriter veröffentlichte in den vergangenen neun Jahren sechs Studioalben und entpuppte sich damit als einer der interessantesten Künstler des Folk-Rocks. 2022 steht nun auch noch Album Nummer sieben in den Startlöchern: »This Is A Photograph«.
... ein abwechslungsreiches Album, mit dem Kevin Morby aus seiner eigenen Nische ausbricht.
(stereoplay, Mai 2022)
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#17: Midlake: "For The Sake Of Bethel Woods" (Bella Union, März 2022) |
[Antiphon]
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Zurück aus der Pause: Midlake mit Album Nummer 5
Neun Jahre haben Midlake-Fans auf ein neues Album der texanischen Alternative-Rocker gewartet. 2022 hat das Warten ein Ende: »For The Sake Of Bethel Woods« heißt der fünfte Longplayer der Band, der Nachfolger von »Antiphon« aus dem Jahr 2013.
Die Albumankündigung erfolgte im November 2021 mit der ersten Singleauskopplung: »Meanwhile«. Der Song thematisiere laut Sänger Eric Pulido die Zeit und Geschehnisse, die zur Bandpause 2014 führten und zu dem, was Midlake zur Reunion 2022 bewegte. »Ersteres war eine ungesunde und unhaltbare Situation, die nach einer Pause verlangte, und letzteres ein zufälliger Besuch von Jesses verstorbenem Vater in einem Traum, der ihn ermutigte, sich wieder mit der Band zusammenzutun«, so Pulido.
Jesses Vater, Dave Chandler, ist deshalb auch auf dem Albumcover zu sehen. Jesse dazu: »Im Alter von 16 Jahren trampten mein Vater und sein Freund 1969 von Ridgewood, NJ, zum Woodstock-Festival. Dieses Bild von ihm mit der Hand vor dem Gesicht erscheint in der Woodstock-Dokumentation von 1970, als die Kamera während des Auftritts von John Sebastian über die Menge schwenkt. Mein Vater zog 1981 nach Woodstock, NY – wo ich aufgewachsen bin – um. Für mich verkörpert das Bild dieses Kindes, meines Vaters, der für immer in der Zeit eingefroren ist, was es bedeutet, in den Wirren einer beeinflussbaren und flüchtigen Jugend zu sein, und was die Magie der Musik, des Friedens, der Liebe und der Gemeinschaft mit sich bringt, ob man es zu diesem Zeitpunkt weiß oder nicht. (Ich glaube, er wusste es).«
Mit dieser Inspiration haben Midlake für »For The Sake Of Bethel Woods« elf neue Songs aufgenommen. Zum ersten Mal überhaupt engagierten sie dafür einen externen Produzenten, und zwar Grammy-Preisträger John Congleton (St. Vincent, Explosions in the Sky, Sharon Van Etten). Mit ihm ging es ins Elmwood Recording Studio in Dallas.
Midlake wurde von ein paar Jazzstudenten von der University of North Texas gegründet. Anfangs unter dem Namen The Cornbread All-Stars unterwegs, spielten sie vor allem Funk- und Jazz-Improvisationen, bis sie sich schließlich dem Alternative Rock zuwandten. Ihr Debüt »Bamnan And Slivercork« erschien 2004. 2006 folgte »The Trials Of Van Occupanther«, 2010 »The Courage Of Others« und 2013 »Antiphon«. Ein Jahr später verabschiedeten sie sich in die Pause. Willkommen zurück.
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Willkommen zurück ...
auch gut ...
Cat Power: "Covers" (Domino, Jan. 2022) |
[Jukebox |
Dark End Of The Street]
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Ganz natürlich: Covers
Cat Power veröffentlicht im Januar 2022 ein neues Album. »Covers« heißt die Platte, auf der sie sich, der Name verrät es, den Songs anderer widmet.
Fans der amerikanischen Alternative-Country-Musikerin und Sängerin Chan Marshall wissen, dass sie hier keineswegs Neuland betritt. Bereits vor ein paar Jahren veröffentlichte sie die Coveralben »The Cover Record« (2000) und »Jukebox« (2008).
Und genau dort macht Cat Power nun weiter. Insgesamt zwölf Stücke hat sie für »Covers« neu aufgenommen. Diesmal nahm sie sich Songs von Iggy Pop, Nick Cave, Bob Seger, Dead Man’s Bones (Ryan Goslings Band), Jackson Browne, The Replacements, Billie Holiday und anderen zum Vorbild. Zwei erste Höreindrücke veröffentlichte sie außerdem bereits mit den Songs »Bad Religion« von Frank Ocean und »A Pair Of Brown Eyes« von The Pogues.
Ihre Version von Frank Oceans »Bad Religion« sei bei ihren Konzerten entstanden. Anstatt ihr eigenes Lied »In Your Face« zu singen, tauschte sie die Lyrics: »Der Song hat mich runtergezogen. Also habe ich angefangen, Texte aus ›Bad Religion‹ herauszuziehen und diese zu singen, anstatt super deprimiert zu sein. Covers zu singen ist eine sehr angenehme Art, etwas zu tun, das sich für mich ganz natürlich anfühlt, wenn es darum geht, Musik zu machen«, so die 49-Jährige.
Mit dem Song »Unhate« coverte sie für ihr neues Album sogar ein eigenes Stück, das im Original allerdings »Hate« heißt und 2006 auf ihrem Album »The Greatest« erschien.
»Covers« schließt mit einer kraftvollen Interpretation des Billie-Holiday-assoziierten Standards »I’ll Be Seeing You«, die von den jüngsten Verlusten in Marshalls kreativem innerem Kreis inspiriert wurde, darunter der tragische Tod des French-House-DJs und »Sun«-Produzenten Phillippe Zdar im Jahr 2019. »Wenn dir Menschen, die du liebst, weggenommen wurden, gibt es immer einen Song, der dich an sie erinnert. Es ist ein Gespräch mit denen auf der anderen Seite, und es ist wirklich wichtig für mich, die Menschen auf diese Weise zu erreichen«, so die Sängerin zum Song.
Ein bemerkenswertes Album mit überwältigender Musikalität.
(Audio, Januar 2022)
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Garcia Peoples: "Dodging Dues" (No Quater, Jan. 2022) |
[The Grateful Dead |
Meat Puppets |
Matt Sweeney & Bonnie 'Prince' Billy]
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"Dodging Dues" ist ein verblüffend umfangreiches Album - "verblüffend" zum Teil deshalb, weil es relativ kurz ist (sieben Songs, von denen sich alle bis auf einen um die Vier-Minuten-Marke bewegen), aber auch, weil es so viele Stimmungen und Stile durchläuft: in einem Moment träge und verträumt, im nächsten wogend und intensiv.
Garcia Peoples (heutzutage eine sechsköpfige Band) haben ihren Höhepunkt schon vor langer Zeit erreicht, aber hier scheinen sie einen anderen zu erreichen, indem sie sich von Einflüssen lösen (obwohl dieser Baum Wurzeln hat: Spuren von Thin Lizzy, von eher obskuren Teilen des britischen Folk-Prog, von alten Meat Puppets in einigen der sanfteren Passagen), während sie sich gleichzeitig für ihre eigene individuelle Fremdartigkeit öffnen, immer einzigartiger und freier werden.
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Lady Blackbird: "Black Acid Soul" (BMG/Foundation, Jan. 2022) |
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Mit einer Stimme, die Kritiker in ihren Bann gezogen hat, ist Lady Blackbird ein neues Talent, dessen Musik über die Jazzszene hinausgeht, in der die in LA lebende Künstlerin verwurzelt ist. Lady Blackbird, die so unterschiedliche Einflüsse wie Billie Holiday, Gladys Knight, Tina Turner und Chaka Khan widerspiegelt und von Kritikern mit Adele, Amy und Celeste verglichen wird, ist ein unverwechselbares und betörendes Talent, das man nicht verpassen sollte.
Lady Blackbird hat ihr mit Spannung erwartetes Debütalbum Black Acid Soul im legendären Studio B (Prince' Zimmer) im Sunset Sound aufgenommen, produziert vom Grammy-nominierten Chris Seefried.
Minimalistisch und doch reichhaltig, klassisch und doch zeitgemäß, verbindet das Album rückwärts mit Miles Davis (sein Pianist Deron Johnson spielt durchgehend Steinway Baby Grand, Mellotron und Casio Synth) und vorwärts mit Pete Tong (er machte den Bruise-Mix von 'Collage' zu seinem zweitwichtigsten Essential Selection-Tune des Jahres 2020).
Die 11 Tracks haben einen Sound, ein Gefühl und eine Einstellung, die von Lady Blackbirds tiefgreifenden Erfahrungen in der Musik sprechen.
Lady Blackbirds Album „Black Acid Soul“ ist das Debüt-Album des Jahres. Ihre warme, volle Stimme leuchtet – unschlagbar!
(Deutschlandfunk)
OK, es ist noch ein bisschen früh für die Wahl zum Album des Jahres, aber Lady Blackbird wird das Rennen machen. Letztes Jahr sagte die Sängerin gegenüber The Voice, sie wolle Musik machen, die mehr ist als "Bubblegum und Bullshit"; auf Black Acid Soul ist ihr genau das gelungen.
(London Jazz News)
Selbst Jazzignoranten bringt diese Frau zum Staunen. Zu Recht wird sie für ihren unheimlich reifen Stil gefeiert. Mit Entschlossenheit leuchtet sie ganz unterschiedliche Gefühle aus. Ob Schmerz oder innere Kämpfe: Bei Lady Blackbird wirkt tatsächlich alles ganz authentisch.
(Stereo, November 2021)
Ihr Debüt ›Black Acid Soul‹ hat Kraft – akustische, selbstbewusste Musik mit festen Wurzeln im Pool der Black American Music.
(Audio, Dezember 2021)
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Big Thief: "Dragon New Warm Mountain I Believe In You" (4AD, Feb. 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz7 im Musikexpressund Platz6im Rolling Stone!
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Pure Magie: das neue Album von Big Thief
Ein Album, das die vielen verschiedenen Aspekte von Adrianne Lenkers Songwriting und der Band vereint – so in etwa kann man die Idee hinter dem neuen Album von Big Thief zusammenfassen. »Dragon New Warm Mountain I Believe In You« lautet der Titel ihres fünften Studioalbums, für das die US-amerikanische Indie-Rock-Band aus New York eine neue Herangehensweise wählte.
Denn, um all das zu erforschen, was die Musik von Adrianne Lenker, Max Oleartchik, Buck Meek und James Krivchenia ausmacht, entschied sich die Band im Jahr 2020 dazu, einen »weitläufigen Bericht über ihr Wachstum als Individuen, Musiker und Familie zu schreiben und aufzunehmen.«
Vier Aufnahmesessions waren dazu nötig, eine in Upstate New York, eine im Topanga Canyon, eine in den Rocky Mountains und eine in Tucson, Arizona. Zu den Aufnahmen sagte Lenker: »Eines der Dinge, die uns als Band zusammenhalten, ist pure Magie. Ich glaube, wir haben alle den gleichen Leitfaden, und keiner von uns hat je gesagt, was es ist, weil wir es nicht benennen konnten, aber irgendwie streben wir alle nach dem gleichen Ziel, und wenn wir es treffen … wissen wir alle, dass es das ist, aber keiner von uns wird bis heute, oder vielleicht nie, in der Lage sein, in Worte zu fassen, was das ›es‹ ist. Irgendetwas daran ist für mich magisch.«
Big Thief verbrachten fünf Monate mit der Produktion und hatten schließlich unglaubliche 45 fertige Songs im Kasten – zu viele für ein Album. Aber das sei genau das, was sich die Band von diesem großen Experiment erhoffte habe. Also wurde »Dragon New Warm Mountain I Believe In You« ein Doppelalbum, auf das es immerhin 20 der Stücke, die besten, geschafft haben.
Produziert wurde das Album von Schlagzeuger James Krivchenia. Als Singles erschienen bereits die Songs »Change«, »Certainty«, »Little Things« und »Sparrow«.
Mit seinem Mix aus Indie-Folk, Neo-Psychedelia und Folkrock ist Opus 5 das stilistisch vielseitigste Big-Thief-Album.
(Stereo, März 2022)
Following two acclaimed studio albums that broke the band onto the independent and folk charts, Big Thief returned in 2019 with two very different Billboard 200-charting full-lengths: the artfully cosmic U.F.O.F. and the raw and jagged Two Hands. Using nature as an inspiration for those dissimilarities, the former album was recorded in the wooded Northwest, while Two Hands was tracked in stifling desert conditions in Texas. With the resulting contrasts in mind, their fifth LP, Dragon New Warm Mountain I Believe in You, is a sprawling double album (with a title to match) recorded in four different regions of the U.S. -- Topanga Canyon, Tuscan, the Colorado Rockies, and the Catskills -- with a slate of accomplished engineers overseen by the band's drummer, James Krivchenia. (While this is his first outing as main producer for Big Thief, Krivchenia previously produced albums for himself and Mega Bog.) The results are even more mercurial than these conditions might suggest. Cut down from 45 to 20 songs and intended as a showcase for Adrianne Lenker's songwriting range as well as the band's continued growth as a unit, DNWMIBIY is paradoxically haphazard by design. That ultimately means it never sticks with a mood or even a sound palette for long, with sequencing seeming to play up contrasts and keep the ground moving under listeners' feet. It opens, for instance, with the top-notch, sparsely arranged "Change," a poignant meditation on life, death, and jealousy. That song is followed by the relatively chaotic, experimental "Time Escaping," whose more anxious melody is accompanied by prepared acoustic guitars, synths, and a kit that's played on and off drumheads. Elsewhere, the spacey, throbbing, deadpan diversion "Blurred View" leads straight into lively hoedown track "Red Moon" featuring Mat Davidson (Twain, the Low Anthem) on fiddle. Embracing conspicuous drum machine, the low-key tour anthem "Wake Me Up to Drive" is followed by the entirely solo "Promise Is a Pendulum," a song whose poetic, tender disposition is almost startling by contrast ("I could never build the shadow/Between your cheek and your eye…. The canopy of lashes/With the softness of ashes"). Along the way, further explorations include a trippy, reflective title track that has pedal steel, synth, and icicles among its instrumentation; singalong "No Reason," featuring Richard Hardy (Carole King) on flute; and if the odd meter of "Little Things" seems hard to pin down, it's because, per Krivchenia, it consists of an "evolving free time signature" that developed into a light groove that effectively left the band guessing at the location of downbeats. Like the vast majority of Dragon New Warm Mountain I Believe in You, it works -- taken individually. The album closes with the celebratory, countrified "Blue Lightning," which bookends the set with studio banter. It seems unfair to call DNWMIBIY a failed experiment, as it's loaded with gems -- including some of Big Thief's most free-spirited work to date -- however, it lands much more like a showreel than a plotted album.
(by Marcy Donelson, All Music Guide)
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Erin Rae: "Lighten Up" (Thirty Tigers/Good Memory, Feb. 2022) |
[Jonathan Wilson |
Spencer Cullum]
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Erin Raes zweites Album „Lighten Up“, produziert von Jonathan Wilson, ist eine zeitlose Mischung aus klassischem Pop, kosmischem Country und Indie-Rock. Rae debütierte das Video zu ihrer ersten offiziellen Single aus dem Album „Modern Woman“ beim Rolling Stone. Ein temporeicher Indie-Folk-Rock-Bop, der die Weiblichkeit in all ihren Facetten feiert.
Das Video zeigt Musiker wie Brittany Howard und verschiedene aufstrebende Kreative und Geschäftsinhaber aus Nashville aus der ganzen Community, darunter die Fotografen Emerson Kyle und Curry, Direktor der Nashville Black Beauty School und Black Trans-Befürworter. Als Rae den Song mit dem Rolling Stone besprach, sagte sie, dass "Modern Woman" von Anfang an ein wenig frech sein soll, von mir, einer weißen Frau, die sich auch als Frau präsentiert, aber es entstand eines Tages in der Küche während der Pandemie.
Es war so unglaublich kraftvoll, die Diskussion und Entwicklung von Geschlechternormen durch meine Kollegen und Freunde mitzuerleben, sowie die Darstellung aller Körper, die immer mehr in die Mainstream-Medien eindrangen. Das Lied ist im Grunde eine Ansage an eine figurative Person, die sich unwohl fühlt mit der Auflösung einer müden Definition dessen, was es bedeutet, eine Frau zu sein.
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Bobby Weir & Wolf Bros: "Live In Colorado" (Third Man, Febr. 2022) |
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Live In Colorado enthält Songs, die bei den Live-Auftritten im historischen Red Rocks Park & Amphitheatre in Morrison, Colorado und im Gerald R. Ford Amphitheater in Vail 2021 aufgenommen wurden.
Das Album ist Weirs erste Veröffentlichung bei dem von Jack White gegründeten Independent-Label Third Man Records und enthält eine Sammlung von Songs, die bei den Auftritten des Ensembles im Sommer 2021 im historischen Red Rocks Park & Amphitheater in Morrison (6./7. Juni) und im Gerald R. Ford Amphitheater in Vail (11./12. Juni) aufgenommen wurden.
Die vier Abende in Colorado waren die ersten Live-Auftritte des Ensembles mit Weir, Bassist Don Was, Schlagzeuger Jay Lane und dem kürzlich hinzugekommenen Keyboarder Jeff Chimenti (Dead & Company) seit mehr als einem Jahr. Bei den Shows traten auch Greg Leisz an der Pedal Steel sowie The Wolfpack auf: Alex Kelly (Cello), Brian Switzer (Trompete), Adam Theis (Posaune), Mads Tolling (Violine) und Sheldon Brown (Holzblasinstrumente).
Weir erklärt: »Ich habe in meiner Freizeit daran gearbeitet, die klangliche Färbung der Songs, die ich mache, zu erweitern. The Wolfpack ist im Grunde ein Schritt in Richtung voller Orchestrierung - und ich muss sagen, die Jungs sind echt gut!«
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The Jeremy Days: "Beauty In Broken" (Circushead, März 2022) |
[Me And Cassity]
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Das Comebackalbum nach 27 Jahren
Mit diesem Comeback hatte lange Zeit niemand mehr gerechnet: 2019 kamen The Jeremy Days wieder zusammen und gingen auf Tour. Die deutsche Popband aus Hamburg gründete sich im Jahr 1987 und veröffentlichte vier Alben, löste sich jedoch 1996 wieder auf.
Nach der Live-Reunion kommt 2022 auch noch ein neues Album: »Beauty In Broken« heißt Longplayer Nummer fünf. »Wow! Wir haben es geschafft! Wir haben tatsächlich ein neues Album aufgenommen. Es ist das erste seit 27 Jahren!«, schreiben The Jeremy Days dazu auf ihrer Website.
Die Arbeiten an der Platte fanden während des Lockdowns in den Heimstudios der Bandmitglieder statt. Man »traf« sich bei wöchentlichen »jdays monday on my mind«-Zoom-Sessions, einer Art digitaler Bandprobe/Kaffeeklatsch-Runde/Old Dudes Group Session, wie die Band in ihrem Blog schreibt. »Ursprünglich hatten wir geplant, uns irgendwo zu treffen, um gemeinsam Aufnahmen zu machen, aber eine seltsame weltweite Pandemie (Sie haben vielleicht schon davon gehört) hat all diesen hochfliegenden Ambitionen ein Ende gesetzt. Also taten wir, was getan werden musste.«
Für die Schlagzeug-Aufnahmen traf man sich schließlich tatsächlich in den Studios Hafenklang und Wilhelmsrock. Nach zwölf Monaten Songwriting und einem ersten Abmischen schickten sie elf Songs zum Mixing nach Los Angeles, wo sich Engineer und Producer Marc Daniel Nelson (Fleetwood Mac, Jason Mraz, Colbie Caillat, Eric Burdon) ihrer annahm.
»Beauty In Broken« ist das Resultat, das Comebackalbum, das die Band bereits mit dem Titelsong ankündigte. »Als wären sie nie weg gewesen« lautet ein Kommentar unter dem Video bei Youtube. Ja, genau so fühlt bzw. hört es sich an.
1987 gründete sich in Hamburg eine Formation namens The Jeremy Days, (...) 1996 löste man sich auf. Umso überraschender, dass sich die Hanseaten jetzt in Originalbesetzung (...) mit der sechsten Scheibe Beauty In Broken zurückmelden.(...) Herrliche Melodien, gerne in Wehmut- Watte verpackt, alles auf dem Punkt! Welcome back, my friends, to the show that never ends ...
(Good Times, April/Mai 2022)
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Charles Lloyd: "Trios 1 - Chapel" (Universal/Blue Note, März 2022) |
[Blue Note]
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Mit „Trios: Chapel“ eröffnet Saxophonist Charles Lloyd, seit mehr als sechs Jahrzehnten Unikum der internationalen Musikszene und mit 84 Jahren noch immer im Vollbesitz seiner kreativen Kräfte, ein ungewöhnliches Trio-Projekt, das insgesamt drei thematisch zusammenhängende Alben umfasst, die ihn jeweils in einer anderen Trio-Besetzung präsentieren - ein „Trio of Trios“. Das erste Album nahm er mit Gitarrist Bill Frisell und Bassist Thomas Morgan auf, es folgen im Laufe des Jahres als zweite Trio-Platte „Ocean“ mit Gitarrist Anthony Wilson und Pianist Gerald Clayton, und schließlich „Sacred Thread“ mit Gitarrist Julian Lage und Schlagzeuger Zakir Hussain.
Töne wie hingetupft. Musik aus dem Irgendwo. Tatsächlich ist von Anfang an so etwas wie Magie dabei. (...) Entstanden ist Musik, deren Transparenz etwas Spirituelles hat.
(Stereo, September 2022)
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"Anaïs Mitchell" (BMG Rights, März 2022) |
[Bonny Light Horseman]
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Die Tony- und Grammy-prämierte Singer-Songwriterin Anaïs Mitchell (Hadestown, Bonny Light Horseman, Big Red Machine) kehrt mit ihrem ersten Soloalbum seit über einem Jahrzehnt zurück.
Das selbstbetitelte Album erscheint am 28. Januar 2022. Die zehn Tracks wurden von Josh Kaufman produziert. Als Musiker sind Kaufman selbst sowie Michael Lewis, JT Bates, Thomas Bartlett und Aaron Dessner zu hören. Die Streicher- und Flötenarrangements stammen von Nico Muhly. Die aus Vermont stammende Mitchell, die von NPR als „eine der größten Songwriterinnen ihrer Generation" bezeichnet wurde, ist eine Weltmeisterin des erzählenden Folksongs, der Poesie und der Ballade. Die zehn Songs auf ihrem Album sind eine perfekte Demonstration ihres Könnens.
Während der Pandemie und im neunten Monat schwanger verließ sie Brooklyn und zog zurück in ihre Heimat Vermont. Und so erzählt das Album auch davon, wie Mitchell dort zurück zu ihren Wurzeln fand, die ihr Leben und ihre Musik so sehr geprägt haben. „Bright Star“ handelt davon, wie sie in der vertrauten Umgebung des Hauses ihrer Großeltern ihren Frieden findet.
Frau Mitchell versteht es, jedem ihrer fein balancierten Songs zwischen Americana und Great American Songbook genau so viel zu geben, wie er braucht, um als Kunstwerk für sich selbst zu stehen.
(Stereoplay, Februar 2022)
... diese Songs infizieren mit ihrem Optimismus.
(Stereo, März 2022)
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The Weather Station: "How Is It That I Should Look At The Stars" (Fat Possum, März 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz11im Rolling Stone!
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»How Is It That I Should Look At The Stars« entstand im Lockdown 2020 und zeigt eine ruhigere Seite der Künstlerin.
Dieses Album ist eine introspektive Platte mit Songs, die parallel zu denen auf »Ignorance« entstanden sind. Es ist nicht als Nachfolgealbum gedacht, sondern als Begleitstück, als ein Stück der Reflexion und der Ruhe, das die Stille im Nachgang festhalten soll. Es wurde live aufgenommen, als eine Improvisation, mit einer Gruppe von Jazzmusikern aus Toronto.
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Archive: "Call To Arms & Angels" (Play It Again Sam/Dangervisit, April 2022) |
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Dunkelheit, Wut und Inspiration
Im vergangenen Jahr veröffentlichten Archive noch das Remixalbum »Versions«. Ein Jahr zuvor feierte das Südlondoner Kollektiv seinen 25. Geburtstag mit der umfangreichen Werkschau »25«. Das letzte neue Material der Trip-Hop, Post- und Indie-Rock-Combo liegt mit »The False Foundation« von 2016 allerdings bereits sechs Jahre zurück.
Umso schöner, dass Archive 2022 mit einer neuen Platte an den Start gehen: »Call To Arms & Angels« heißt Studioalbum Nummer zwölf.
Es handelt sich dabei um ein Doppelalbum beziehungsweise eine Triple-LP, für die die Band, die aktuell aus neun Mitgliedern besteht, 17 Titel in den RAK-Studios in London aufgenommen hat. Produziert wurde »Call To Arms & Angels« von Archive selbst und ihrem langjährigen Mitarbeiter Jérome Devoise.
Über das neue Album sagt Bandgründer Darius Keeler: »Die Arbeit an unserem zwölften Studioalbum war eine außergewöhnliche Zeit für die Band. Das Songwriting wurde zu einer sich entfaltenden Erzählung, während die Welt jeden Tag seltsamer und verstörender wurde. Mit den Freiheiten der Menschen, die an den Rand gedrängt wurden, dem Leid, das Covid verursacht hat und den schrecklichen Ereignissen in den USA, angeführt von Trump und dem Aufstieg der Rechten, schien alles möglich. Als Künstler über diese Zeiten nachzudenken, brachte eine Dunkelheit und eine Wut zum Vorschein, aber auch eine seltsame Art von Inspiration, die zuweilen beunruhigend war. Es hat uns wirklich die Macht der Musik vor Augen geführt und wie glücklich wir sind, dass wir unsere Gefühle auf diese Weise ausdrücken können. Es scheint, als gäbe es Licht am Ende des Tunnels, aber es gibt immer Schatten in diesem Licht.«
Mit »Shouting Within« erschien im November die erste Single von »Call To Arms & Angels«, zu der Sängerin Holly Martin bereits erklärte: »In den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie sich ständige Angst und Unsicherheit auf menschliche Beziehungen auswirken können. Als wir ›Shouting Within‹ schrieben, sprachen wir darüber, dass die Menschen sich so wütend, so gelähmt und so verletzlich fühlen, dass sie in der Kluft gefangen sind. Sie sehnen sich nach Verbindung, haben aber Angst vor Kontakt. Es gibt so viele Theorien, Geschichten, Hochs und Tiefs. Es ist schwer, die innere Wut zu unterdrücken, die daraus erwächst.«
Klangtipp
(stereoplay, April 2022)
Mit Call To Arms & Angels legt die Londoner Band gleich eine Doppel-CD bzw. Dreifach-LP vor. Das Opus magnum ist eine Art Resümee ihres bisherigen Schaffens. (...) Diesmal leben sie ihren Hang zu Prog Rock besonders stark aus. (...) denn auch tatsächlich das 14 Minuten lange, eine LP-Seite füllende 'Daytime Coma', das sich langsam von einer zarten Pianonummer zu einem wuchtigen Rockmonster auf schwingt.
(Good Times, April/Mai 2022)
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M. Byrd: "Orion" (V2/Know Less, April 2022) |
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Nach seinen beiden Singles »Mountain« und »Morning Sun« veröffentlicht M. Byrd nun seine erste EP mit dem Titel »Orion« – vier Songs voller Weite und Wärme, getragen von Roadtrip- Vibes und Fernweh, das sich wie Heimweh anfühlt.
Vor gerade einmal einem Jahr erschien mit »Mountain« das erste Lebenszeichen und das Zwischenfazit ist eindrucksvoll: M. Byrd ist zu einem der spannendsten Newcomer der europäischen Musikszene geworden, zählt 3, 5 Millionen Streams auf nur zwei Songs, wurde im französischen Rolling Stone genauso empfohlen wie in amerikanischen Blogs. Im Sommer spielt er auf Tastemaker Festivals wie dem Immergut, im September auf dem Reeperbahn Festival und nächstes Jahr supported er Indie-Dance-King Roosevelt auf seiner kompletten Europa-Tournee. Wehende Hallfahnen, das lässig stoische Schlagzeug – Byrds Musik klingt, wie Guadagignos »Call me by your name« aussieht, erinnert mal an Tom Petty, an Sufjan Stevens oder Kurt Vile, während die Gitarren erst klingen wie bei Sonic Youth und dann wieder verhallt wie bei The War on Drugs.
In der titelgebenden Single ‹Orion» erinnert sich M. Byrd an eine lange Zeit namenlose Schildkröte, die jahrelang bei seiner Familie lebte – ohne, dass sich jemand daran gestört hätte, dass sie keinen Namen hat. Am Ende wird sie »Orion« getauft: »It's living in the past, you held me in your hands and never called me Orion«. Im dazugehörigen Video begleitet Regisseur Constantin Timm Künstler und Schildkröte auf eine Reise durch die Wüste. M. Byrds zeitlose Songs glänzen mit einem Gefühl der Stärke und des Selbstverständnisses, wie man es selten am Anfang einer Karriere findet. Sie entführen die Zuhörer*in an die amerikanische Westküste, strahlen melancholische Zukunft und euphorische Jugend aus, drängen dazu, der eigenen Intuition zu vertrauen und das innere Selbst zu finden.
»Ich habe viele Jahre damit verbracht, persönliche und musikalische Erfahrungen aufzusaugen, und ich habe in verschiedenen Studios und auf Tourneen viel gelernt. Die Musik, die ich mache, ist also davon inspiriert, unterwegs zu sein, weiterzugehen und Wachstum zu ermöglichen. Mir wurde klar, dass die Erfahrungen auf meinem Weg auch andere Menschen inspirieren könnten, und ich hoffte, dass dies in den Liedern, die wir veröffentlichen, noch weitergehen wird.«
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North Mississippi Allstars: "Set Sail" (New West, April 2022) |
[The Black Crows |
Wood Brothers|
Tedeschi Trucks Band|
Hiss Golden Messengers]
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Segel setzen im Kampf für die Liebe
1996 riefen Luther (Gitarre, Lowebow, Gesang) und Cody Dickinson (Schlagzeug, Keyboards, elektrisches Waschbrett, Gesang) die North Mississippi Allstars ins Leben, ursprünglich als loses Kollektiv von gleichgesinnten Musikern, die ein lokales Repertoire und einen regionalen Stil teilten. Im Laufe der Jahre änderte sich die Besetzung, und jedes Album der Blues-Rock-Jamband aus Hernando, Mississippi bot eine andere Kombination von Mitwirkenden. So auch ihr neues, mittlerweile elftes Werk »Set Sail«, der Nachfolger von »Up & Rolling« aus dem Jahr 2019, das 2021 für einen Grammy in der Kategorie »Best Contemporary Blues Album« nominiert war.
Darauf sind neben den Brüdern nämlich erstmals Jesse Williams an Bass und Gesang sowie Sänger Lamar Williams Jr. zu hören. Außerdem sind auf dem Album Sängerin Sharisse Norman sowie einige weitere Musiker mit von der Partie. Luther Dickinson über das Line-up: »Die Chemie, die wir mit dieser Besetzung haben, ist stark. Wir sind alle Musiker der zweiten Generation und teilen eine telepathische, entspannte Leichtigkeit beim Schaffen und Auftreten. Ich glaube, dass Musik eine Form der Kommunikation mit unseren Liebsten ist, und diese Stimmung mit Mitgliedern einer musikalischen Familie zu beschwören, kann inspirierend sein. Lamar und ich sind Gleichgesinnte. Ich hatte noch nie das Vergnügen, mit einem Gesangspartner wie Lamar zu arbeiten. Er hat eine unverfälschte Qualität in seiner Musikalität, die dich in ihren Bann zieht und dein Herz bricht. Gleichzeitig ist Jesse mit der Musik seiner Brüder und seines Vaters aufgewachsen – so wie wir auch.«
Gemeinsam setzen die North Mississippi Allstars und ihre Gäste mit »Set Sail« die Tradition der Band fort, Roots-Musik mit einer bemerkenswerten Vielfalt von musikalischen Einflüssen zu kreieren. Sie verschmelzen traditionellen und futuristischen Sound, ausgearbeitete Texte und improvisierte Musik.
Das erste Hörbeispiel von »Set Sail« präsentierten sie mit dem Titeltrack des Albums, »Set Sail Part 1« featuring Lamar Williams Jr., den Luther wie folgt beschreibt: »›The water may rise but we shall set sail.‹ Obwohl das Bild der Flut verwendet wird, um das Durchhaltevermögen in schwierigen Zeiten zu illustrieren, geht es in ›Set Sail‹ wirklich um meinen Respekt für die erste Generation amerikanischer Freedom Rocker, die immer noch unter uns weilen und deren Leben und Musik für eine aufgeschlossene und offenherzige Freiheit steht. Cody und ich hatten das Glück, mit Mavis Staples, Phil Lesh, William Bell und den Blind Boys Of Alabama zu musizieren, und wir bemühen uns, ihrem Beispiel gerecht zu werden. Wir müssen den Älteren beweisen, dass ihr Kampf weitergeführt und an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Es ist wichtig, dass die jüngere Generation weiß, dass man für die Liebe kämpfen muss und dass dieser Kampf niemals endet. Der Fortschritt kann sich wie ein Schritt vor und zwei Schritte zurück anfühlen, aber wir müssen weitermachen.«
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Flora Purim: "If You Will" (Strut, April 2022) |
[Brazil!]
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Flora Purim, eine der ganz Großen des brasilianischen Jazz-Fusion, kehrt mit ihrem ersten Studioalbum seit über 15 Jahren zurück: »If You Will«, erschienen über Strut.
Das Album ist als Feier ihrer Musik und ihrer Zusammenarbeit konzipiert und enthält neben neuen Kompositionen auch neue Versionen von Floras persönlichen Lieblingssongs und positiven Texten aus ihrer abwechslungsreichen Karriere.
»If You Will« ist ein weiters Kapitel des Umbruchs in Floras langer, illustrer und abwechslungsreicher Karriere. Neben ihrer gefeierten Partnerschaft mit Airto und ihrer frühen Zeit mit dem Quarteto Novo hat Flora mit Stan Getz, Gil Evans, Miriam Makeba, George Duke, Chick Corea (als Gründungsmitglied von Return To Forever), Dizzy Gillespies United Nation Orchestra, der uruguayischen Band Opa und vielen anderen zusammengearbeitet. Ihre Soloalben bei Milestone sind echte Jazz-Fusion-Klassiker.
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Bonnie Raitt: "Just Like That" (Redwing, April 2022) |
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Mit Just Like That..., ihrem ersten neuen Album seit über sechs Jahren, schöpft die in der Rock and Roll Hall of Fame geführte Sängerin Raitt weiterhin aus dem Spektrum der Einflüsse, die ihre legendäre Karriere geprägt haben, und schafft gleichzeitig etwas, das die Umstände und Herausforderungen dieser beispiellosen Zeit anspricht.
Der Titel stammt von einer Zeile in einem ihrer neuen Originalsongs ("Just like that your life can change"), die ihr besonders passend erschien, "weil es noch nie eine Zeit gab, in der ich mich umgesehen und gesagt habe: 'Das hat niemand kommen sehen' - wo sich plötzlich alles verändert hat."
Die größte Überraschung auf Just Like That... sind die vier von Raitt geschriebenen Songs. "Living for the Ones", das sie gemeinsam mit ihrem langjährigen Gitarristen George Marinelli geschrieben hat, ist eine rockige Widmung an die Freunde und die Familie, die sie in den letzten Jahren verloren hat, während das sardonische "Waitin' for You to Blow" über den Teufel auf der Schulter der Genesung ein Funk/Jazz-Hybrid ist, inspiriert von Mose Allison, Les McCann und Eddie Harris und dem Funk der 70er Jahre. "Es hat etwas Aufregendes, aus Gefühlen und Stilen, die schon immer tief in mir verwurzelt waren, etwas ganz Neues zu schaffen", sagt sie.
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Spiritualized: "Everything Was Beautiful" (Bella Union, April 2022) |
[Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space]
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Das Training hat sich gelohnt
Spiritualized, das britische Space-Rock-Projekt um Multiinstrumentalist Jason Pierce alias J Spaceman, geht 2022 mit einem neuen Album an den Start: »Everything Was Beautiful« ist das neunte Album der Band und der Nachfolger des 2018 erschienenen »And Nothing Hurt«. Literaturkenner unter den Spiritualized-Fans haben vielleicht bereits den Zusammenhang entdeckt: Der Titel ist eine der berühmtesten Zeilen aus dem 1969er-Roman »Slaughterhouse Five« des amerikanischen Schriftstellers Kurt Vonnegut: »Alles war schön und nichts tat weh«.
Die Albumankündigung erfolgte im November 2021 zusammen mit der Premiere von »Always Together With You«, der ersten Singleauskopplung – ein sphärischer, psychedelisch angehauchter und fast sieben Minuten langer Track.
Obwohl bereits der Vorgänger eigentlich das letzte Album von Spiritualized sein sollte, fand Pierce während des Lockdowns zu neuer Kreativität: »Während einige Menschen in den Abriegelungen und der Isolation der Epidemie implodierten, blühten andere auf. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich mein ganzes Leben lang dafür trainiert«, so der Musiker in einer Pressemitteilung.
Dieses Aufblühen zeigt sich unter anderem darin, dass Pierce für »Everything Was Beautiful« unglaubliche 16 verschiedene Instrumente einspielte, während er in elf unterschiedlichen Studios aufnahm, darunter auch sein eigenes Zuhause. Unterstützt wurde er außerdem von mehr als 30 Musikern und Sängern. Dazu gehören seine Tochter Poppy, John Coxon von Spring Heel Jack, Streicher- und Bläsergruppen und Chöre.
Mal etwas rockig-treibend, dann wieder getragentraurig, aber immer großes Kino.
(Good Times, Februar/März 2022)
Ein Hybrid aus Garagenrock und Psychedelia, erschaffen mit einem riesigen Arsenal an Musikern, Technikern und Sounds: Keyboards, Streicher, Saxofon, Chöre, etc. Ein völlig überladenes und doch faszinierendes Chaos.
(stereoplay, April 2022)
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Belle and Sebastian: "A Bit Of Previous" (Matador, Mai 2022) |
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Ein bisschen von allem
Die schottischen Pop-Ikonen Belle & Sebastian veröffentlichen 2022 ihr neues Album »A Bit Of Previous«. Es ist bereits das zehnte Studiowerk der Band aus Glasgow, jedoch das erste »richtige« Album seit sieben Jahren, lässt man den Soundtrack zu »Days Of The Bagnold Summer« von 2019 außer Betracht.
»›A Bit Of Previous‹ ist ein klassisches Belle-and-Sebastian-Album mit Songs und Melodien, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, und Texten, die einen zum Schmunzeln und Nachdenken bringen und manchmal auch melancholisch stimmen«, schreibt das Label Matador Records auf seiner Website. Wie sehr das stimmt, zeigt bereits die temperamentvolle Leadsingle »Unnecessary Drama«.
Zwölf neue Songs warten auf »A Bit Of Previous«, das Belle & Sebastian in Glasgow aufnahmen, nachdem ihre Pläne für Aufnahmen in Los Angeles durch die Corona-Pandemie zunichte gemacht worden waren. Um die Produktion kümmerte sich die Band selbst, Gastbeträge gibt es von Brian McNeil, Matt Wiggins, Kevin Burleigh und Shawn Everett.
Auf die Frage, was »A Bit Of Previous« denn eigentlich sei, schreibt das Label: »Es ist ein bisschen von allem und viel von dem, was Belle and Sebastian so besonders und beständig macht. Es ist eine Band, die die Einsicht, die Erfahrung und die Verantwortung, die mit dem Älterwerden einhergehen, mit Humor und Respektlosigkeit, mit lyrischer Exaktheit und musikalischer Tapferkeit angeht. Es ist einer der beliebtesten Pop-Porträtisten Großbritanniens, der sich als unfehlbare Quelle von Energie und Spaß behauptet.«
Ihr zehntes Studioalbum strahlt wieder hell am Popfirmament ... Das klingt leicht, melancholisch, herzerwärmend.
(Audio, Mai 2022)
Nicht, dass die Eighties jetzt außen vor wären, die Band ist jedoch wieder folkiger und dadurch willkommen reduzierter. Das bedeutet nicht, dass man nicht zu den Songs tanzen könnte. Zu ›Unnecessary Drama‹, ›Talk To Me Talk To Me‹ und ›Reclaim The Night‹ dürfte künftig auf Konzerten gewippt werden.
(Good Times, Juni/Juli 2022)
The songs on Scottish indie pop architects Belle and Sebastian's tenth studio album, A Bit of Previous, wander through various energetic and sunny approaches, but they're tied together by thematic undercurrents of aging, anxiety, and existential questioning. Recorded and produced by the band at their practice space, every tune sounds comfortable and considered. The production and arrangement choices feel thoughtful rather than labored over, as if the walls of handclaps on "If They're Shooting at You" or the unrelenting harmonica that's going for the majority of "Unnecessary Drama" were deliberate choices the group decided on over the course of months. This at-home feeling might also account for how wildly they swing between styles over the course of the album's 12 songs. "Young and Stupid" utilizes violin and bright acoustic guitars to guide sticky melodies, and there's a hint of nostalgia in the kind of chamber-pop sweetness (French horn, Enoch Light-styled backing vocals) that appeared on the band's earliest material 26 years prior. Almost immediately, however, they switch gears for the mellow quasi-soul of "If They're Shooting at You," the moody synth pop on "Reclaim the Night," a lush Baroque country-folk waltz on "Deathbed of My Dreams," or a bouncy indie reading of Motown on "Come On Home." The stylistic hopscotch the band play here recalls the staggered but intentional flow of their 2003 album Dear Catastrophe Waitress, and like that record, A Bit of Previous rewards listeners who can ride out the zigzagging with a deeper cohesion that takes a few listens to sink in.
At this point in Belle and Sebastian's discography, their calling cards are well-established, and the songs are full of their particular brand of soft, smiling melodies, and arrangements that bubble up without feeling too crowded or overwrought. What feels different among the familiar, sometimes self-referential songwriting is an ongoing thread of uneasy, darkly self-reflective lyrical themes. This can be as blatant as lines about increasingly creaky bones and settling into middle age on "Young and Stupid," or as intense as the stark look at anxiety and self-sabotaging patterns on the jittery "Talk to Me Talk to Me." The perky, joyful sounds are always just slightly louder than the swirls of dread that buttress A Bit of Previous. It's in the album's unlikely combination of weighty sentiments and cheerful (if especially diverse) sounds that Belle and Sebastian grow, offering up an honest assessment of what getting older feels like when you're one of the world's best indie pop bands.
(by Fred Thomas, All Music Guide)
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Bouet: "Hollywood" (Stockroom Recordings, Mai 2022) |
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Die Multi-Art- & Music-Edition »Hollywood« von Christoph Bouet ist der absolute Hammer. Es ist ein Gesamtkunstwerk! Und das in jeder Hinsicht. Bouet hat sich inzwischen fast schon so etwas wie Legenden-Status erarbeitet.
Bouet hat die ganze Schallplatte fast im Alleingang, besser Alleinklang aufgenommen. So präsentiert er sich als Sänger mit einer enorm ausdruckstarken, wandlungsfähigen Stimme. Er spielt auf der LP sowohl elektrische als auch akustische Gitarren. Zudem lässt er seinen Stainless-Steel-Bar gekonnt über die Pedal-Steel-Guitar gleiten. In Personalunion sorgt er auch mit Bass und Schlagzeug für den richtigen Groove. Abgerundet wird das Ganze noch mit dem Einsatz von Piano, Wurlitzer und Mundharmonika.
Lediglich bei jeweils 2 Stücken kommen die Schlagzeuger H. (Hausfreund) Semanski und Lars Jähner zum Einsatz. Herrlich, wie warm und voll analog die Akustik-Gitarre beim Opener, dem Titeltrack, klingt. Bouets Stimme verbreitet absolutes Westcoast-Feeling. Eine sparsame, aber umso präsentere Mundharmonika erklingt voller Sehnsucht. Der Harmoniegesang ist auf allerhöchstem Niveau. Das countryeske »Here And There« ist geprägt von enormer Dynamik und offenbart die audiophile Güte der Aufnahmen und Pressung. In bester Folk-Tradition ist »On The Road«. Auch hier gehen Hoch-Klang Hand in Hand, bzw. Ton in Ton, mit ausgereifter Musikalität. Bouet singt hier aus den Untiefen seiner Seele. Erstaunlich mit welcher Professionalität er seine Instrumente beherrscht. Das Drum-Set drückt richtig.
Die Musik und der Sound der Endsechziger erfährt hier ein sehr gelungenes Retro. »Hey Man (This Ain't No Place For Me)« ist hochemotional und geht voll ins Herz. Die weichen Major-Akkorde verleihen dem Song enorme Intensität. Das Mastering und der Lackschnitt erfolgte auf einer Neumann-Maschine in den Emil Berliner Studios in Berlin durch Rainer Maillard. Und das lässt sich wirklich exzellent hören! Besser wie auf dieser Edel-Edition kann man die Jahre 1968 und 1969 nicht darstellen. Absolut empfehlenswert.
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Simon Joyner: "Songs From A Stolen Guitar" (BB*Island/Grapefruit, Mai 2022) |
[Step Into The Earthquake]
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Seine Stärke ist ein Songwriting das musikalisch wie poetisch kratzt und schabt: am amerikanischen Traum, an dessen Wirklichkeit und den Menschen, die ihn bevölkern. Immer wieder wurde seine spröde Musik und einfühlsamen Texte mit denen von Leonard Cohen, Lou Reed und Bob Dylan verglichen und somit Gewicht verliehen.
Zu großer Bekanntheit führte das nicht, Simon Joyner bleibt ein Outsider mit seinem Loner-folk, aber für die, die ihn entdecken bietet er ein Kraft von rauher Schönheit. Conor Obers von Bright Eyes nennt Joyner, der seit 1990 seine dunklen Americana Songs veröffentlicht, einen entscheidenden Einfluss.
Simon Joyner's neuestes Album gerät noch dunkler und eindringlicher. Sein Thema hier ist Isolation, und er übernimmt es gleich auch als Grundlage für seine Produktion. Ihm war es wichtig, dass die beteiligten Musiker allesamt alleine waren um ihre jeweiligen Parts zu finden.
Die Abgeschiedenheit der einzelnen Musiker auf »Songs From A Stolen Guitar« bietet somit weniger Spontaneität vieler früherer Arbeiten von Joyner, führt aber zu einer Art Silberstreifeneffekt: Joyners Songs, die hier sorgfältiger und vielleicht absichtsvoller produziert wurden als auf jedem seiner früheren Alben, kommen viel klarer durch und stellen sowohl seine schillernden Wortspiele als auch seine klare Vision in den Vordergrund.
Ein Kritiker bringt einen Vergleich zu Neil Young und meinte »Wenn (sein 2012 Album) ›Ghosts‹ sein ›Tonight's the Night‹ war - zornig, nackt und bodenlos - dann könnten sich ›Songs From A Stolen Guitar‹ als sein Harvest erweisen.«
»Songs From A Stolen Guitar« wurde in verschiedenen Städten aufgenommen. Joyner nahm seinen Gesang und seine Gitarre live in Omaha auf; Bassist Wil Hendrix fügte seine Parts zu Hause in San Francisco hinzu, Michael Krassner nahm seine Gitarren- und Klavier-Overdubs zu Hause in Phoenix auf, und Schlagzeuger/Percussionist Ryan Jewell nahm in Colorado auf.
Dieser musikalische Kettenbrief machte sich dann auf den Weg zurück nach Omaha, wo David Nance (Gitarren und Backing Vocals), Ben Brodin (Orgel und Vibraphon) und Megan Siebe (Bratsche und Backing Vocals) - getrennt voneinander - ihre jeweiligen Beiträge einspielten. Dieses Vorgehen zahlt sich aus.
Die »virtuelle« Band spielt eine unterstützende, aber komplementäre Rolle und erzeugt immer das richtige Maß an Spannung, um diese emotionsgeladenen Geschichten zu begleiten und zu umhüllen. Das Zusammenspiel ist einfühlsam und kohärent, auch wenn es aus geografischer Entfernung und Abgeschiedenheit zusammengefügt wurde und oft wie Musik klingt, die durch den Nebel eines Herbstmorgens gefiltert wurde. Doch wenn es um Simon Joyner-Platten geht, zahlt man sein Ticket, um großartige Songs zu hören, und auch in dieser Kategorie enttäuscht »Songs From A Stolen Guitar« nicht.
Eins der seltenen Alben, das nach dem klingt, worum es geht: die Kluft zwischen Einsamkeit und Alleinsein, die Grenzen zwischen Liebe und Hingabe, der Unterschied zwischen dem Tornado und dem, was er hinterlässt.
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Lyle Lovett: "12th Of June" (Universal/Verve, Mai 2022) |
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Lyle Lovett kehrt mit seinem ersten neuen Album seit über 10 Jahren zurück, "12th of June", das bei Verve Records erscheinen wird.
Das Album ist eine fantastische und eklektische Sammlung von neuen Originalsongs und beliebten Interpretationen, die sowohl bestehende Fans erfreuen als auch neue einladen werden.
Die makellose Aufnahme unterstreicht die Dynamik von Lyle und seiner Large Band - und ihre einzigartige Fähigkeit, mit unheimlicher Anmut und Geschicklichkeit von einem Genre zum nächsten zu wechseln.
Von wunderschönen akustischen Balladen bis hin zu swingenden Big-Band-Nummern wird dieses Album die Zuhörer daran erinnern, warum Lyle ein nationaler Musikschatz ist.
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Der Mann: "Top" (Staatsakt, Mai 2022) |
[Wir Sind Der Mann |
Die Türen]
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Die neue Platte von Der Mann ist »Top«
Die Besetzung von Der Mann darf man wohl als dynamisch bezeichnen: (Ex-)Mitglieder von Bands wie zum Beispiel Die Türen, Blumfeld und einigen mehr haben sich in dieser Formation immer mal wieder abgelöst.
Der thematische Schwerpunkt der 14 Songs im schmissigen Deutsch-Pop/Rock sind ethische Konflikte, denen man sich als Teil der modernen westlichen Zivilisation nicht oder nur kaum entziehen kann.
Wir schreiben das Jahr 2022 nach Jesu Geburt. Der Mann melden sich zurück. Acht Jahre nach ihrem Debütalbum »Wir sind der Mann« rufen Ramin Bijan, Maurice Summen, Michael Mühlhaus und Johannes von Weizsäcker mit TOP: »Wer auch immer uns vermisst hat: Wir sind wieder da!«
Im Frühsommer 2021 nämlich begab sich die Berliner Band für einen Monat ins Studio und spielte aus zuvor erarbeiteten Songskizzen eine neue Platte ein. Und hier ist nun TOP.
Zum Personellen: Man bräuchte schon ein Organigramm, um nachvollziehen zu können, welche (Ex)-Mitglieder von Der Mann, Die Türen, Baked Beans, Erfolg sowie Ja, Panik, The Chap und Blumfeld nun mal auf welcher Position in welcher dieser Bands gespielt haben und warum respektive warum dann wieder kurzzeitig nicht. Es reicht aber zu wissen, dass Sänger Maurice Summen und Bassist Ramin Bijan seit ihrer Teenager-Zeit, also seit mehr als 30 Jahren, zusammen Musik machen und das Gravitationszentrum von Der Mann sind.
Neben den aktuell nun vier Musikern sind auch die Künstler und Designer Helmut Kraus und Sebastian Kaltmeyer erneut dabei, als Band-Mitglieder, die bei Der Mann für das Visuelle zuständig sind. Außerdem ist auf einigen Songs der Berliner TOP-Drummer Moritz Baumgärtner zu hören.
Der Mann ist also wieder auferstanden. Damit passt er nicht nur vom Namen her bestens in eine Welt, in der ein großer Teil derselben den Ablauf eines Jahres noch immer ernsthaft an den Lebens- und Sterbedaten eines einzelnen, vor mehr als zwei Millennien geborenen und ständig wiederauftauchenden Dudes ausrichtet. Der Mann passt damit auch bestens in eine Zeit, in der sich die Menschen vor lauter fundamentaler Unsicherheit und einem daraus erwachsendem Bedürfnis nach dem Gewohnten in ein Spiegelkabinett des schon Bekannten begeben haben, in denen fortwährend das Beste der 70er, 80er und 90er läuft und nur ganz manchmal das Beste von Heute. Wer könnte es ihnen verdenken.
Der Mann haben sich musikalisch und visuell dafür entschieden, den Zeitpunkt Ende der 1970er und Anfang der 1980er fest zu umarmen. Das Cover: in der Ästhetik von Heaven 17s »Penthouse and Pavement«. Die dazu passenden Lifestyle-Accessoires: Kreditkarte, Rolex und Rolodex. Der Mann ist nämlich ein Yuppie. Auch so ein Wiedergänger, nur sieht der heute aus wie Christian Lindner und kommt auch mal im Hoodie daher. Was die musikalischen Ausdrucksformen angeht, hätten Gitarre, Schlagzeug, Bass und Synthesizer genau so auch schon vor 40 Jahren gespielt werden können.
Was Der Mann auf TOP jedoch thematisieren, ist eindeutig heutig. Es geht um Oberflächen-Phänomene. Im flotten Opener »SUV« und dem zum Offbeat schunkelnden »Bewertungslied« etwa um das fortwährende Hypen, Rummeinen und Raunen in den sozialen Medien. Es geht, im nachdenklich-sanften »Country, Western, Coaching & Consulting« oder im Postpunk-Boogie-Hybrid »Peyote Retreat« um psychedelische Techniken, die mal subversiv waren, aber mittlerweile längst von Konzernen zur Mitarbeitermotivation und Umsatzsteigerung aufgesogen wurden. Und es geht um den Staat, der sich mit Fördergeldern und Stipendien eine die sie füttert, überhaupt noch interessiert, ob sie nun gebissen wird oder nicht.
Kurz: Es geht auf TOP um alles, was einen in der spätkapitalistischen Gegenwart so richtig angruseln kann. Bei dem man aber, siehe Staatsgelder und Social Media, kaum NICHT nicht mitmachen kann, legt man Wert darauf, überhaupt in der Welt stattzufinden.
»Im Herz schmeißt du Steine/Im Kopf bist du müde«. In dieser Zeile steckt die ganze unausweichliche Ambivalenz, die TOP durchzieht. Keine Handlungsanweisungen, keine Rebellion, kein echter Ausweg, nirgends. Der Mann ist kein junger Aufrührer mehr, der noch glaubt, die Welt verändern zu können. Der Mann ist Ende 40, Anfang 50, also genau in dem Alter, in dem die Kinder für gewöhnlich auf dem Gröbsten raus sind und zu Hause etwas Ruhe einkehrt. Aber der Rücken und die Knie machen noch gut genug mit, dass er jetzt den Gipfel seiner Schaffenskraft erklimmen kann. Er ist erfahren und altgedient genug, um in der Firma in die C-Suite aufzusteigen. Als CEO weiß er, dass er nicht mal besonders viel Glück hatte, geschweige denn sich besonders anstrengen musste, sondern einfach nur so gut wie alle Privilegien auf seiner Seite hatte. Was ihm zunehmend unangenehm wird.
»Wir sind total privilegiert«, sagt Maurice Summen dazu – beziehungsweise zum anhaltenden Untergrund-Status seiner Männer-Band. »Aber wir haben recht wenig daraus gemacht.«
Aber nicht doch! TOP ist ist ein Alpha-Werk von einem Album geworden.
(Anne Waak)
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Amanda Rheaume: "The Spaces In Between" (Universal/Ishkodé, Mai 2022) |
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The Spaces In Between by Amanda Rheaume is an honest, introspective, exploration of identity, unfolding across thirteen blended folk and rock songs that tell an important story.
Interwoven throughout the album are four interludes in which Métis rights leader and activist Tony Belcourt provides history of who the Métis peoples are, the attempted erasure of their history through repeated injustices and deep-rooted discrimination at the hands of the Canadian government, and its effects still seen to this day. Rheaume follows each interlude with an apropos number that not only speaks to the realities raised by Belcourt, but also stirs up and offers thoughts on how to proceed going forward. This is beautifully exemplified in the accompanying track to “Interlude 3”, where Belcourt discusses how Métis children today are unaware of the historic relationship that existed between their peoples, and how that relationship was broken generations ago. What follows is “Right By Your Side”, an anthem of hope, resilience, belief and promise in a greater future that starts with the younger generation. As the title of track four, “Death of the American Dream” proposes, perhaps it is the American dream that needs to pass away in order for something worth dreaming to be realized and actualized.
The final piece, “All Sides of Me”, presents various questions of self and identity that the listener is likely to find theirselves identifying with. This culmination hearkens to the opening track, “The Spaces In Between”, leaving the listener to contemplate not only what was learned of Rheaume and Métis peoples throughout, but also of oneself, relation to the bigger picture and joyful existence in the spaces in between – spaces that this album so wonderfully helps to illuminate.
(www.partonandpearl.com)
Konzerthighlight: Karo, Wesel, 01.05.2023
Eine Neuentdeckung für mich ist diese kanadische Sängerin und Songschreiberin, die gestern mit ihrer großartigen Band einen
überzeugenden Gig im wunderbaren Weseler Karo hingelegt hat. Zu dem Gig bin ich mit Drummer Locke eigentlich nur aus pragmatischen
Gründen gefahren, nämlich um dort die Plakate für unseren eigenen Auftritt mit W4L in drei Wochen abzugeben. Also war die
Erwartungshaltung überschaubar. Allerdings war Miss Rheaume (spricht man/frau wohl [Ri-O-Mi] aus) dann aber so dermaßen gut, dass
ich mir doch glatt 20 Oiro von meinem Trommelbuddy leihen musste, um mir dieses tolle Platte auf Vinyl leisten zu können!
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The Dream Syndicate: "Ultraviolet Battle Hymns and True Confessions" (Fire, Juni 2022) |
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Fire Records kündigt mit »Ultraviolet Battle Hymns And True Confessions« ein brandneues Album von The Dream Syndicate an, das am 10. Juni erscheinen wird. Das kryptisch betitelte Album wirft viele Vorurteile über Bord. The Dream Syndicate haben ihre frühen Velvet Underground-Einflüsse weit hinter sich gelassen und sich mit britischem Glam, deutschem Prog und mehr beschäftigt.
Das neue Album hat eine Krautrock- und ENO-ähnliche Atmosphäre mit einem von neu inspirierten rhythmischen Groove und einem kalifornischen, sonnengebräunten Glanz, der in den klassischen psychedelischen, melodischen Farbton eingewoben ist. Die Leadsingle »Where I'll Stand« beginnt mit klassischen elektronischen Krautrock-Synthies, die sich zu einem klassischen The Dream Syndicate-Vibe verbinden - nicht unähnlich dem Song »Tell Me When It's Over«, der den Auftakt zu »The Days Of Wine And Roses« - ihrem Debüt-Full Length-Album aus dem Jahr 1982 - bildete - mit einem Hauch von Bowies Eröffnungssong auf »Scary Monsters« »It's No Game«.
Als The Dream Syndicate in den frühen 80er Jahren aufkamen, erklärte Frontmann Steve Wynn »we're playing music we want to hear because nobody else is doing it« - und fügte hinzu: »I'll compromise on what I eat or where I sleep, but I won't compromise on what music I play.«
Beides ist wahr. Die Band war und ist auf ihre Art immer noch kompromisslos. The Dream Syndicate - bestehend aus Sänger/Songwriter/Gitarrist Steve Wynn, Schlagzeuger Dennis Duck, Bassist Mark Walton, Leadgitarrist Jason Victor und dem jüngsten Mitglied Chris Cacavas an den Keyboards (Green On Red, Calexico, Giant Sand, Jason Molina) - nahmen »Ultraviolet Battle Hymns And True Confessions« mit Hilfe von Gastauftritten von Stephen McCarthy (von The Long Ryders) und Marcus Tenneys ausdrucksstarker Saxophon- und Trompetenarbeit auf.
The Dream Syndicate wird in diesem Sommer auch durch Europa touren.
Atmospheric rock music veering between noise and subtlety-so compelling.
(Pitchfork »This dream isn't over.« - Classic Rock)
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Husten: "Aus Allen Nähten" (Kapitän Platte, Juni 2022) |
[Kid Kopphausen |
Die Höchste Eisenbahn |
Wohin Wir Drehen (EP #3)]
Die Jahrescharts 2022: Platz9im Rolling Stone!
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Eigenartige, schmutzige Geschichten über Unglück. Ohne lange zu überlegen, griff Fushigi nach dem Album, dessen buntes Cover aus der Wand mit den Zeitschriften, Büchern und Schallplatten herausragte. Neben den japanischen Schriftzeichen konnte sie auf der Hülle auch die deutschen Worte »Husten« und »Aus allen Nähten« erkennen. Fushigi bezahlte und machte sich zuhause daran, die auf Vinyl versammelten Lieder zu erforschen.
Obwohl sie nur Bruchstücke der fremden Sprache verstand, träumte sie in der Nacht von der in einem Song beschriebenen Nahtoderfahrung, von dem Mann, der sich in einem anderen Lied in eine Vaterschaft hinein illusioniert, schreckte um Viertel vor drei hoch, weil sie sich sicher war, dass - wie auf Platte - eine Krankenschwester um diese Zeit anrufen würde. Später sah sie im Schlaf das gelbe Haus der Ausgestiegenen und durchlebte die in szenischen Miniaturen geschilderte tragische Lebensliebesgeschichte eines anonymen Paares. Hörte noch im morgendlichen Halbschlaf neben dem deutschen Sänger die Schweizerin Sophie Hunger nachhallen. Sofort nach dem Frühstück recherchierte Fushigi und fand heraus, dass »Aus allen Nähten« nach vier EPs das erste Husten-Album war.
Warum es ein unglücklicher Zufall in dieser an Zufällen und glücklichen Unglücken so reichen Band-Geschichte war, dass deren Mitglieder Moses Schneider, Gisbert zu Knyphausen und der dünne Mann sich 2019 entschlossen hatten, ihre Tour 500 Tage im Voraus anzukündigen und die Pandemie daraus über 1.200 Tage zwischen Mitteilung und Konzertbeginn machte. Sie erfuhr von der anfänglichen fluxusartigen Liederresteverwertung der Musiker, die inzwischen einer live aufnehmenden Band gewichen war. Doch kreidebleich wurde Fushigi erst, als sie las, dass jemand sie selbst ausschließlich für das Info der Band erfunden hatte.
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Jetzt!: "Können Lieder Freunde sein?" (Tapete, Juni 2022) |
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»Können Lieder Freunde sein?« ist das zweite reguläre Album des großen Un-Ironikers Michael Girke und seinem Projekt Jetzt!, der »besten vergessenen deutschen Band« (Tagespiegel).
Auf seinem neuen, von Thomas Wenzel (Die Goldenen Zitronen, Die Sterne) produzierten, Album treffen sich Style Council und Franz-Josef Degenhardt, Weimar und Herford, Pop und Politik sowie Leben und Tod. Songs wie »Hilf dem Widerstand« oder »Ein Hoch der Distanz« bekräftigen erneut das Verdikt welches bei Spiegel Online über Girkes bisheriges Werk gefällt wurde: »Michael Girkes Musik und seine Texte sind von einer strahlenden Intelligenz.«
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Das Paradies: "Transit" (Grönland, Juni 2022) |
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»Transit« ist das zweite Album von Das Paradies. Mit »Goldene Zukunft« gelang Florian Sievers 2018 eines der bemerkenswertesten deutschsprachigen Debütalben der vergangenen Jahre. Seine Songs sind Pop im besten Sinne - identitätsstiftend, blitzgescheit und rätselhaft.
»Transit« berichtet aus Zwischenräumen, von Menschen an Kipppunkten, vom Gefühl der Entrückung und traurig-schaurigen Leichtigkeit. Mit eigenwilliger Elektronik und von Hierarchie befreiten Arrangements erfindet sich Das Paradies neu und bleibt trotzdem immer eingängig. Man kann in diesen Songs wohnen und immer wieder neue Zwischenräume entdecken. Sie sind voller Zeilen, die man sofort an Häuserwände schreiben würde. Das Paradies ist ein Ort, an dem alles passieren darf. Solche Orte brauchen wir dringender denn je.
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Naima Bock: "Giant Palm" (Sub Pop, Juli 2022) |
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Die in London lebende Musikerin und ehemalige GOAT GIRL-Bassistin NAIMA BOCK veröffentlicht ihr Solodebütalbum »Giant Palm« über Sub Pop Records. Geboren in Glastonbury als Tochter eines brasilianischen Vaters und einer griechischen Mutter, verbrachte NAIMA ihre frühe Kindheit in Brasilien, bevor sie schließlich nach England bzw. in den Südosten Londons zurückkehrte. Dieses Erbe verbindet sich in NAIMAs Musik mit neueren Einflüssen:
Von den brasilianischen Standards, die die Familie auf der Fahrt zum Strand hörte, über europäischen Folk, den Naima auf eigene Faust erkundete, bis hin zu aktuellen Interessen wie Archäologie, der Arbeit als Gärtnerin und dem Wandern auf den großen Pfaden der Welt - NAIMAs Musik schöpft Inspiration aus der Familie, der Erde und der Weitergabe von Musik über Generationen hinweg.
Naimas Debüt »Giant Palm« ist zweifellos von der brasilianischen Musik ihrer Jugend und regelmäßigen Familienbesuchen durchdrungen. Inspiration fand die Britin in »der Perkussion, den Melodien, den Akkorden - und vor allem in der poetischen Gegenüberstellung von Tragik und Schönheit, die in den Texten steckt«.
Not long after South London art punks Goat Girl released their self-titled debut album, Naima Bock departed the band for a change of pace -- and that's what she gives her listeners on Giant Palm. Bock wrote the songs that make up her debut album while she took a break from playing in bands, and the time she spent in meditative pursuits like studying archaeology, working as a gardener, and hiking can be heard as much as the Brazilian music she absorbed as a young girl living in Sao Paolo (a velvety interpretation of the bossa nova standard "O Morro" closes the album) and the early 20th century folk she loved in her youth (echoed in "Enter the House"'s bittersweet harmonies). When Bock recorded Giant Palm with her friends during the early days of the COVID-19 global pandemic, she didn't have any concrete plans to release it, and this lack of expectations only adds to the album's freeness. During her Goat Girl days, she was no stranger to mixing and matching genres, but the way Bock uses pop, classical, electronic, folk, and jazz elements feels more intentional and more spontaneous on songs like "Toll," which moves from pastoral flute and guitar to stately strings and brass in a confident sweep. One of the first people she shared these songs with was producer/arranger Joel Burton, who helps her express the entwined needs for solitude and belonging that make Giant Palm so genuine. Nowhere is this more apparent than on the album's stunning title track, which begins with low, droning synths that gradually lift Bock "high above it all" in a moment of perfect epiphany. Later, the memories that haunt her on "Campervan"'s violin-bedecked waltz illustrate the cost of this kind of freedom. Burton and Bock's creative chemistry gives Giant Palm's internal monologues a widescreen treatment (some songs feature more than 30 performers), and the results are particularly striking on "Every Morning," a poignant call and response between Bock and a chorus where she reflects, "It is funny how life can be when everyone leaves/Alone, but not lonely." Though she took a roundabout path to make and release Giant Palm, the way Bock shares her profound moments and little insights with a generous spirit makes for an often brilliant debut.
(by Heather Phares , All Music Guide)
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She & Him: "Melt Away: A Tribute To Brian Wilson" (Universal/Fantasy, Juli 2022) |
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She & Him - das gefeierte Duo M. Ward und Zooey Deschanel - sind bekannt für ihre stilvollen Arrangements, raffinierten Interpretationen und scharf gezeichneten Originale, die sie in ihrer 14-jährigen, äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit über sechs Alben hinweg perfektioniert haben. Jetzt, mit »Melt Away: A Tribute to Brian Wilson«, ihrem siebten Album (und dem ersten für Fantasy), hat das Duo einen Liebesbrief an den südkalifornischen Pop der 60er Jahre verfasst, der für sich allein steht und eine herausragende musikalische Leistung darstellt.
Produziert von M. Ward und abgemischt von Tom Schick (Wilco, Norah Jones, Iron and Wine), ist »Melt Away: A Tribute to Brian Wilson« ist das erste Album des Paares seit sechs Jahren und enthält eine Fülle von klug ausgewählten Wilson / Beach Boys-Kompositionen, von denen einige allgemein geliebt werden und andere etwas weniger bekannt sind. Alle, ob man sie nun schon kennt oder zum ersten Mal hört, haben ein Gespür für das Dramatische. Ward und Deschanel bringen ihr unheimliches gemeinsames musikalisches Gespür in diese Pop-Noir-Kostbarkeiten ein und interpretieren sie für die heutige Zeit neu.
Der einladende, twangige Opener des Albums, Brian Wilsons und Mike Loves »Darlin'« (vom Beach-Boys-Album Wild Honey aus dem Jahr 1967), setzt eine hohe Messlatte, die She & Him durchgehend einhalten. Besonders aufschlussreich ist die hingebungsvolle Interpretation von »Wouldn't It Be Nice« durch das Duo. Die meisten würden es nicht in Erwägung ziehen, den eiskalten Klassiker anzufassen, doch sie stürzen sich mit unverhohlener Freude darauf. An anderer Stelle ist die erhabene Version von Wilsons schwermütigem »Til I Die« ein drei Minuten und 22 Sekunden langes Wunderwerk. Deschanels spektakuläre Gesangseinlage auf dem sträflich übersehenen Wilson-Solo-Stück »Melt Away« verwandelt die üppige, streicherlastige Bearbeitung des Originals in ein postmodernes Folk-Pop-Juwel. Weitere Höhepunkte sind der Surf-Rock-Rückkehrer »Do It Again«, der von Brian Wilson selbst (!) gesungen wird, und das anmutige »Please Let Me Wonder«, ein lang geschätztes Wilson-Albumstück. Das zeitlose »Don't Worry Baby« von den Beach Boys schließlich könnte das Herzstück und der ergreifendste Titel des Albums sein. M. Wards erdiger, lakonischer Gesang, überlagert von einem exquisiten Arrangement, fühlt sich organisch und völlig neu an - genau wie dieses Album, das in jeder Hinsicht beeindruckend ist.
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Sorry Gilberto: "Psychoactive Ghosts" (Solaris Empire, Juli 2022) |
[Construction Work & Stormy Weather |
Twisted Animals |
Der Rest Vom Licht |
Das Paradies]
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Das Berliner Duo Sorry Gilberto hat für sein neues Album „Psychoactive Ghosts“ zehn wunderschöne Songwriter-Folk-Pop-Songs aufgenommen
Nach sechs Jahren Pause melden sich Sorry Gilberto zurück. Das Berliner Duo Anne von Keller und Jakob Dobers präsentiert mit „Psychoactive Ghosts“ sein insgesamt fünftes Album seit dem 2008 erschienenen Debüt „Memory Oh“ und den Nachfolger des 2016 veröffentlichten „Twisted Animals“. Die zehn neuen Songs nahmen die beiden mit Hilfe von Co-Produzent Florian Sievers (Das Paradies) in dessen Berliner Studio auf. Das Album gemischt und gemastert hat Norman Nitzsche und als Gastschlagzeuger zeichnete sich Robert Kretzschmar (Kat Frankie, Masha Qrella, Albertine Sarges) aus.
Sorry Gilberto zwischen Belle & Sebastian und The Go-Betweens
Und was sind das für zehn wunderschöne, weitestgehend dem Songwriter-Folk-Pop zuzuordnenden neuen Songs, die Sorry Gilberto komponiert haben. Es geht schon mal sehr fluffig und melancholisch im Jingle-Jangle-Westcoast-Pop von „I’m Not Sorry“ los. Anne von Keller und Jakob Dobers beginnen gemeinsam mit den Zeilen „Lets’s go backwards through the sand / Let’s walk the shoreline ´til it ends“, und man möchte ihren Fußstapfen im Küstensand sofort bis zum Ende folgen, so einladend sind die filigranen Melodien dieses Albums. Nun, wir bleiben auf jeden Fall bis zum Ende des Albums auf der Sorry-Gilberto-Fährte. Da warten nämlich auf uns zum Beispiel noch das verspielt-verträumte, an Belle & Sebastian erinnernde „These Walls“ sowie das lässige, den Go-Betweens huldigende „Neighbours“.
Die hohe The-Walkabouts-Kunst
Und wem das noch nicht reicht, der wird mit dem großartigen „Easy Street“ belohnt. Belohnt insofern, als das wir hier nun wahrlich der hohen The-Walkabouts-Kunst begegnen, die sich bereits bei „Bird (On My Shoulder)“ andeutet. Wer prinzipiell an den von den Sixties inspirierten Songwriter-Pop und an sanften Psychedelic-Klängen seine Freude hat, der findet im Titeltrack „Psychoactive Ghosts“ wahrscheinlich ein neues Lieblingslied. Und wer auf versponnenen Indie-Wave-Pop steht, der freundet sich rasch mit dem etwas düsteren, aber sehr anmutigen „Animals In The Night“ an. Dieses Album zu hören bereitet große Freude.
(www.soundsandbooks.com)
14 Jahre gibt es jetzt schon das Duo Sorry Gilberto aus Berlin, das aus der Sängerin, Multiinstrumentalistin und Schauspielerin Anne von Keller und dem Sänger und Gitarristen Jakob Dobers besteht. Mit "Psychoactive Ghosts" bringen sie am 29. Juli 2022 ihr fünftes Album auf den Markt, das erste seit sechs Jahren nach "Twisted Animals" aus 2016. Das ist eine lange Unterbrechung für ein Musikprojekt. In solch einer Spanne haben sich andere Gruppierungen längst aufgelöst, umformiert oder die Richtung gewechselt. Sorry Gilberto ist hingegen in der Veröffentlichungs-Schaffenspause gereift, hat an stilistischem Umfang gewonnen und agiert jetzt noch raffinierter, seriöser und geschmackssicherer als schon zuvor. Woran auch der agile Gast-Schlagzeuger Robert Kretschmar einen nicht zu unterschätzenden Anteil hat.
"Hey Gilberto, I´m Not Sorry" lautet der Refrain zum Eröffnungs-Track "I`m Not Sorry". Eine Erkenntnis, die neue Sichtweisen und das Überwinden eines schlechten Gewissens offenlegt. Überaus galant und cremig wird der Song von einem swingenden, mild-psychedelischen Country-Folk-Thema eingeleitet und bekommt durch den ineinandergreifenden, fein aufeinander abgestimmten Duett-Gesang des Pärchens zügig eine seriös-gefasste Wendung verpasst. Entspannt-verlockende Musik, die zum vergnüglich-reizvollen Zuhören einlädt. Für "These Walls" übernimmt Anne von Keller den Lead-Gesang, den sie auf lieblich-kühle Weise über die sich teils stoisch wiederholenden, teils anziehend funkelnden Noten verteilt. Das konsequent peitschende Schlagzeug bildet dabei einen munteren Kontrast zu den verspielt-bunten Background-Tönen.
Anne und Jakob führen bei "Bird (On My Shoulder)" ein poetisch-dadaistisches Zwiegespräch, wobei das Lied seine Brecht/Weill-Wurzeln kaum verleugnen kann, diese aber durch einen frechen Pop-Anstrich effektvoll zu kaschieren versucht. Rhythmisch, melodisch und gesanglich könnte "Neighbours" auch ein Titel der australischen Alternative-Pop-Combo Go-Betweens sein. Sie präsentierten aparte Songs, welche eingängig genug waren, um im Radio zu laufen, aber dennoch über eine gewisse Widerborstigkeit verfügten, um nicht glatt zu wirken. So wie eben auch "Neighbours".
Ein langsam trottender, kräftig-gleichbleibender New-Wave-Rhythmus und eine silbrig klirrende Gitarre tragen den melodisch-ruhigen Solo- und Duett-Gesang von "Animals In The Night". Die E-Gitarre spielt zur Auflockerung sowohl Art-Rock-, Funk- wie auch Jazz-Akkorde und wird so zum Mittelpunkt des Geschehens.
Ein Tag am Strand. Da kommen bei "The Beach" zunächst positive Erwartungen auf, die allerdings ohne Vorfreude, sondern sachlich vorgetragen werden. Die Aufzählung beinhaltet allerdings auch Gedanken, die einer bedrückenden Endzeitstimmung nahekommen. Zackige E-Gitarren-Klänge, eine rauschende Orgel und ein stramm marschierendes Schlagzeug verbreiten eine ausgelassene Stimmung, die durch eine stellenweise Verringerung des Tempos etwas eingetrübt wird.
Die "Easy Street" ist eigentlich überall dort, wo Menschen für andere Menschen da sind, sie unterhalten oder sich um sie kümmern. Auf diese "Kümmerer" kann oder möchte niemand verzichten. Sie erhalten allerdings nicht den Lohn, den sie verdienen. Von Applaus oder Anerkennung alleine können sie aber nicht leben. Ein Dilemma, welches die Diskussion um leistungsgerechte Bezahlung immer wieder aufwirft. Sorry Gilberto gehen das Thema ohne Vorwürfe oder Bitterkeit an, sie sind zwar traurig über die ungerechte Wirklichkeit, wollen aber trotzdem nicht verzagen. Entsprechend melancholisch-zuversichtlich ist die Musik. Verträumte, verwehte Klänge werden von einer nachdenklich flirrenden E-Gitarre und einem unnachgiebige, aber nicht aggressiven Schlagzeug am Leben gehalten. Manchmal kann solch ein Beinahe-Klagelied sehr tröstlich sein.
Psychoaktive Substanzen verändern das Denken, Fühlen und Handeln. Die Wahrnehmung wird durch sie eine andere und das kann sich richtungsweisend auf das weitere Leben auswirken. Jene Erfahrung kann ein Schritt in Richtung Erleuchtung sein, sie kann aber auch zur Sackgasse werden. Im Stück "Psychoactive Ghosts" wird der Wunsch nach Bewusstseinserweiterung als sehnsüchtige Hinwendung zu "Ideen, die wir am meisten lieben und Orte, die eine Verbindung mit Gedanken, die wir gerne denken", beschrieben. Also als ein individueller Wohlfühl- und Erkenntnis-Kosmos. Musikalisch werden diese Überlegungen jedoch nicht esoterisch verklärt, sondern mit tatkräftigem Folk-Jazz untermalt.
Eine schwarze Lederjacke ist spätestens seit dem Film "Der Wilde" mit Marlon Brando von 1952 zum Symbol für Rebellion geworden. "Black Leather Jacket" verbreitet zwar keinen Aufruhr, nimmt aber textlich auch kurz Bezug auf die Kraft, die durch den Marlon-Brando-Auftritt geweckt wurde. Der Song setzt auf abgeklärte, dunkel-harsche Töne und ein langsames Tempo. Undurchsichtig, gleichmütig, klar strukturiert und mit freundlich-distanziertem Gesang von Anne von Keller wird über 6 Minuten Moll-lastiger Kunst-Pop zwischen Joy Divisions "Atmosphere" und David Bowies "Ashes To Ashes" erzeugt.
Beim zunächst nur von der akustischen Gitarre begleiteten Lagerfeuer-Folk "Monologues" kommt erst einmal Jakob Dobers zu Wort. Er bekommt durch den einsetzenden Harmonie-Gesang seiner Partnerin eine stützende Begleitung, so dass der Track auch wegen der noch zugesteuerten sphärischen Synthesizer-Töne seine trockene Erscheinung verliert und tiefgründig erscheint.
Sorry Gilberto haben sich mit "Psychoactive Ghosts" eindrucksvoll zurückgemeldet. Ihre Songs haben Charakter, zapfen unaufdringlich Referenzen an (z.B. João Gilberto (!!), Everything But The Girl, Rue Royale, Velvet Underground, Young Marble Giants, Joy Division, David Bowie, Belle & Sebastian) und zeichnen ein leicht halluzinogenes Bild, das zwischen Lust und Frust angesiedelt ist. Daneben hält der Spaß an Kontrasten die Songs lebendig: So erscheinen filigrane Töne neben provozierenden Rhythmen oder Schwebeklänge neben aufmunternden Takten. Die Lieder wurden so unterschiedlich ausgestaltet, dass sie mühelos über die gesamte Laufzeit von 45 Minuten für kurzweilige Unterhaltung sorgen.
(Heino Walter ?)
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The Wave Pictures: "When The Purple Emperor Spreads His Wings" (Moshi Moshi, Juli 2022) |
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The Wave Pictures fürs ganze Jahr
Nachdem The Wave Pictures im Jahr 2018 mit »Brushes With Happiness« und »Look Inside Your Heart« gleich zwei Alben veröffentlichten, wurde es vorerst still um die englische Rockband, bestehend aus David Tattersall (Gesang und Gitarre), Franic Rozycki (Bassgitarre) und Jonny Helm (Schlagzeug).
Das Warten hat sich diesmal sogar doppelt gelohnt. »When The Purple Emperor Spreads His Wings« heißt ihr neues Doppelalbum für 2022, auf dem das Trio mal wieder seine tiefe Zuneigung für Rock’n’Roll, Blues, Jazz und Classic Rock und Daves Liebe zu ausufernden Gitarrensoli zeigt. Es handelt sich dabei um ein Konzeptalbum, bei dem jede Seite der LP eine der Jahreszeiten darstellt. Der Titel steht für den Tag im Frühling, an dem alle Schmetterlinge zum Leben erwachen und einen neuen Anfang signalisieren.
Einen ersten Vorgeschmack aufs Album lieferten The Wave Pictures bereits 2021 mit der herbstlichen Single »This Heart Of Mine«, in der sie sich dem Thema Zeit- und Raumreisen widmen. Musikalisch inspiriert vom klassischen Neil Young, tendiert das Stück diesmal deutlich in Richtung Country – mit Rozycki an der Mandoline, Tattersalls sanften akustischen Gitarrenklängen und Unterstüzung von Dominic »Hotdog« Brider an der Mundharmonika.
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Motorpsycho: "Ancient Astronauts" (Stickman, Aug. 2022) |
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Nach ihren letzten beiden Alben während der »Covid-Jahre«, The All is One (2020) und Kingdom of Oblivion (2021), hat Motorpsycho die Veröffentlichung von Ancient Astronauts angekündigt.
Das Album wurde im Sommer 2021 im Amper Tone Studio in Oslo aufgenommen. Da Covid das internationale Reisen immer noch sehr schwierig macht, war die in Stockholm lebende Reine Fiske nicht mit den drei Motorpsycho-Kernmitgliedern im Studio, so dass dies das erste Album seit Jahren ist, das sie zu dritt aufgenommen haben. Das Album wurde hauptsächlich in Live-Aufnahmen mit nur wenigen Overdubs und dem nachträglich hinzugefügten Gesang aufgenommen, so dass die Band im Wesentlichen live im Studio spielt. Zeitweise ziemlich hektisch und kantig, aber auch grandios und hypnotisch, ist dies ein sehr exploratives Werk ohne viele Refrains.
»Ancient Astronauts« wurde im Sommer 2021 aufgenommen und ist das neueste Kapitel in der mehr als 30-jährigen Geschichte von Motorpsycho. Mitreißender Prog-Rock, experimentelle Klanglandschaften, schwere Rock-Grooves und epische Steigerungen.
Um Bill Graham von The Dead zu zitieren: »Sie sind nicht die Besten in dem, was sie tun, sie sind die Einzigen, die das tun, was sie tun.«
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And Also The Trees: "The Bone Carver" (And Also The Trees, Sept. 2022) |
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Innerhalb des Panoramas und der filmischen Landschaften, die sich durch die Musik eröffnen, werden Geschichten und Fragmente von Geschichten erzählt, über Menschen, die Räume, die sie einnehmen, ihre Nähe und die Distanz, die zwischen ihnen liegt. Das Album wurde drei Jahre lang in London, der Schweiz und in einer alten Scheune unweit ihrer Wurzeln in den Midlands geschrieben und aufgenommen.
Die Gründungsmitglieder Simon und Justin Jones, die zusammen mit dem eigenwilligen Schlagzeuger Paul Hill den Kern von And Also - The Trees bilden, werden erstmals von Grant Gordon an der Bassgitarre und Colin Ozanne an der Klarinette unterstützt. -Ihre Mitwirkung verleiht der subtilen und doch faszinierenden Entwicklung der Band eine neue Wendung.
And Also - The Trees treten seit ihrer Gründung im ländlichen Worcestershire zu Beginn der Post-Punk-Ära im Jahr 1980 live auf und entwickeln sich kreativ weiter. Abgesehen von einer Periode in ihren frühen Jahren, in der sie die Aufmerksamkeit von John Peel, der britischen Musikpresse und The Cure auf sich zogen, mit denen sie zusammenarbeiteten und auf Tourneen unterstützten, haben sie hauptsächlich unter dem Radar der Medien und der Musikindustrie als Ganzes operiert, indem sie sich von der dunklen Schattenseite der britischen Landschaft inspirieren ließen und mit jedem ihrer 14 Alben durch Europa und so weit entfernt wie die USA und Japan tourten.
Es folgt auf ihr 2016 veröffentlichtes Album »Born Into -The Waves«, das von vielen als ihr gelungenstes angesehen wurde. Eine seltene Auszeichnung für eine Band mit einer solchen Langlebigkeit.
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Marina Allen: "Centrifics" (Fire, Sep. 2022) |
[Sylvie]
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Das spektakuläre Debüt der in Los Angeles lebenden Musikerin Marina Allen ist der Nachfolger des gefeierten 18-minütigen Mini-Opus »Candlepower« vom letzten Jahr.
»Centrifics« ist eine fröhliche Sammlung von Beobachtungen und Fragen über das Selbst, die Welt und deren Zusammenspiel. Ehrfurcht gebietende Reflexionen begleiten hypnotisierende Melodien, während Allens außergewöhnliches Spektrum und die Tiefe des Gesangs eine breite Palette ihrer Einflüssen von Karen Carpenter bis Karen Dalton, von Joanna Newsom bis Fiona Apple, von Cate Le Bon bis Waxahatchee, über Meredith Monk und die New Yorker Avantgarde aufzeigt.
Während das DIY-Album »Candlepower«, das über einige Jahre hinweg entstand, subversiv und obskur war, ist »Centrifics« fröhlicher, lustiger und direkter. Beschwingte Melodien transportieren ernste Botschaften: ›Für mich entsteht ein Großteil der Magie im Studio, wenn sich meine Arrangements entwickeln und verändern. Bei »Centrifics« hatte ich wunderbare Kollaborateure, die bereit waren, mit dem filmischen Fluss mitzugehen, den ich mir vorstelle. Chris Cohen und später auch Ben Varian und ich arbeiteten mit einfachen Tracks und fügten nur die Gedanken, Fragmente und Instrumente hinzu, von denen wir sicher waren, dass sie die Bedeutung verstärken würden.
Weitere wichtige Beiträge kamen von Emily Elhaj, Logan Hone, Jasper McMahon und Joachim Polack. Produziert und gemischt von Chris Cohen, co-engineered von Jonny Kosmo. Klassisch schwarzes Vinyl mit DLC.
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The House Of Love: "A State Of Art" (Cherry Red, Sept. 2022) |
[Zehn Zoll]
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2022 erschienenes und 12 Songs starkes Studioalbum der UK Indie-Band um Guy Chadwick, deren Vorgängeralbum »She Paints Words In Red« 2013 erschien.
After a couple of reunion albums that presented a laid-back take on the noisy dream pop made by their original incarnation, the House of Love's leader, Guy Chadwick, cut all ties to the past, bar the band's name, for 2022's State of Grace. That means guitarist Terry Bickers is once again out of the fold, replaced by Keith Osborne of Idlewild. It also means that the band have shifted gears away from the melancholy jangle of previous comeback albums towards a more energetic, blues-rock-inspired, country-rock adjacent sound. Hearing banjos and harmonica on a House of Love album is something of a shock, and so is the idea of the very British Chadwick delving into the byways of Americana and wrapping his arching, sneering vocals around tunes that rollick and weep like the offspring of Lee Hazlewood and the Band. The opening "Sweet Loser" shuffles morosely, pushed along by biting guitars that growl and slide alongside a wailing harmonica and Chadwick's mean-tempered vocals. It doesn't sound like anything the band have attempted before, and it almost works. The same goes for the rest of the songs that dip a pale toe into blues-rock tropes. The strutting grind of "Melody Rose" is overdone; by the time the overdriven guitar solo wanders in, one is ready to move to the next track. Unfortunately, that one -- "Clouds" -- features cliched, burly guitar riffing matched with an underfed rhythm section. Much better are the songs that lean into C&W troubadour territory. "Light of the Morning" is the kind of maximalist attempt at the genre Primal Scream keeps trying that comes complete with gospel backing vocals, banjo, harmonica, and, luckily, some big, fat hooks. It's showy, a little silly, and, not coincidentally, a whole bunch of fun. So is the light-hearted rambler "Queen of Song." The more subdued forays into C&W storytelling are also successful, with Chadwick bringing some lightly weathered experience to the vocals, and the band displaying a lighter touch than they do on the plodding blues-rock tracks. "Just One More Song" even trips lightly into mid-'70s lachrymose barroom balladry with surprisingly decent results. The uneven returns of those explorations into new genres could have been avoided if they had just stuck to their guns and cranked out some more familiar sounds. The songs that work the best here are definitely those that stick closest to classic HOL territory. "Into the Laughter" pairs a nice melody with some circular, Bickers-like guitar swoon, and the title track has a propulsive beat, crashing guitars, and a chorus that has the catchiness their best work has always delivered. A couple more like this, and cut out all the blues-rock, and State of Grace might have been a solid entry in their CV instead of the misfire it is.
(by Tim Sendra, All Music Guide)
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Kratzen: "Zwei" (Eigenvertrieb, Sep. 2022) |
[Locas In Love |
kratzen.bandcamp.com]
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Motorische Reflexe
Es ist kalt in Deutschland. Das wussten Kratzen aus Köln bereits 2020 auf ihrem selbstbetitelten Debüt in Songs wie "Koalition der Angst" und "Dein Ruin" oder in der Zeile "Wart nur den Winter ab / Er schrumpft die Bäume zum Gerippe." Und das zu einer Zeit, als Energiekrise und Gasumlage noch gar keine Argumente waren. Gegen sozialen Frost hilft nun mal kein Preisdeckel der Welt. Kratzen dürfte das wenigstens musikalisch egal sein: Das Trio heizt auf seinen Platten lieber mit repetitiver Rhythmusgruppe und blickdichten Gitarren-Texturen. Krautwave nennen Melanie Graf, Stefanie Staub und Thomas Mersch das Ganze – und haben vollkommen Recht: Die Altvorderen des Factory-Labels sind in Hörweite, das Kraftwerk in der nächsten Rheinmetropole läuft ächzend auf Hochtouren, Motorik-Beats und Ausdünstungen von Space-Rock sorgen für ein strenges Soundbild, in dem jede kleine Veränderung zum Ereignis wird. Selbstdiagnose: "Klug und kühl". Womit die Essenz von "Zwei" schon auf den Punkt gebracht wäre.
Da lassen sogar die Handclaps zu Beginn des Openers "Die Nacht" aufhorchen, bevor sie sich klaglos in den pumpenden Fluss von "Zwei" einreihen. Ein verkappter Dancefloor-Kracher aus dem unterirdischen Post-Punk-Schuppen? Eher weniger – aber ein umso knackigerer Einstieg in ein Album, das sein Spiel treibt mit Gleichförmigkeit, Repetition und dem diskreten Charme assoziativ ins Getümmel geworfener Textfetzen. Monotonie schadet nie – auch nicht in "Tu crois", das zwar vergleichsweise verführerisch französelt, aber letztendlich doch wirkt, als würde sich Ralf Hütter mit Reimwörterbuch zum Eiffelturm durchfragen. Also gleichsam distanziert und charmant, während die Riffs immer die gleiche Stelle blankschrubben und der wiederkehrende, reflexartige Gitarren-Pliepf bei allem Brodeln und Schieben selbstbewusste kleine Pracht verbreitet. Was Kratzen nicht nur in ihrer relativen Ungooglebarkeit, sondern auch in puncto Hypno-Qualitäten mit den verblichenen britischen – aha – Indie-Krautrockern Appliance eint.
Feinsinnige Licks müssen dabei genauso mit auf die "Reise" wie unsanft hineingrätschende Riffs, ehe die dröhnenden Wuchtbrummen "Unten" und "Alles" von innerer Getriebenheit künden – mit Mersch als ungerührtem Kommentator suburbaner Un-Idylle und (post-)pandemischer Verunsicherung, die auch aus der zaghaft bei Tocotronic anklopfenden Akustik-Skizze "Was uns verbindet" spricht. Nicht der einzige Moment, in dem sich "Zwei" vorübergehend die Ruhe antut: "Still" träumt sich mit arglosen weiblichen Vocals und Glühwürmchen-Orgel in selbstvergessene Stereolab-Lieblichkeit, die kosmische Kurierfahrt "Glauben" stößt als schnittiger Raumgleiter in einen schillernden Spiralnebel vor. Beinahe möchte sich "Zwei" schon entspannt zurücklehnen – doch da macht "Geheimnis" nicht mit, lässt ungemütliche Reverbs zustechen und holt zum Schluss den pointiertesten Bass-Schlagzeug-Groove dieses köstlich schattigen Albums raus. Denn: "Uns verbindet ganz allein die Dunkelheit." Beleuchtungsorgie war gestern.
(Thomas Pilgrim, www.plattentests.de)
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Charles Lloyd: "Trios 2 - Ocean" (Universal/Blue Note, Sept. 2022) |
[Blue Note]
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Ocean is the second volume in saxophonist Charles Lloyd's 2022 Trios series, all recorded with different personnel. This one finds Anthony Wilson on guitar and Gerald Clayton on piano. Both men are members of his Kindred Spirits ensemble. The set was livestreamed during the pandemic on September 9, 2020 from the stage of the Lobero Theatre in Santa Barbara, California sans audience. Lloyd has spent his career integrating jazz, blues, and American styles with the music of other global traditions. One of his qualities is that no matter how far afield he travels, his clear, emotive tone keeps the music, no matter how exotic, readily and honestly accessible.
There are four long tunes here, all originals by Lloyd. Opener "The Lonely One" commences with spectral resonance as the tenor emits long breathy notes, Clayton builds sparse minor shapes as Wilson delivers soft, flamenco-esque arpeggios. After two minutes, Lloyd's horn introduces another theme that winds around the guitar as Clayton flows purposefully and distinctly around them with a deeply inquisitive solo. Moods and dynamics shift, shorter accents and solos emerge and retreat, and the band gels around Lloyd's mysterious, Latin-tinged modal assertions. The saxophonist pulls out his mostly neglected alto in "Hagar of the Inuits." He improvises solo for a couple of minutes before a call-and-response exchange with Clayton -- whose knotty chords deliberately draw on Monk -- before Lloyd quotes briefly from John Coltrane's "A Love Supreme" and Wilson slips in spiky blues runs dictating the pianist's shift to a 21st century take on boogie woogie. "Jaramillo Blues (For Virginia Jaramillo and Danny Johnson)" was composed for two artists -- she's a painter,he's a sculptor. Lloyd leads this swinging 12-bar blues with the flute. Wilson's chordal vamps bridge Clayton's rhythmic keyboard. It's bright, with lots of subtle movement and tonal shading underneath. The sequential exchanges and turnarounds between pianist and guitarist are canny. Wilson's massive wall of shapes offers abundant textural support for Clayton's punchy, walking chordal solo. He seamlessly shifts to comping as the guitarist offers an elegantly articulated solo that touches on the jazz guitar's history from Charlie Christian to T-Bone Walker to Jim Hall. Lloyd rejoins for the last few minutes as the conversation becomes sprightly and jovial. Closer "Kuan Yin" is titled for the Chinese goddess of mercy and compassion -- she is known as Tara in Tibetan Buddhism. Clayton introduces it by playing percussively, dampening the lower strings from inside the piano. He follows by establishing a minor-key rhumba rhythm with Wilson before Lloyd tentatively introduces the melody. Before long, he ratchets its intensity as the pianist cascades single-note runs and illustrative chords with colorful, gorgeously toned rhythmic articulation from the guitarist. Behind Lloyd they build to a dynamic group crescendo before whispering to a fade. Ocean offers a document of spontaneously created music-making of a very high order. A snapshot of a moment in time, the energy, creativity, and surprise offered here are a delight.
(by Thom Yurek, All Music Guide)
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Stereolab: "Pulse Of The Early Brain [Switched On Volume 5]" (Warp/Duophonic UHF Disks, Sep. 2022) |
[Refried Ectoplasm [Switched On Vol. 2] (1995) |
Electrically Posessed [Switched On Vol. 4] (2021) ]
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Remastered von den Originalbändern, erscheinen auf 2CD und 3LP, weitere 21 Tracks, angefangen 1992 in Stereolabs Frühphase bis zum Jahr 2008, darunter Aufnahmen aus superlimitierten 7inch- und EP-Miniauflagen, rares Bonusmaterial, exklusive Compilation- und Kunstaustellungsbeiträge, Kollaborationen mit Nurse With Wound und ein Autechre-Remix.
Zudem gibt es komplett unveröffentlichtes Material in Form von der 2004er Live-Version von »Cybele's Reverie« (aus dem »Emperor Tomato Ketchup« Klassiker (1996)), des ursprünglich für eine Skulptur von Charles Long geschriebenen »Robot Riot«, der Originalversion von »Plastic Mile« (aus der Compilation »Fab Four Suture« (2006)) sowie der Demoversion von »Ronco Symphony« (aus dem 1993er Minialbum »The Groop Played Space Age Batchelor Pad Music«).
Es gibt viel zu entdecken, gerade auch für Fans, die bis jetzt nicht unbedingt jede noch so kleinteilige Veröffentlichung der Engländer auf dem Schirm hatten. Tipp!
(Audio, September 2022)
›Pulse Of The Early Brain‹ funktioniert wie ein repräsentativer Steckbrief für eine der innovativsten Rockbands der 1990er-Jahre.
(stereoplay, September 2022)
Considering how consistently Stereolab collects their hard-to-find releases -- and the wealth of bonus tracks on the late-2010s reissues of their albums -- it's remarkable that there's anything left in their vaults. However, Pulse of the Early Brain: Switched On, Vol. 5 proves there is still plenty of value in the band's archives. Track for track, it may be one of the shorter installments of the Switched On series, but it offers a generous amount of music, not the least of which is the pair of releases that comprise its first half. Pulse of the Early Brain begins with Simple Headphone Mind, a 1997 limited-edition collaboration with Nurse with Wound that transforms "The Long Hair of Death" (which appeared in its original form on a spilt single with Yo La Tengo and on Switched On, Vol. 3: Aluminum Tunes) into euphoric, psychedelic motorik. Though the blobby Moogs and unfazed lockgroove on the title track are expected, the way they're combined is exhilarating, and even more so on "Trippin' with the Birds," which elaborates on the project's themes with fractal-like intricacy.
As welcome as it is to have Simple Headphone Mind widely available, the most significant release collected on Pulse of the Early Brain is the Low Fi EP. Arriving in September 1992 -- shortly after Stereolab released the first Switched On -- the EP fell through the cracks of the band's reissues for 30 years. That's something of a shame, since it's Stereolab's first release to feature beloved vocalist/keyboardist Mary Hansen and longtime drummer Andy Ramsay, both of whom make their mark on the EP's blissfully loud and transporting rock. On "Low Fi" and "Laisser-Faire" (a brilliant live version of which appeared on ABC Music: The Radio 1 Sessions), the vocal interplay between Hansen and Laetitia Sadier and the fuzzed-out keyboards and guitars cresting and crashing over Ramsay's bashed kit is early 'Lab at its finest. Later, "Elektro [he held the world in his iron grip]" morphs from analog synth shenanigans to weightless pop guided by Sadier and Hansen's counterpoint, capturing how the group made these shifts seem effortless.
Pulse of the Early Brain's second half goes deeper into eclecticism, juxtaposing concise tracks such as the buzzy, previously unreleased "Robot Riot" (which the band composed for their Music for the Amorphous Body Study Center collaborator, Charles Long) and the chamber-pop whimsy of Chemical Chords bonus tracks like "Spool of Collusion" with the avant-garde sci-fi jazz of "Symbolic Logic of Now!" and Autechre's spectral yet hard-hitting remix of "Refractions in the Plastic Pulse" for maximum impact. Though a handful of tracks fall into the category of fun but not essential, Pulse of the Early Brain feels more necessary than some of the previous Switched On volumes. As it covers a wide swath of the band's career, it provides a few surprises for even the most avid fans -- and whether listeners are hearing these songs for the first time or the first time in a long time, they sound equally great.
(by Heather Phares, All Music Guide)
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Arctic Monkeys: "The Car" (Domino, Okt. 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz17im Musikexpress und Platz14im Rolling Stone!
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»The Car« ist das siebte Studioalbum der Arctic Monkeys und enthält zehn neue Songs, die von Alex Turner geschrieben und von James Ford produziert wurden.
Aufgenommen wurde das Album in Butley Priory, Suffolk, den RAK Studios in London und La Frette in Paris. Nach dem 2018 erschienenen Album »Tranquility Base Hotel + Casino« finden sich die Arctic Monkeys auf »The Car« in einer neuen, üppig orchestrierten musikalischen Landschaft wieder und bieten einige der besten und beeindruckendsten Gesangsdarbietungen in der Karriere von Alex Turner.
Alex Turners Gesang ist ein Pluspunkt, er lehnt sich entspannt an Frank Sinatra an. Himmlisch!
(STEREO, Dezember 2022)
Die Arctic Monkeys sind erwachsen geworden und klingen dabei so betörend wie nie zuvor.
(VISIONS, November 2022)
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Pete Astor: "Time On Earth" (Tapete, Okt. 2022) |
[The Weather Prophets ]
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»Der Meister des weniger ist mehr« - The Guardian Pete Astor ist Musiker, Schriftsteller und Pädagoge. Er war Kopf der Creation-Records-Bands The Loft und The Weather Prophets und hat Songs geschrieben und Alben veröffentlicht, die dazu beigetragen haben, den Sound des Labels und des aufkommenden Indie-Genres zu definieren.
Im Laufe seiner langen Solo-Karriere hat er seine Musik auf Labels wie Matador, Heavenly, Warp, EMI und Fortuna Pop veröffentlicht. Er ist Dozent für Musik an der University of Westminster. Er tourt nicht nur ausgiebig, sondern macht auch Platten mit David Sheppard unter dem Namen Ellis Island Sound und veröffentlicht als The Attendant mit der Hilfe von Ian Button Spoken-Word-Aufnahmen auf seinem Label Faux Lux. Seit 2017 ist Astor bei Tapete Records, wo neben vielen weiteren namhaften Künstlern auch Robert Forster, Lloyd Cole und Comet Gain unter Vertrag stehen.
Konzerthighlight: Grend, Essen-Steele, 12.05.2023
An dem Abend war aber auch eine Probe meiner Rockband, den Rusty Nails angesetzt. Musikselbermachen hat bei mir
eigentlich klaren Vorrang vor Konzertbesuchen, aber die lange Konzertpause (ich will hier nicht weiter auf das
C-Wort als Ursache eingehen) hat mich schweren Herzens dazu gebracht, auf diese Probe zu verzichten und an dem
Freitagabend zu dem kleinen, schnuckeligen Club im Essener Süden zu fahren, auch wenn ich den von mir sehr
geschätzten britischen Sänger und Songschreiber nicht unbedingt sehen MUSS, aber eben doch sehr gerne sehen MÖCHTE.
Ganz anders als bei Konzerten fielen während der C-Pause nur in den ersten Monaten die eigenen Musikproben aus.
Mein Probeentzug ist also deutlich geringer als mein Konzertentzug, sei es als Akteur oder als Teil des Publikums.
Für die Anreise nach Steele habe ich den ÖPNV genutzt. Die Verbindung vom Oberhausener HBF zum Bahnhof Steele ist
dafür perfekt. Dann fünf Minuten zu Fuß durch die Steeler Altstadt zum Club. Dort konnte ich dann vor etwa 10-20
weiteren Zuschauern den wunderschönen Auftritt von Pete Astor und seinem Partner an der E-Gitarre genießen, bei dem
Gesangs- und Gitarrentöne nur von zwei in großem Abstand aufgestellten Raummikrophonen in ebendiesen übertragen wurden.
Zwischen den Liedern gab es in charmant unperfektem Deutsch viele Anekdoten vom Sänger, etwa über seinen taxifahrenden
deutschen Großvater aus Hamburg und seinen verstorbenen Freund und Kollegen, dem Jazzbutcher, aber vor allem hat er
sich augenzwinkernd immer wieder an seinen eigenen Defiziten abgearbeitet, die ihn in seinen Augen nicht so erfolgreich
machen wie Bono.
Insgesamt ein wunderbares Konzert, in dem alle meine Lieblingslieder seiner alten Band, den Weather Prophets, zu hören
waren. Und genauso wie ich hat Astor viele Lieder über den Regen.
(14.05.2023)
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The Düsseldorf Düsterboys: "Duo Duo" (Staatsakt, Okt. 2022) |
[International Music]
Die Jahrescharts 2022: Platz6im Musikexpress und Platz30im Rolling Stone!
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The Düsseldorf Düsterboys sind Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti, die inzwischen viele Musikliebhaber in diesem Land als die unverkennbaren Stimmen von International Music kennen dürften. Ihre Alben »Die besten Jahre« und »Ententraum« halten nicht wenige für die stärksten deutschsprachigen Platte der letzten Jahre. Nun folgt mit »Duo Duo«, das zweite Album von The Düsseldorf Düsterboys, die Peter und Pedro als Duo schließlich schon lange vor International Music gegründet haben.
»Es heißt, dass, wenn man zwei Minds zusammenbringt, immer ein dritter Mind entsteht, ein dritter überlegener Mind, ein unsichtbarer Kollaborateur«, so haben es einst William S. Burroughs und Brion Gysin zusammen in ihrem Buch »The Third Mind« formuliert und müssen dabei so etwas wie »Duo Duo«, das zweite Album von The Düsseldorf Düsterboys im Kopf gehabt haben. Denn wie sich hier Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti an ihren Klampfen zärtlich die Worte zuspielen, sich im Vortrag ganz selbstverständlich und voller Liebe für die Musik abwechseln, mal in die zweite Stimme wechseln und wieder zurück in den Leadgesang, das klingt eben alles so viel größer als nur zwei Menschen, die zusammen ein paar Lieder für uns spielen. Wie scheinbar unbeschwert sie uns teilhaben lassen an ihren assoziativen Sprüngen zwischen lässigen Alltagsbeschreibungen und wunderschöner Poesie, zwischen Kopfkissen und Metaphysik, oder um es mit den Düsterboys und dem Album-Opener »Stars / Sternchen« zu sagen: »So viel gesagt, so viele Wolken. In meinem Zimmer vergeht ein halber Tag! Take me higher!«
Die Leichtigkeit - trotz durchaus vorhandener Melancholie – liegt nicht zuletzt an der Vertrautheit der beiden, die sich schließlich schon seit der Jugend kennen, aber auch daran, dass sie sich so hervorragend ergänzen. Während sich Pedro ansonsten eher zur Literatur hingezogen fühlt, beschäftigt sich Peter mit Kompositionsarbeiten für größere Ensembles (einen kleinen Eindruck davon bekommen wir auf diesem Album im großen Finale von »Lavendeltreppen«) - was andererseits nicht heißen soll, dass der eine vom anderen nichts versteht, ganz im Gegenteil.
»Duo Duo« handelt von einer funktionierenden Partnerschaft. Das macht vor allem die Liebeslieder auf diesem Album so herrlich doppeldeutig, wenn es etwa in der ersten Single »Ab und zu« heißt: »Denn wenn es auch mir gefällt / Und dann auch Dir gefällt / Wenn es uns beiden gut gefällt«, ist vollkommen unklar, ob sich hier die beiden Künstler als Paar ansingen, oder ob die Botschaft sich an die Zuhörer*innen wendet, die wiederum an mögliche weitere Personen denken. So kommt es beim Hören mitunter zu interessanten doppelten Dopplungen: Duo Duo in Stereo!
Was die musikalischen Einflüsse angeht, so ist der outernational Folk-Pop auf »Duo Duo« nicht weniger vielschichtig bzw. eindeutig uneindeutig: Es gibt Einflüsse aus der Folk-Musik, aus dem brasilianischen Tropicalismo, manches erinnert an Kirchenchoräle, anderes wiederum an die Anti-Folk-Bewegung der frühen Nullerjahre oder good old Velvet Underground (»Gangster«).
Mitunter alles zusammen in einem Song! So hat man hat beim Hören das Schloss Waldeck und seine quarzenden Barden genauso im Kopf wie das Monterey-Festival und seinen kosmopolitischen Esprit. Bei allem Retro-Verdacht - einige Chorstimmen auf diesem Album stammen tatsächlich aus dem Sampler - ist »Duo Duo« in jedem Fall eine Pop-Musik der Gegenwart! Sowieso: Was sind schon 500 Jahre Musikgeschichte, wenn man sich im Vortrag so viel Zeit lassen kann wie The Düsseldorf Düsterboys?! Man möchte fast »zeitlos« sagen, aber das sollen die Hörer*innen der Zukunft selbst entscheiden.
Mit »Adieu Adieu« befindet sich on top eine Cover-Version auf dem Album, die vielleicht mehr über den musikalischen Freiraum der Düsterboys aussagt, also weitere tausend Zeichen Info-Text: Das besagte Lied stammt von William Cornish, einem englischen Komponisten aus dem 16. Jahrhundert, dem die Düsterboys in ihrer Version einem Samba-Rhythmus verpasst haben: »Für mich bringt dieses Stück zwei traditionelle Feelings zusammen, Europa und Brasilien«, sagt Pedro, der biografisch ebenfalls auf beiden Kontinenten verwurzelt ist, über den Song. Mit »2016« gibt es zudem eine schöne autobiographische Bestandsaufnahme zu betrachten, in der sie einen hübschen Querverweis zu ihrer zweiten Band International Music und dem Song »Für alles« herstellen: »2016 war ein wunderschönes Jahr / Wir haben ein Haus gebaut / wo früher Wiese war / Du kennst den Monat und verwechselst nur das Jahr / was das bedeutet ist mir immer noch nicht klar!«.
So ist »Duo Duo« eine weitere Station in der Karriere dieses außergewöhnlichen Künstlerpaars, immer zwischen zwei Bands und zwei Stühlen, aber in der Musik für immer vereint. Oder wie würden Sie es beschreiben?
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Dungen: "En Är För Mycket Och Tusen Aldrig Nog" (Mexican Summer, Okt. 2022) |
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Dungen mit ihrer neuen Platte »En Är För Mycket och Tusen Aldrig Nog«
Gustav Ejstes war schon immer unterwegs. Der schwedische Musiker macht seit zwei Jahrzehnten Platten als Dungen, und obwohl er seit seinem Durchbruch Ta det lungt 2004 als einer der abenteuerlustigsten Musiker in der psychedelischen Musik gepriesen wird, war Psych für Ejstes immer nur ein Ausgangspunkt. Oder vielleicht ist es eher so etwas wie ein Ethos – Psych mit seinem Versprechen der Erforschung, der Art und Weise, wie es der Suche nach neuen Sounds Priorität einräumt, das alte Ich hinter sich lässt, in den Äther abtaucht, um zu sehen, was es sonst noch gibt.
»En Är För Mycket och Tusen Aldrig Nog« (One is Too Much and a Thousand is Never Enough) ist die erste Dungen-Platte seit Häxan aus dem Jahr 2016 und das erste richtige Dungen-Studioalbum seit der Veröffentlichung von Allas Sak im Jahr 2015.
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"Die Nerven" (Glitterhouse, Okt. 2022) |
Die Jahrescharts 2022: Platz2im Musikexpress und Platz12im Rolling Stone!
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Wie entscheidet man eigentlich, im Laufe einer Karriere ein Album mit dem eigenen Bandnamen zu betiteln? Und warum ist dieses fünfte (offizielle) Studioalbum von Die Nerven dann auch noch ihr erklärt schwarzes Album? Weil es wie ein Monolith dastehen wird, in der Tradition der schwarzen Alben von Metallica, Jay-Z und Prince? Das wird die Zeit zeigen.
Titel und Farbe markieren jedoch ganz unmissverständlich: »Die Nerven« von Die Nerven ist für Kevin Kuhn (Schlagzeug), Julian Knoth (Bass und Gesang) und Max Rieger (Gitarre und Gesang), die 2010 mit einer Explosion in die Stuttgarter Noise-Szene sprengten und sich in den letzten zwölf Jahren zu einer der profiliertesten Rockbands des Landes entwickelt haben, ihr bisher wichtigstes Album.
Die Optimal-Media-Pressung weist das gewohnt hohe Niveau und keinerlei Störgeräusche auf.
(MINT, November 2022)
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"Sylvie" (Full Time Hobby, Okt. 2022) |
[Matthews Southern Comfort: Later The Same Year |
Sam Burton |
Marina Allen]
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Sylvie heißt eine neue Folk-Rock Band aus Südkalifornien, die von Ben Schwab und seinen kalifornischen Freunden gegründet wurde. Auf Sylvies selbstbetiteltem Album singen als Gäste Marina Allen und Sam Burton, und Bens Vater John kehrt noch einmal ans Mikrofon zurück und singt bei »50/50« und »Rosaline«. Neben Connor Gallagher (Pedal Steel), Sam Kauffman Skloff (Drums) und JJ Kirkpatrick (Horns) spielt Ben alle anderen Instrumente selbst. Sylvies Album ist ein Muss für alle Westcoast-Romaniker, die Fans von Fleetwood Mac, Robert Wyatt, Jackson Browne, Spencer Cullum sind.
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Bobby Weir & Wolf Bros: "Live In Colorado Vol. 2" (Third Man, Okt. 2022) |
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»Bobby Weir & Wolf Bros: Live In Colorado Vol 2« erscheint im Oktober 2022 über Third Man Records und ist der Nachfolger des ersten Bandes der von der Kritik hochgelobten Live-Sammlung.
»Bobby Weir & Wolf Bros: Live In Colorado Vol. 2« enthält weitere Songs, die bei den Live-Auftritten der Band im historischen Red Rocks Park & Amphitheatre in Morrison, Colorado, und im Gerald R. Ford Amphitheater in Vail, Colorado, im Juni 2020 aufgenommen wurden, darunter die Grateful Dead-Klassiker »Ripple« und »Brokedown Palace« sowie Covers von Merle Haggard und Marvin Gaye.
Diese Shows waren die ersten Live-Konzerte der Gruppe vor Publikum seit über einem Jahr und wurden von Greg Leisz an der Pedal Steel und The Wolfpack begleitet: Alex Kelly, Brian Switzer, Adam Theis, Mads Tolling und Sheldon Brown. »Es ist zu lange her«, sagte Weir über die Auftritte, »aber ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen, um wieder damit anzufangen...«
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Seth Avett: "Sings Greg Brown" (Thirty Tigers/Ramseur, Nov. 2022) |
[Greg Brown: The Poet Game]
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Neues Solo-Album von Seth Avett von den Avett Brothers (sein erstes in 5 Jahren), mit Songs, die von dem gefeierten Folksänger Greg Brown geschrieben wurden, dessen Lieder auch von Joan Baez, Willie Nelson, Lucinda Williams, Carlos Santana, Ani DiFranco, Gillian Welch, Mary Chapin Carpenter und anderen aufgeführt und aufgenommen wurden.
Greg Brown ist der ultimative Songwriter für alle, die daran erinnert werden müssen. Im Laufe seiner mehr als vierzigjährigen Karriere hat er sich in der gleichen raren Luft wie Loudon Wainwright III und John Prine bewegt - ein scharfsichtiger Dichter und Tagebuchschreiber der menschlichen Existenz. Und er hat es größtenteils allein geschafft.
»Dieser Mann hat vierzig Platten herausgebracht, weil er es musste«, sagt Avett. »Er gründete sein eigenes Plattenlabel. Er spielte in Cafés, Bars und kleinen Theatern. Er hat es aufgebaut. Er ist ein Weltklasse-Künstler, der das alles unter dem Radar gemacht hat, was für mich einfach umwerfend ist.«
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Charles Lloyd: "Trios 3 - Sacred Heart" (Universal/Blue Note, Nov. 2022) |
[Nels Cline 4]
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Mit seinem »Trios«-Albumprojekt erfüllt sich Saxophonist Charles Lloyd einen ungewöhnlichen Traum: drei thematisch zusammenhängende Alben in jeweils unterschiedlichen Trio-Besetzungen, ein »Trio Of Trios«.
Das erste Album »Chapel« nahm er mit Gitarrist Bill Frisell und Bassist Thomas Morgan auf, es folgte »Ocean« mit Gitarrist Anthony Wilson und Pianist Gerald Clayton. »Sacred Thread« mit Gitarrist Julian Lage und Schlagzeuger Zakir Hussain bildet jetzt den krönenden Abschluss.
Trios: Sacred Thread is the third and final album in Charles Lloyd's Trio of Trios project in 2022. Its releases offer three different triads in concert settings, its players recruited from the saxophonist's vast stable of collaborators. Trios: Chapel, with guitarist Bill Frisell and bassist Thomas Morgan, appeared in June offering jazz and Latin standards and Lloyd compositions dating back to the early 1960s. Trios: Ocean, with guitarist Anthony Wilson and pianist Gerald Clayton, followed in September. Its program was composed of four originals offered as vehicles for lengthy improvisation.
Trios: Sacred Thread places the saxophonist/composer in the company of guitarist Julian Lage and Indian percussionist/vocalist Zakir Hussain. On September 26, 2020, Lloyd livestreamed this concert for a virtual audience from Sonoma County, California. It is the only one of these three releases to include percussion and vocals, and the only entry to include compositions from another member of the group: Hussain wrote three of these seven tunes.
Set opener "Desolation Sound" is a ballad that originally appeared on 2010's Mirror. Lloyd's intimate, bluesy phrasing is painted by tablas and elegant chord voicings on electric guitar. Lage's solo follows Lloyd's own tender statement with denser, dark-tinged chords and eerie single lines. The saxophonist doesn't appear on "Guman," a brief guru devotion sung by Hussain in raga style with Lage as his accompanist. It segues into Lloyd's "Nachekita's Lament" (from 1998's Canto). The track follows the raga blueprint until the middle, then Hussain's moaning vocal chant and hand drums color Lage's droning modal blues chords. Lloyd's canny flute solo engages both players as the drama increases. There is some very inventive call-and-response between guitar, tablas, and voice in the final section. Lloyd plays tárogató on Hussain's brief, spiritual interlude "Saraswati," offered for the Hindu goddess of music and art. It introduces the percussionist's "Kuti," a long ballad commenced by a lilting flute. Lage's melodic chord voicings offer assonant support as Hussain sings. Halfway through, percussion increases the tempo as Lloyd and Lage dialogue. The guitarist's solo is particularly canny, with a diverse palette of shorts lines and phrases offering a multi-dimensional harmonic foundation. An earlier version of "Tales of Rumi" appeared on 2006's Sangam (featuring Hussain). Introduced by mridangam and tablas, it bubbles and flows before his bandmates enter juxtaposing Eastern (Lloyd) and Western (Lage) themes and harmonies. Closer "The Blessing" has a long history: Lloyd first performed it live in 1983 with pianist Michel Petrucciani. He later recorded a radically different version for 1993's The Call with a quartet. This one is delivered mostly as a duo between Lloyd's resonant tenor and Lage's mysterious, constantly illustrative six-string shapes. Hussain later underscores it from the margin with carefully placed handbells to which the guitarist responds with drama. Trios: Sacred Thread is the fitting sendoff volume for the project. Its tunes are wrought with nearly symbiotic aesthetic interplay, spiritual connection, intimacy, and even tenderness.
(by Thom Yurek, All Music Guide)
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Neil Young & Crazy Horse: "World Record" (Reprise, Nov. 2022) |
[Homegrown]
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Kurz die Welt retten
Nur knapp ein Jahr nach dem grandiosen »Barn« legen Neil Young und Crazy Horse mit ihrem nächsten Album »World Record« nach.
Es ist das 42. Studioalbum von Neil Young und bereits sein 15. mit Crazy Horse. Die wiederum bestehen zum dritten Mal aus der Konstellation mit Nils Lofgren an der Gitarre, Billy Talbot am Bass und Ralph Molina an den Drums.
Der Titel »World Record« ist eine ebenso simple wie doppeldeutige Inhaltsangabe der zehn neuen Songs. Es geht um den Zustand unseres Planeten, was getan werden muss, um ihn zu retten und um die Hoffnung, dass es für diese Maßnahmen noch nicht zu spät ist. Nun ist Umweltschutz kein neues Thema für Neil Young, aber so ausgiebig und konzentriert wie hier hat er sich bislang selten zu dem Thema geäußert.
Das Album wurde, wie häufig bei Neil Young und Crazy Horse der Fall, live im Studio aufgenommen. Dazu haben sich die Musiker in Malibu im Shangri-La-Studio von Rick Rubin eingefunden, wo der Star-Produzent die Sessions gleich auf Analogband mitgeschnitten hat.
Das Ergebnis ist der gewohnt unpolierte und direkte Sound von Neil Young und Crazy Horse, der aber immer genug Raum für Details und Feinheiten lässt. Die vorab-veröffentlichten Singles vermitteln einen guten Eindruck vom Sound-Spektrum, dass man erwarten darf: »Love Earth« schlendert optimistisch-zurückhaltend und von einer Klaviermelodie getragen vor sich hin, während »Break The Chain« ein straighter Rocker ist, der nicht mit Verzerrung und Hall geizt. Zwischen diesen Polen bewegen sich auch die weiteren Songs des Albums.
Mit »World Record« legen Neil Young und Crazy Horse ihr zweites starkes Album in nicht einmal zwölf Monaten vor. Hoffentlich hören möglichst viele Leute die wichtige Botschaft, die Young und Konsorten hier verpackt haben.
Neil Young und Crazy Horse haben ein Album für und über die Welt gemacht: World Record lautet der Titel des neuen Werkes, das in Zusammenarbeit mit einer weiteren Ikone entstand, Rick Rubin, der zusammen mit Young produzierte. Die Aufnahmen fanden in Rubins Shangri-La-Studio in Malibu statt.
Die 10 lebhaften Songs des Albums befassen sich mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unseres Planeten und was es heißt, darauf zu leben. Der Ton ist dabei vorsichtig optimistisch. Es besteht noch Hoffnung, vermittelt uns Neil Young – und wenn er es sagt, muss es stimmen!
World Record ist ein Quell der Weisheit und beruht auf Beobachtungen, wie sie nur in einem langen und ereignisreichen Leben gesammelt werden können. Young, einer der kritischsten Geister unserer Zeit, erinnert sich hier voller Dankbarkeit an die reichhaltigen Erfahrungen, die er im Laufe seines Lebens an so zahlreichen Orten dieser Welt machen durfte. Er richtet seinen Blick hoffnungsvoll auf eine ungewisse Zukunft, ob wir diesen wunderbaren Planeten, als Grundlage allen Lebens, doch noch erhalten können – herausgekommen dabei ist ein Album voller unbeugsamer Kraft.
Musikalisch bewegen sich die Songs zwischen ergreifendem Folk [»This Old Planet (Changing Days)« und »Love Earth«) und kernigem Rock (»Break The Chain« und »The World (Is In Trouble Now)«]. Mit »Chevrolet« liefern Crazy Horse einen für sie typischen, monumentalen Roadtrip durch die Gitarren-Universen und gleichzeitig reflektiert Neil Young in dem Track seine Liebe zu Autos angesichts der Notwendigkeit einer Zukunft ohne fossile Brennstoffe. World Record steht für eine konsequent zukunftsweisende Vision voller positiver Energie, ohne dabei die aktuelle Umweltsituation schönfärben zu wollen. Neil Young sagt in seinen eigenen Worten in einer Nachricht im Times-Contrarian über die Arbeit an World Record: »Wahre Wunder sind für die Ewigkeit geschaffen und ich glaube, wir kommen dem Ziel der Nachhaltigkeit näher«.
Das Album wurde im Shangri-La-Studio von Produzentenikone Rick Rubin ganz in der Tradition der spontan-elektrisierenden Performances von Crazy Horse live aufgenommen und auf Analogband gemischt. Die resultierende Hörerfahrung versetzt die Fans klanglich direkt ins Studio, während Young und seine legendären Mitmusiker einfach das tun, was sie schon immer am besten konnten.
(Glitterhouse)
...oft oldschoolig und ganz akustisch zu – freilich eine Reminiszenz an Youngs frühe Alben.
(STEREO, Dezember 2022)
Dieser Mann bringt die Musik und den Raum immer noch Zum Leuchten wie kein Zweiter. Genial.
(stereoplay, Dezember 2022)
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Macie Stewart: "Mouth Full Of Glass" (Full Time Hobby, Dez. 2022) |
[James Elkington |
Steve Gunn]
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»Mouth Full of Glass« ist das Debütalbum der Chicagoer Sängerin/Songwriterin, Komponistin und Multiinstrumentalistin Macie Stewart. Ihre Geschichte ist eine der Suche nach Trost und Stärke in der Einsamkeit, wo üppige Arrangements nach der Bedeutung des Selbst suchen. Macie erforscht die Einsamkeit, aber auch das Wachstum und die Schönheit, die aus ihr erwachsen, und bewertet in ihren inneren Meditationen ihre eigenen Beziehungen mit einer einzigartigen Stimme, die für jeden wahr klingen könnte.
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(2022-10-25)
Knapper Sieger bei meiner Wahl zu meinem Album des Jahres ist die zweite Zusammenarbeit von Sängerin und Songschreiberin Anaïs Mitchell, Eric D. Johnson (ansonsten Bandleader der Fruit Bats) und Produzent und Multiinstrumentalist Josh Kaufman geworden, denn jedes der Lieder klingt einfach wunderbar.
(2022-12-28)