Rhiannon Giddens: "You're The One" (Nonesuch, Aug. 2023) |
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Frisch ausgezeichnet mit dem Pulitzerpreis für Musik 2023 für ihre erste Oper »Omar«, veröffentlicht Rhiannon Giddens im August 2023 ihr drittes Studioalbum, das neue Album der Grammy-ausgezeichneten Sängerin, Komponistin und Instrumentalistin ist zugleich ihr erstes, das ausschließlich eigene Songs enthält.
Als Rhiannon Giddens 2017 ihr letztes Album »Freedom Highway« veröffentlichte, überschlug sich die Kritik förmlich. Und es ist zu erwarten, dass es bei »You're the One« nicht anders laufen wird. Denn die insgesamt 12 Songs, geschrieben im Verlaufe ihrer bisherigen Karriere, strotzen nur so vor lebens-bejahender Energie und schlagen klanglich einen spannenden Bogen von der Folk-Musik, die Giddens kennt und beherrscht wie kaum eine andere, zu den poppigeren Klängen, die das Genre heute prägen. Das Album wurde von Jack Splash (Kendrick Lamar, Solange, Alicia Keys, Valerie June, Tank and the Bangas) produziert und in den Criteria Recording Studios in Miami aufgenommen. Mit im Studio: eine Band aus einigen von Giddens engsten musikalischen Kreativpartnern des letzten Jahrzehnts, Musikern aus Splashs eigenem Telefonbuch und eine Bläsersektion - ein beeindruckendes zehn- bis zwölfköpfiges Ensemble, das für den satten Sound des Albums sorgt.
Für die Arbeit an »You're the One« tat sich Giddens mit einigen ihrer engsten musikalischen Wegbegleitern der letzten zehn Jahre zusammen, darunter ihr Lebensgefährte, der italienische Multiinstrumentalist Francesco Turrisi, außerdem Multiinstrumentalist Dirk Powell, Bassist Jason Sypher und der kongolesische Gitarrist Niwel Tsumbu.
»...ein großartiges Album. [...] schillernde, dramatische Soulballaden, die die einschlägigen Motown- und Stax-Größen kaum besser hinbekommen hätten [...] zündende, tanzbare Groovenummern. Und stimmlich ist Giddens einfach fabelhaft.«
(GoodTimes, Oktober/November 2023)
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Buck Meek: "Haunted Mountain" (4AD, Sep. 2023) |
[Big Thief |
Jolie Holland |
Judee Sill]
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Der in Texas aufgewachsene Singer-Songwriter und Big Thief-Gitarrist Buck Meek kündigt sein neues Album »Haunted Mountain« an. Seine erste Solo-Veröffentlichung bei 4AD folgt auf das 2021er Album »Two Saviors« und handelt von der Liebe...und etwas anderem. Etwas Größerem, etwas, dass Liebe nicht wirklich herausfordert, eher im direkten Kontrast dazu steht. Eine völlige Erfüllung der Seele.
Meek gesteht ein, dass Liebeslieder für ihn die am schwersten zu schreibenden sind. Vielleicht holte sich Meek auch deshalb beim Schreiben Verstärkung in Form der Freundin und langjährigen Heldin Jolie Holland, die bei fünf von elf Songs des Albums Co-Autoren-Credits hat. Die ersten zwei Verse und der Chorus von »Haunted Mountain« stammen von der Texanerin, die diese als Liebeslied für Mount Shasta in Nord-Kalifornien geschrieben hat. Meek fügte den finalen Vers hinzu, in der gemeinsamen Suche nach dem Austausch mit der Natur.
»It's about being humbled by the thing you‹re drawing power from only at which point an actual, fair relationship begins«, erklärt er. Seit seinem selbstbetitelten Solo-Debüt sind Meeks Band-Kollegen die gleichen: Adam Brisbin (Gitarre), Austin Vaughn (Schlagzeug) und Mat Davidson (Pedel Steel, Bass). Für »Haunted Mountain« stießen noch Ken Woodward (Bass) und Meeks Bruder Dylan (Klavier, Synths) zu diesem eingeschworenen Haufen dazu. Davidson übernahm die Produktion, während Adrian Olsen, der auch die Sound Manipulation mit einem Modular Synthesizer übernahm, das Album innerhalb von zwei Wochen mixte. Der Ansatz war ein hi-fi-Album als Gegensatz zum lo-fi-Ansatz des Vorgängers zu erschaffen, während die Intimität erhalten bleiben sollte. Meek glaubt selbst daran, dass alle großen Liebeslieder noch nicht geschrieben wurden. Zwischen den Zeilen von »Haunted Mountain« hört man, dass Liebe in jeglicher Form die Erschaffung eines Zuhauses ist, von innen - für immer auf der Suche nach dem anderen.
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Hiss Golden Messenger: "Jump For Joy" (Merge, Aug. 2023) |
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Es ist Frühling 2023 im North Carolina Piedmont, und Songwriter und Sänger M. C. Taylor - Leader der Band Hiss Golden Messenger - fühlt sich lebendig. Fröhlich. Ewig, könnte er sagen. Für den Grammy-nominierten Musiker, dessen Alben seit über einem Jahrzehnt einen inneren Weg durch Erwachsensein, Vaterschaft, Spiritualität und Depression nachzeichnen, ist dies etwas Neues.
»Die Stücke auf Jump for Joy wurden in freien Momenten im Jahr 2022 komponiert, einem Jahr, in dem Hiss mehr oder weniger ständig unterwegs war«, erklärt Taylor. »Und vielleicht, weil sich die Energie nach der Pandemie in der Welt so chaotisch und unsicher anfühlte, habe ich viel über die Rolle nachgedacht, die die Musik in meinem Leben gespielt hat, und darüber, wie genau ich in der seltenen Position gelandet bin, eine Band und eine Crew rund um den Globus durch schmuddelige, mit Graffiti verschmierte grüne Räume, ehrwürdige Musikhallen und staubige Motels am Straßenrand zu führen. Manchmal vor 5.000, manchmal vor 200 Zuschauern zu spielen. Schlafen im Sitzen. Lachen, bis der Bauch weh tut. Um 3 Uhr morgens in einem anonymen Bett nicht einschlafen zu können, weil mir vor Angst oder Depression oder Adrenalin der Kopf schwirrt oder weil meine Ohren noch klingeln. Peter berauben, um Paul zu bezahlen, dann Paul berauben, um Peter zu bezahlen. Immer und immer wieder. Es ist ein gesetzloses Leben, aber eines, das mich glücklich macht, wie ich feststelle Die Songs auf ›Jump for Joy‹ - die schärfsten und autobiografischsten, die Taylor unter dem Namen Hiss geschrieben hat - lesen sich wie eine Art Briefwechsel, wie Postkarten zwischen dem heutigen Songwriter und seinem Pseudonym Michael Crow, einem jugendlichen Träumer, der Taylor selbst sehr ähnlich ist und der sich durch die 14 Songs des Albums hangelt. Auf diese Weise ist ›Jump for Joy‹ eine Meditation über ein Leben, das mit der Kunst gelebt wird, und über die Art und Weise, wie unsere Hoffnungen, Träume und Entscheidungen mit dem realen Leben zusammenstoßen - und mit ein bisschen Glück gelegentlich auch mit ihm verschmelzen. ›Durch die Erschaffung dieser Figur konnte ich diese verletzlichen, zärtlichen Momente erforschen, die so entscheidend in meinem Leben waren, auch wenn ich es zu dem Zeitpunkt nicht wusste‹, erklärt Taylor.
Produziert von Taylor und produziert von seinem langjährigen Hiss-Kollegen Scott Hirsch während zwei Wochen im Spätherbst 2022 im legendären Sonic Ranch Studio in Tornillo, TX, nur einen kurzen Spaziergang von der mexikanischen Grenze entfernt, tanzt ›Jump for Joy‹ mit fröhlicher, spontaner Energie, die sich wie ein neues Kapitel im Hiss Golden Messenger Werk anfühlt. Taylor wird während des gesamten Albums von seiner erstklassigen Live-Band begleitet: Gitarrist Chris Boerner, Bassist Alex Bingham, Keyboarder Sam Fribush und Schlagzeuger Nick Falk - eine Ansammlung von Musikern, die dazu beigetragen haben, dass die Live-Auftritte von Hiss Golden Messenger zu legendären Angelegenheiten geworden sind.
Musikalisch, textlich und konzeptionell ist "Jump For Joy" anders als alle bisherigen Alben von HISS GOLDEN MESSENGER. Hier sind vielleicht die optimistischsten und groovigsten Songs, die Bandleader, Sänger und Songwriter M.C. Taylor je gemacht hat. Wie der Albumtitel schon andeutet, durchdringt eine fröhliche Stimmung die Platte. Taylor und seine Bandkollegen Chris Boemer (Gitarre), Alex Bingham (Bass), Nick Falk (Schlagzeug) und Sam Fribush (Tasten) klingen hier sowohl straffer als auch lockerer ...
(Glitterhouse)
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Bonnie 'Prince' Billy: "Keeping Secrets Will Destroy You" (Domino/Drag City, Aug. 2023) |
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Bonnie Prince Billy hat sein 2023 erschienenes Album »Keeping Secrets Will Destroy You« in einem einzigen Raum aufgenommen, anstatt, wie durchaus üblich, für jedes Instrument ein entsprechendes Studio aufzusuchen. So nämlich ist der Klang des Albums beim Hören nahezu genauso gegenwärtig als wäre man selber mit in jenem Raum unter Menschen, die zusammen Musik machen und kommunizieren.
Das Album wurde in Louisville von Nick Roeder aufgenommen, mit Sara Louise Callaway an der Violine, Kendall Carter an den Tasten, Elisabeth Fuchsia an Bratsche und Violine, Dave Howard an der Mandoline, Drew Miller am Saxophon und Dane Waters' Stimme.
Die 12 Songs umfassen ein breites Spektrum von der Klassik bis zum japanischen Acid-Folk und darüber hinaus. Sie vermitteln ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammenhalt, die das Mark und das Herzblut dieser Musik sind.
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Sam Burton: "Dear Departed" (Partisan, Juli 2023) |
[Jonathan Wilson: "Gentle Spirit" (2011) |
Sam Burton: "I Can Go With You" (2020) |
Sylvie (2022)]
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Sam Burtons zweites Album »Dear Departed« wurde von Jonathan Wilson (Angel Olsen, Father John Misty, Margo Price) in seinem Topanga Canyon Studio mit einigen der besten Studiomusiker in LA produziert. Gemeinsam haben Wilson und Burton einen Sound geschaffen, der nicht in Retro-Pastiche abgleitet, sondern vielmehr ein beschwörendes Echo, einen Traum von der Vergangenheit darstellt. Im Vergleich zu seinem gefeierten Debütalbum »I Can Go With You« aus dem Jahr 2020 nutzt Burton hier eine weitaus größere Leinwand und verleiht den darin enthaltenen Emotionen ein neues Gefühl von Dringlichkeit und Intensität. Burton hat ein Händchen dafür, reines Laurel Canyon AM-Gold zu schürfen. Pastorale Streicherarrangements blühen im Hintergrund von Sams markantem, honigsüßem Gesang auf - wie ein moderner Campbell, Orbison oder Nilsson.
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Bela Fleck, Zakir Hussain & Edgar Meyer feat. Bakesh Chaurasia: "As We Speak" (Thirty Tigers, Mai 2023) |
[Oregon: Distant Hills |
Bela Fleck: Tales From The Acoustic Planet |
Charles Lloyd Trio: Sacred Heart]
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Schöne-Neue-Welt-Klassik – das ätherisch-atmosphärische Album von Banjo-Legende Béla Fleck, Tabla-Meister Zakir Hussain und Bass-Virtuose Edgar Meyer.
Das erste Mal, als Banjo-Legende Béla Fleck, Tabla-Meister Zakir Hussain und Kontrabass-Virtuose Edgar Meyer zusammenkamen, um ein Album zu machen, ging es ums Schreiben, nicht ums Spielen.
Fleck hatte Hussain bei einem Workshop kennengelernt, bei dem, wie Béla es ausdrückte: »Ich dachte, Edgar und ich könnten viel von ihm lernen.«
Als Fleck und Meyer später nach einem dritten Partner für ein Tripelkonzert suchten, das sie anlässlich der Eröffnung des Schermerhorn Symphony Center in Nashville schreiben sollten, dachten sie an Hussain, der mehr über das Komponieren von Orchestern lernen wollte.
Das Ergebnis war »The Melody Of Rhythm« (2009), aufgenommen mit dem Detroit Symphony Orchestra unter Leonard Slatkin. Erst als die drei begannen zu touren, um das Album zu promoten, wurde das wahre Potenzial des Trios deutlich.
Obwohl jeder seine Basis in einem anderen musikalischen Bereich hatte – Bluegrass für Fleck, klassische indische Musik für Hussain und westliche klassische Musik für Meyer – teilten sie ein Faible für Improvisation sowie die Fähigkeit, Musikgenres so beiläufig zu erreichen, wie Nachbarn vielleicht über den Zaun plaudern.
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Soft Machine: "Other Doors" (Do Yourself A Double, Juni 2023) |
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»Other Doors« ist das erste Studioalbum von Soft Machine seit dem 2018 erschienenen Album »Hidden Details« und markiert ein neues Kapitel in der Geschichte der legendären Prog / Jazz / Fusion-Band. Es bedeutet sowohl ein Ende als auch ein neuer Anfang für diese einzigartige Band, die nun seit 55 Jahren existiert.
Dieses Studioalbum ist der letzte Studioauftritt der Schlagzeuglegende John Marshall, der auf diesem Album sein ganzes Können unter Beweis gestellt hat und sich nach der Fertigstellung der Aufnahmen im Alter von 81 Jahren aufgrund anhaltender gesundheitlicher Probleme zur Ruhe gesetzt hat. Auf dem Album wird auch der Bassist Fred Baker in die Band aufgenommen, nachdem Roy Babbington, der seit 1970 in der Gruppe spielte, in den Ruhestand gegangen ist.
Das Album enthält viel großartige neue Musik und inspiriertes Spiel an den Instrumenten sowie die Neuinterpretation von zwei Soft Machine-Klassikern - »Penny Hitch« (von ›Seven‹) und »Joy of a Toy« (vom ersten Album).
Atmosphärische Improvisationen, psychedelischer Free Jazz, brennender Jazz-Rock, schreiende Gitarren, hypnotische, geloopte Altflöten, fretless Bass-Grooves, kraftvolles Schlagzeug und experimentelle elektronische Musik... Soft Machine verfolgen weiterhin ihre musikalisch ambitionierte, weitreichende, jazzbasierte Musik ohne Grenzen mit dem Ziel die ehrgeizigste und abenteuerlichsten Songs mit Herz zu schaffen, die sich die Band vorstellen kann.
Soft Machine werden von John Etheridge geleitet, der aus der gefeierten 70er-Jahre-Version der legendären Band stammt, die 1975 das hochgelobte »Softs«-Album aufnahm, und von dem herausragenden Saxofon / Flöten-Star Theo Travis (Robert Fripp/ David Gilmour/ Steven Wilson) mitgeleitet. Seit 2021 hat sich Roy Babbington aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, und sein auserwählter Nachfolger am Bass ist Fred Thelonious Baker, der seit über 30 Jahren in der Canterbury-Szene tätig ist und regelmäßig mit Elton Dean, Hugh Hopper und dem Gitarristen Phil Miller zusammenarbeitete.
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Jean-Pierre Mas & Cesarius Alvim: "Rue De Lourmel" (Owl, 1977) |
[Ralph Towner: "Solstice" |
Kenny Wheeler: "Deer Wan"]
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Fruit Bats: "A River Running To Your Heart" (Merge, April 2023) |
[Vetiver |
Bonnie Light Horseman |
Pet Parade |
Hiss Golden Messenger]
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Eric D. Johnson verweilt selten länger an einem Ort. »There's always been motion in my life between one place and another,« sagt der Fruit Bats-Songwriter dazu. Als Kind des mittleren Westens zog Johnsons Familie oft um, erst als er jedoch Jahre später als Musiker auf Tournee ging, wurde Bewegung ein zentraler Teil seiner Identität. »It weighs heavily on me - the notion of place. The places I've been and the places I want to go.« Das Gefühl für den Ort ist ein übergeordnetes Thema, das er mit Fruit Bats im Laufe seiner vielen Projekte immer wieder aufgegriffen hat.
Von den Anfängen des Projekts in den späten 90ern bis hin zu den klanglich ambitionierteren Arbeiten der letzten Jahre, hat Fruit Bats oft Liebeslieder präsentiert, in denen Persönlichkeiten und Orte zu einer Einheit verschmelzen. »The songs exist in a world that you can sort of travel from one to another. There are roads and rivers between these songs,« sagt Johnson. Diese Wege ziehen sich geradewegs durch das neueste Fruit Bats-Album mit dem treffenden Titel »A River Running to Your Heart«. Es ist die zehnte Veröffentlichung von Fruit Bats und wurde von Johnson - zum ersten Mal für Fruit Bats - zusammen mit Jeremy Harris im Panoramic House nördlich von San Francisco selbst produziert.
Nach zwei Jahrzehnten des Musizierens ist die hart erarbeitete emotionale Reife eindeutig in Johnsons (ohnehin) schon einladende Songs gesickert. Diese Entwicklung spiegelt sich wieder in einem einzigartigen Sound, der das Publikum erreicht wie nie zuvor. »A River Running to Your Heart« ist ein klanglich vielseitiges Werk, das sich vor allem mit der Frage beschäftigt, was es bedeutet, zu Hause zu sein: Sowohl physisch als auch spirituell. Und während das für einen Künstler, der ständig in Bewegung ist, wie ein seltsamer Fokus erscheinen mag, kann Heimat für Fruit Bats viele Formen annehmen, wie er auf dem Album vermittelt - vom Offensichtlichen bis hin zum Obskuren.
»A River Running to Your Heart« ist das erste Album von Fruit Bats seit »The Pet Parade« im Jahr 2021 und folgt auf Johnsons Beteiligung an dem von der Kritik hochgelobten Album »Rolling Golden Holy« des Indie-Folk-Trios Bonny Light Horseman aus dem Jahr 2022.
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Rose City Band: "Garden Party" (Thrill Jockey, April 2023) |
[Grateful Dead From The Mars Hotel |
Blues For Allah]
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Auf Garden Party beschwört der psychedelische Country-Rock der Rose City Band die weiten Räume des amerikanischen Westens und die freien Geister, die ihn ihr Zuhause nennen.
Unter der Leitung des gefeierten Gitarristen und Sängers Ripley Johnson besteht die Rose City Band aus einigen der besten Musiker des zeitgenössischen Rock: Pedal Steel-Gitarrist Barry Walker, Keyboarder Paul Hasenberg, Bassist Dewey Mahood (alias Plankton Wat), Schlagzeuger Dustin Dybvig und Sanae Yamada von Moon Duo am Synthesizer. Garden Party ist sowohl eine Feier des Sommers und all dessen, was er mit sich bringt: Freunde, die sich bei Grillpartys im Garten versammeln, kühles Bier auf einer heißen Veranda, 12-Fuß-Sonnenblumen, als auch eine Verherrlichung des Wertes und der Ruhe eines Moments der Stille; die Freuden der Zeit im Garten, um die Schönheit einer verdrehten Karotte zu würdigen, oder ein Morgen auf einer Treppe, um einen Kolibri zu beobachten. Freiheit, Zufriedenheit und Freude waren die Quellen für die Lieder; sie bringen den Zuhörer sicherlich genau dorthin.
Von den schwebenden Gitarrensoli bis zu den treibenden Rhythmen, von den eleganten Pedal-Steel-Linien bis zu den Orgel-Grooves, Garden Party hat die Energie einer Live-Band in exquisiten Details eingefangen. Garden Party ist eine Einladung, eine ausgestreckte Hand und eine fröhliche Fahrt. Wie alle großartige Musik zapft das Album das emotionale Zentrum der Zuhörer an und bringt sie an ihren glücklichen Ort - ihren Sonnenplatz. Aufgenommen im Center for Sound, Light, and Color Therapy in Portland und gemischt von John McEntire, umgibt und umarmt der Sound der Band den Hörer. Bei den letzten beiden Stücken von Garden Party» ist als besonderer Gast Sanae Yamada (Moon Duo) zu hören, die den letzten beiden Stücken einen gewissen Synthesizer-Zauber verleiht. Ripley sagt es am besten: »Ich mag es immer, wenn ein Album an einem Ort beginnt und an einem anderen endet.«
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"The Endless Coloured Ways - The Songs Of Nick Drake" (Chrysalis, Juli 2023) |
[Nick Drake Songbook]
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Eine Sammlung von dreiundzwanzig der beliebtesten Songs von Nick Drake, liebevoll dargeboten und neu interpretiert von zweiunddreißig der talentiertesten Künstler des gesamten musikalischen Spektrums, wird über Chrysalis Records veröffentlicht. »The Endless Coloured Ways» wurde von Cally Callomon, der Managerin des Nick Drake Estate, und Jeremy Lascelles, dem Mitbegründer von Blue Raincoat Music und CEO von Chrysalis Records, ins Leben gerufen und enthält unter anderem Aufnahmen von Fontaines D. C., Let's Eat Grandma, John Grant, Self Esteem, Emeli Sandé, Guy Garvey, David Gray und vielen anderen.
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Demian Dorelli: "Nick Drake's Pink Moon" (Ponderosa, Okt. 2021) |
[Pink Moon |
Covers: Nick Drake]
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Eine Hommage des italienisch-britischen Pianisten an Nick Drakes Album-Klassiker von 1972. Aufgenommen in Peter Gabriels Real World Studios
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Motorpsycho: "Yay!" (Stickman, Juni 2023) |
[Pavement ]
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Es bleibt spannend
Kein Jahr vergeht, ohne mindestens ein neues Album von Motorpsycho. Auch anno 2023 reißt der kreative Fluss der Norweger nicht ab und sie erweitern mit »Yay!« ihre umfangreiche Diskografie.
Um für die nötige Abwechslung zu sorgen, lässt das Duo auf den eher sperrigen Vorgänger ein kompaktes Werk mit vielen Melodien folgen. Statt Prog-Rock in Überlänge nun also psychedelische Leichtigkeit.
Das Album von Motorpsycho aus dem Jahr 2023. Produziert von Reine Fiske und Lars Fredrik Swahn (Dungen, Melody's Echo Chamber, The Amazing u. a.). Damit die Dinge seit 1989 unvorhersehbar bleiben, gibt es nur einen Motorpsycho.
Das brandneue 10-Track-Album setzt im Vergleich zum Vorgänger wieder auf Melodien und reduziert Musik auf greifbare und verdauliche Größe wie lange nicht mehr.
Das verdeutlicht schon die erste Single ›Patterns‹, die bereits digital verfügbar ist. Bei der norwegischen Band ging es schon immer um die Balance zwischen hart und weich, elektrisch und akustisch, Groß und Klein, Licht und Schatten … und jetzt war die Zeit reif für eine leichtere Note, auch um die Balance zum etwas sperrigen, progressiven Vorgänger zu halten.
›Yay!‹ wurde von Reine Fiske und Lars Fredrik Swahn (Dungen, Melody's Echo Chamber) produziert und ihre Produktionsarbeit verleiht dem Album eine süße psychedelische Note mit einer elektrisierenden Atmosphäre, die es aus dem oft etwas biederen Singer/Songwriter-Genre heraushebt, aber dennoch dessen Intimität beibehält.
Auch wenn sich das Album immer wieder von den Helden der späten 60er und frühen 70er Jahre inspirieren lässt, bleibt vier Raum zum Entdecken für jene Hörer, die bisher mehr die schwere progressive Seite der Band gehört haben.
Between 2017 and 2021, Norway's Motorpsycho released the sprawling "Gullvåg Trilogy," consisting of 2017's double album The Tower, 2019's The Crucible, and 2020's The All Is One (also a double), which hosted cover paintings by Håkon Gullvåg. During quarantine, they rearranged, edited, expanded, and recorded the trilogy's leftover music for 2021's double-length Kingdom of Oblivion. 2022's Ancient Astronauts' offered pandemic-era collaborations with theater troupes. Yay! is a response to all that activity. It offers shorter, hookier, less deliberately progressive songs rife with acoustic guitars, hand percussion and congas, and vocal harmonies. After converting their rehearsal space into a makeshift studio, the band recorded reams of songs. Hearing a potential album in them, they invited Reine Fisk (Dungen, Träd, Gräs och Stenar, etc.) in to produce and mix. Offered creative carte blanche, he enlisted Dungen bandmate Fredrik Swahn as engineer -- they also contribute instrumentally. Given Fiske's love of psychedelia, these ten Bent Sæther songs are drenched in its textural production tenets. The album also signifies the final outing for drummer Tomas Järmyr, who joined in 2017, leaving Sæther and Hans Magnus Ryan as Motorpsycho's sole members.
Opener "Cold & Bored" commences with layers of strummed, major-key acoustic guitars ringed with violin (Fiske), glockenspiel, and Mellotron; its lyrics balance disappointment and unfilled promises with hope, as the summery Mediterranean rhythm and melody is all sunshine. The gorgeous vocal harmonies in "Sentinels'" float between those influenced by Crosby, Stills & Nash and the spacier approach of Love. The jaunty "Dank State" reflects the aftermath of the pandemic in a joyous anthem of accountability: "Fed up with conspiracies and lies/Dank State, you have been rejected...how sweet it is to see you on your way. "W.C.A." (What Comes After) follows lyrically asking necessary questions atop an optimistic musical frame of jangling guitars, upbeat chorus vocals, and Mellotron. The set's outlier is the seven-plus-minute "Hotel Daedalus." A winding, episodic, midtempo prog rock jam, its sonic drift is laden with rumbling, distorted basses, slide guitar atmospherics from Fiske, Ryan's spiky electric leads, overdriven keys, and buoyant strings from Josefin Runsteen. The lyrics reference the fear and confusion of the pandemic before the song evolves -- musically and thematically -- into a dreamy promise of hope after its explosive midsection. Closer "The Rapture" is almost rapturous in its beauty and optimism. Layered acoustic guitars are framed by a bumping bassline, sweeping strings, and organic percussion, denoting the passage of seasons literally and metaphorically. Cold, isolation, and darkness give way to light, possibility, and communal renewal. Its explosive final two minutes are transcendent. With its evocative cover art (Pavement's Wowee Zowee anyone?), songwriting, production, and inspired performances, Yay! is a lighter, breezier side of Motorpsycho's persona that should delight fans of the band's early indie rock. But Yay! is not actually retro, nor less lyrically provocative or musically adventurous. It is, simply, the latest necessary creative gambit from these sonic psychonauts.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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M. Byrd: "The Seed" (Nettwerk, Juni 2023) |
[The War On Drugs |
Orion EP]
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Der deutsche Sänger, Multiinstrumentalist und Produzent M. Byrd sagt über sein 2023 erscheinendes Album: »Für war es für mich persönlich eine Art Heilungsprozess, von dem ich dachte, dass er es wert ist, geteilt zu werden. Das Anhören des Albums erinnerte mich daran, ein Samenkorn in meinen Händen zu halten. Es fühlte sich wie der Beginn von etwas an und symbolisierte die Geburt in Zeiten des Chaos. Wir beschlossen, dass das Album nicht mehr und nicht weniger heißen sollte als »The Seed«. »Es gibt viel Raum zwischen den Noten«, sagt M. Byrd über den Gesamtsound und die Stimmung des Albums. »Es ist eine Mischung aus intimen Momenten und weiten Horizonten. Es ist inspiriert von dem Laurel Canyon Sound inspiriert, aber wir haben die große Gitarre und das Schlagzeug. Die Texte bereichern das klangliche Erlebnis mit lebhaften Bildern.«
»The Seed« schließt mit dem nachdenklichen »Wish I Was«, das den Abschied von einem Freund musikalisch verarbeitet. »Der Song ist einem Freund gewidmet, der Selbstmord begangen hat«, erklärt M. Byrd.
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Charles Lloyd: "Trios 3 - Sacred Heart" (Universal/Blue Note, Nov. 2022) |
[Nels Cline 4]
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Mit seinem »Trios«-Albumprojekt erfüllt sich Saxophonist Charles Lloyd einen ungewöhnlichen Traum: drei thematisch zusammenhängende Alben in jeweils unterschiedlichen Trio-Besetzungen, ein »Trio Of Trios«.
Das erste Album »Chapel« nahm er mit Gitarrist Bill Frisell und Bassist Thomas Morgan auf, es folgte »Ocean« mit Gitarrist Anthony Wilson und Pianist Gerald Clayton. »Sacred Thread« mit Gitarrist Julian Lage und Schlagzeuger Zakir Hussain bildet jetzt den krönenden Abschluss.
Trios: Sacred Thread is the third and final album in Charles Lloyd's Trio of Trios project in 2022. Its releases offer three different triads in concert settings, its players recruited from the saxophonist's vast stable of collaborators. Trios: Chapel, with guitarist Bill Frisell and bassist Thomas Morgan, appeared in June offering jazz and Latin standards and Lloyd compositions dating back to the early 1960s. Trios: Ocean, with guitarist Anthony Wilson and pianist Gerald Clayton, followed in September. Its program was composed of four originals offered as vehicles for lengthy improvisation.
Trios: Sacred Thread places the saxophonist/composer in the company of guitarist Julian Lage and Indian percussionist/vocalist Zakir Hussain. On September 26, 2020, Lloyd livestreamed this concert for a virtual audience from Sonoma County, California. It is the only one of these three releases to include percussion and vocals, and the only entry to include compositions from another member of the group: Hussain wrote three of these seven tunes.
Set opener "Desolation Sound" is a ballad that originally appeared on 2010's Mirror. Lloyd's intimate, bluesy phrasing is painted by tablas and elegant chord voicings on electric guitar. Lage's solo follows Lloyd's own tender statement with denser, dark-tinged chords and eerie single lines. The saxophonist doesn't appear on "Guman," a brief guru devotion sung by Hussain in raga style with Lage as his accompanist. It segues into Lloyd's "Nachekita's Lament" (from 1998's Canto). The track follows the raga blueprint until the middle, then Hussain's moaning vocal chant and hand drums color Lage's droning modal blues chords. Lloyd's canny flute solo engages both players as the drama increases. There is some very inventive call-and-response between guitar, tablas, and voice in the final section. Lloyd plays tárogató on Hussain's brief, spiritual interlude "Saraswati," offered for the Hindu goddess of music and art. It introduces the percussionist's "Kuti," a long ballad commenced by a lilting flute. Lage's melodic chord voicings offer assonant support as Hussain sings. Halfway through, percussion increases the tempo as Lloyd and Lage dialogue. The guitarist's solo is particularly canny, with a diverse palette of shorts lines and phrases offering a multi-dimensional harmonic foundation. An earlier version of "Tales of Rumi" appeared on 2006's Sangam (featuring Hussain). Introduced by mridangam and tablas, it bubbles and flows before his bandmates enter juxtaposing Eastern (Lloyd) and Western (Lage) themes and harmonies. Closer "The Blessing" has a long history: Lloyd first performed it live in 1983 with pianist Michel Petrucciani. He later recorded a radically different version for 1993's The Call with a quartet. This one is delivered mostly as a duo between Lloyd's resonant tenor and Lage's mysterious, constantly illustrative six-string shapes. Hussain later underscores it from the margin with carefully placed handbells to which the guitarist responds with drama. Trios: Sacred Thread is the fitting sendoff volume for the project. Its tunes are wrought with nearly symbiotic aesthetic interplay, spiritual connection, intimacy, and even tenderness.
(by Thom Yurek, All Music Guide)
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Charles Lloyd: "Trios 2 - Ocean" (Universal/Blue Note, Sept. 2022) |
[Blue Note]
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Ocean is the second volume in saxophonist Charles Lloyd's 2022 Trios series, all recorded with different personnel. This one finds Anthony Wilson on guitar and Gerald Clayton on piano. Both men are members of his Kindred Spirits ensemble. The set was livestreamed during the pandemic on September 9, 2020 from the stage of the Lobero Theatre in Santa Barbara, California sans audience. Lloyd has spent his career integrating jazz, blues, and American styles with the music of other global traditions. One of his qualities is that no matter how far afield he travels, his clear, emotive tone keeps the music, no matter how exotic, readily and honestly accessible.
There are four long tunes here, all originals by Lloyd. Opener "The Lonely One" commences with spectral resonance as the tenor emits long breathy notes, Clayton builds sparse minor shapes as Wilson delivers soft, flamenco-esque arpeggios. After two minutes, Lloyd's horn introduces another theme that winds around the guitar as Clayton flows purposefully and distinctly around them with a deeply inquisitive solo. Moods and dynamics shift, shorter accents and solos emerge and retreat, and the band gels around Lloyd's mysterious, Latin-tinged modal assertions. The saxophonist pulls out his mostly neglected alto in "Hagar of the Inuits." He improvises solo for a couple of minutes before a call-and-response exchange with Clayton -- whose knotty chords deliberately draw on Monk -- before Lloyd quotes briefly from John Coltrane's "A Love Supreme" and Wilson slips in spiky blues runs dictating the pianist's shift to a 21st century take on boogie woogie. "Jaramillo Blues (For Virginia Jaramillo and Danny Johnson)" was composed for two artists -- she's a painter,he's a sculptor. Lloyd leads this swinging 12-bar blues with the flute. Wilson's chordal vamps bridge Clayton's rhythmic keyboard. It's bright, with lots of subtle movement and tonal shading underneath. The sequential exchanges and turnarounds between pianist and guitarist are canny. Wilson's massive wall of shapes offers abundant textural support for Clayton's punchy, walking chordal solo. He seamlessly shifts to comping as the guitarist offers an elegantly articulated solo that touches on the jazz guitar's history from Charlie Christian to T-Bone Walker to Jim Hall. Lloyd rejoins for the last few minutes as the conversation becomes sprightly and jovial. Closer "Kuan Yin" is titled for the Chinese goddess of mercy and compassion -- she is known as Tara in Tibetan Buddhism. Clayton introduces it by playing percussively, dampening the lower strings from inside the piano. He follows by establishing a minor-key rhumba rhythm with Wilson before Lloyd tentatively introduces the melody. Before long, he ratchets its intensity as the pianist cascades single-note runs and illustrative chords with colorful, gorgeously toned rhythmic articulation from the guitarist. Behind Lloyd they build to a dynamic group crescendo before whispering to a fade. Ocean offers a document of spontaneously created music-making of a very high order. A snapshot of a moment in time, the energy, creativity, and surprise offered here are a delight.
(by Thom Yurek, All Music Guide)
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Charles Lloyd: "Trios 1 - Chapel" (Universal/Blue Note, März 2022) |
[Blue Note]
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Mit „Trios: Chapel“ eröffnet Saxophonist Charles Lloyd, seit mehr als sechs Jahrzehnten Unikum der internationalen Musikszene und mit 84 Jahren noch immer im Vollbesitz seiner kreativen Kräfte, ein ungewöhnliches Trio-Projekt, das insgesamt drei thematisch zusammenhängende Alben umfasst, die ihn jeweils in einer anderen Trio-Besetzung präsentieren - ein „Trio of Trios“. Das erste Album nahm er mit Gitarrist Bill Frisell und Bassist Thomas Morgan auf, es folgen im Laufe des Jahres als zweite Trio-Platte „Ocean“ mit Gitarrist Anthony Wilson und Pianist Gerald Clayton, und schließlich „Sacred Thread“ mit Gitarrist Julian Lage und Schlagzeuger Zakir Hussain.
Töne wie hingetupft. Musik aus dem Irgendwo. Tatsächlich ist von Anfang an so etwas wie Magie dabei. (...) Entstanden ist Musik, deren Transparenz etwas Spirituelles hat.
(Stereo, September 2022)
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Boygenius: "The Record" (Interscope, März 2023) |
[Phoebe Bridgers |
Better Oblivion Community Center |
Phoebe Bridgers & Rob Moose: Copycat Killer]
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Genug gewartet
Es hat eine Weile gedauert, aber nun erscheint endlich »The Record«, das erste vollständige Album von Boygenius. So ist das nun einmal, wenn man es mit einer Supergroup zu tun hat. Da die Musikerinnen Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus jeweils erfolgreiche Solo-Karrieren haben, mussten fünf Jahre vergehen, ehe sich eine gemeinsame Lücke in den Terminkalendern finden ließ.
Bevor es Boygenius gab, waren die drei erst Fans voneinander und wurden dann zu Freunden. Für eine gemeinsame Co-Headliner-Tour im Jahr 2018 wollten Bridgers, Baker und Dacus ursprünglich nur einen gemeinsamen Song aufnehmen, um ihn auf der Bühne zusammen performen zu können. Doch die Arbeit im Studio war so unkompliziert und produktiv, dass vier Tage später die sechs Songs für ihre viel beachtete »Boygenius EP« im Kasten waren.
Danach kümmerten sich die Musikerinnen aber erst mal wieder um ihre Solo-Musik und veröffentlichten jede für sich erfolgreiche Alben. Als Boygenius traten sie wieder im November 2021 auf, nach einer fast dreijährigen Pause der Band. Nun steht endlich ihr Debütalbum »The Record« in den Startlöchern.
Auf dem denkt die Band ihren alternativen Indie-Pop weiter, klingt noch ausgereifter und vielschichtiger als bislang. Das Zusammenspiel von Bridgers, Baker und Dacus macht die Songs zu etwas ganz Besonderem und wie sich ihre gefühlvollen Stimmen ergänzen, führt zu regelmäßiger Gänsehaut.
Mit »The Record« ist Boygenius tatsächlich der erhoffte große Wurf gelungen. Da verzeiht man sogar die lange Wartezeit.
Das Dream-Team ist zurück: Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus vereinen ihre (Super-)Kräfte endlich auf Albumlänge.
(VISIONS, April 2023)
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Bob Dylan: "Shadow Kingdom" (Sony/Columbia, Juni 2023) |
Meine Meinung ...
Bei Bob Dylans neuer Platte habe ich das Bedürfnis, etwas tiefgründiger zu formulieren als bei meinen normalen Plattenkommentaren:
Ist das eine gute Bob Dylan Platte?
Im Prinzip Ja. Im Vergleich zu meinen Favoriten aus den Jahren, aus denen die Lieder stammen, aber wohl nicht. Aber auf jeden Fall im Vergleich zum Spätwerk.
Die Songauswahl
Die ist ziemlich gut. Natürlich fehlende einzelne, persönliche Favoriten. Das kann aber bei der Fülle guter Dylan-Songs nicht anders sein. Keines der hier gewählten Lieder würde ich aber selber von der Liste streichen.
Der Sänger
Da kann ich nur sagen: für sein Alter singt der Mann verdammt gut!
Lied für Lied
When I Paint My Masterpiece: Einerseits bewundere ich Dylans Mut, alte Songs neu zu erfinden. Allerdings gefällt mir die neue Version nicht wirklich. Ich bevorzuge die 1971er Version von The Band mit Levon Helm am Mikrophon - oder die damailige Dylan Version mit Leon Russell, die wohl als Single-B-Seite von Watching The River Flow herauskam
Most Likely You Go Your Way and I'll Go Mine: Keine Ahnung, ob mir die neue Version gefällt. Das muss ich hier mal offen lassen.
Queen Jane Approximately: Das mag ich sehr - wie schon damals das Original!
I'll Be Your Baby Tonight: Es gibt bereits so viele wunderschöne Versionen von dem Lied, auch von Dylan. Aber das hier fällt für mich wegen der musikalischen Veränderungen doch hinter das ursprüngliche Lied zurück. Neu ist eben nicht automatisch besser.
Just Like Tom Thumb's Blues: Finde ich neu gut, fand ich auch vorher schon gut.
Tombstone Blues: Eine gute Version, nicht unnötig "verwurstet". Aber besser als zuvor? Eher nicht.
To Be Alone With You: Das Lied hatte ich bisher nicht so auf meinem Radar. Kommt aber gut im neuen Klangdesign.
What Was It You Wanted: Das neueste Lied in der Setliste stammt aus den späten 80ern. Gut damals auf "Oh Mercy", gut auch hier.
Forever Young: Eines meiner Lieblingslieder von Dylan, besonders in der Version auf "The Last Waltz" oder auf "Planet Waves", das hier für meinen Geschmack unnötig verfremdet wird.
Pledging My Time: Kommt ganz gut, ist aber ein Dylan-Lied, das ich nicht so auf dem Schirm habe. Keine klare Meinung.
The Wicked Messenger: Finde ich gut, auch wenn ich gerade keine Erinnerung an die alte Version habe.
Watching the River Flow: Auch hier bleibe ich lieber bei der 71er Version mit Leon Russell, ob wohl die neue Version eigentlich nichts falsch macht.
It's All Over Now, Baby Blue: Definitiv eines meiner Lieblingslieder von Dylan, aber ich bin ein totaler Fan der Version von Van Morrison, der ähnlich wie Hendrix bei "All Along The Watchtower" die Dylan-Vorlage auf ein höheres Level gehoben hat. Mit dieser neuen Version komme ich nicht besonders klar.
Sierra's Theme: Eine schöne neue Melodie, aber hier natürlich irgendwie außer Konkurrenz.
(2023-06-11)
[Them feat. Van Morrison |
The Band: Cahoots]
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Shadow Kingdom präsentiert Dylan mit einigen Songs aus seinem legendären Backkatalog in neuen Interpretationen - darunter Fan Favorites wie »Forever Young« und »It's All Over Now, Baby Blue« sowie ausgesuchte Katalogperlen wie »Queen Jane Approximately« und »The Wicked Messenger«.
Ursprünglich für ein exklusives Streaming-Film-Event eingespielt, das im Juli 2021 lediglich in einem begrenzten Zeitraum von einer Woche ausgestrahlt wurde, ist »Shadow Kingdom« nun erstmals auf Vinyl und CD erhältlich.
Die Setlist des Albums umfasst 13 Originalsongs, die Dylan für seinen Auftritt in »Shadow Kingdom« persönlich ausgewählt hat, sowie das abschließende Instrumental »Sierra's Theme«.
Die für diesen Anlass halbakustisch umarrangierten Songs sind dabei geradezu betörend. ›Tombstone Blues‹ als entschleunigtes Rezitativ ist einer der Höhepunkte, ein geisterhaftes ›What Was It You Wanted‹ ein anderer.
(Maik Brüggemeyer, Rolling Stone Deutschland)
Er hat seit Jahrzehnten nicht besser geklungen.
(Chris Willman, Variety USA)
Die gesamte Show war ein atemberaubendes Vergnügen nach dem anderen, und der einzige Wermutstropfen war, dass sie nach nur 50 Minuten zu Ende war.
(Andy Greene, Rolling Stone USA)
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Cowboy Junkies: "Such Ferocious Beauty" (Latent, Juni 2023) |
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»Such Ferocious Beauty« ist ein Klassiker der Cowboy Junkies und eine weitere Dimension der kanadischen Lo-Fi-Band, die, nun ja, aus der Familie besteht.
Geschrieben zwischen dem langen, isolierenden Sommer 2020 und 2021, als Michael Timmins sich von seiner Familie verabschiedete, in ein Cottage reiste und sich auf das Schreiben konzentrierte, bewaffnet mit Büchern von DH Lawrence, Walt Whitman, David Whyte, der Bibel, der Odyssee und dem Wunsch, dieser Phase seines Lebens einen Sinn zu geben.
Während diese zehn Songs als akustische Rorschach-Aufnahmen von Emotionen, dem Leben und sogar dem Schicksal dienen, gibt es eine unausgesprochene gemeinsame Basis, die sie verbindet. Vom gequälten Blues von "Hell Is Real" bis zum schmachtenden Mäandern von "Knives Are Drawn", beide vom Sänger an den Hörer gerichtet, beobachtend, mahnend, den Vorhang zurückziehend. Letztendlich landen sie alle am selben Ort: dem Individuum, das in die Welt hinausschaut und sich fragt: "Wie passe ich in diese Welt? Wie kann ich meine Menschlichkeit bewahren?
While bands organized around siblings have a tradition of volatility -- think of the Kinks, the Blasters, Creedence Clearwater Revival, or Oasis -- the Cowboy Junkies are an exception. Three of the four members -- vocalist Margo Timmins, guitarist Michael Timmins, and drummer Peter Timmins -- are siblings, and the fourth member, bassist Alan Anton, has known them since childhood (he and Michael were in the same class in kindergarten). The Junkies have had the same lineup since they first formed in 1985, boasting a stability few groups of their generation can match. However, even happy families have issues to deal with, and while 2020's Ghosts was written and recorded after the death of the Timmins' mother, 2023's Such Ferocious Beauty came not long after they lost their father, who was living with dementia in his final years. Grief was the subtext of Ghosts, and on Such Ferocious Beauty, it takes center stage; these ten songs are open in their contemplation of death and its aftermath, the gnawing sense of loss, the anger and confusion brought on after losing a loved one, and the not-always-comforting contemplation of the afterlife. The group's traditionally languid sound is punctuated with occasional peals of feedback and noise from Michael's guitar, as well as the more traditionally melancholy report of the violin, and there's an edge in the sweet, smoky tone of Margo's voice that matches the more difficult mood of the lyrics. "Every man has a plan, until he's punched in the mouth," Margo sings on "Mike Tyson (Here It Comes)," and sometimes quietly, sometimes with aural chaos, this album captures the feel of being hit with the left hook of cruel fate. ("What man regards as evil, God could care less about" from "Throw a Match" sums up their less-than-rosy take on religion in a time of crisis.) Fans who have developed a taste for the sweet sadness of the Cowboy Junkies' best work may find Such Ferocious Beauty a bit strong and confrontational for their taste, but that's very much the point of this music; this isn't rooted in solace, but in exorcising the demons that come from losing loved ones, and it's a difficult but eloquent act of public mourning.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Matthews Southern Comfort: "The Woodstock Album" (Must Have, April 2023) |
[Fairport Convention 1969 |
Matthews Southern Comfort 1970 |
Plainsong 1972 |
Plainsong 1992 |
Matthews Southern Comfort 2018]
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Matthews Southern Comforts Interpretationen von Songs, die beim Woodstock- Festival aufgeführt wurden. Coverversionen von Liedern von unter anderen: The Who, Santana, C. C.R., Joe Cocker, Jimi Hendrix.
Mehr als gelungen, ohne einen schwachen Ausreißer. Chapeau!
(Good Times, Juni/Juli 2023)
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Helmut: "My Interstellar Love Life" (März 2023) |
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Das dritte Studioalbum des Berliner Songwriters Adrian Schull alias Helmut wurde mit Jazzmusikern wie Akira Nakamura und Johanna Weckesse aufgenommen und wie die Vorgänger von Marius Bubat, eine Hälfte des Kölner Elektronik-Duos COMA, co-produziert.
Helmut – My Interstellar Love Life
Neulich aka vor etlichen Wochen war ich mal wieder stöbernd bei Bandcamp unterwegs. Unter anderem habe ich nach Neuigkeiten von CASTLEBEAT gesucht. Nichts gefunden, aber es wurde mir ein gewisser Helmut empfohlen. Danke Algorithmus! Der Name klang schon mal interessant. Zudem ist der Künstler in Berlin beheimatet. Hallo Nachbar! Als erstes habe ich mir das aktuelle Album „My Interstellar Love Life“ angehört. Es setzte eine akute Begeisterung ein und dem folgte die sofortige Bestellung des analogen Datenträgers aus transparentem Polyvinylchlorid.
Meine Wertung
Nach dem Start seiner Karriere als Loop-Künstler hat Helmut zur Produktion seines Albums „My Interstellar Love Life“ eine Band rekrutiert, so richtig mit Gitarren, Schlagzeug, Keyboards und so. Hamma! Dieser Zusammenarbeit sind acht poppig groovende Songs zwischen Melancholie und Post-Rock entsprungen. Eine Mischung, die mir ziemlich gut gefällt. Mal wieder ganz was anderes! Meine Wertung: 8/10. Favoriten: „Enough“ und „Killing“.
( www.vinyl-41.de)
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Rodney Crowell: "The Chicago Sessions" (New West, Mai 2023) |
[Cover The Cover |
Ain't Living Long Like This |
Terry & The Pirates |
Jeff Tweedy]
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Wer einen Blick auf das Cover von Rodney Crowells brillantem neuen Album »The Chicago Sessions« wirft, könnte eine vertraute Anspielung auf das Debüt des legendären Songwriters von 1978 erkennen. »In vielerlei Hinsicht fühlt sich dieses Album für mich wie die allererste Platte an«, reflektiert Crowell. »Als meine Tochter Chelsea vorschlug, das Artwork ähnlich zu gestalten, ergab die Verbindung einen perfekten Sinn. Es hat etwas sehr Einfaches, sehr Unschuldiges an sich. Es sind nur ich und die Band zusammen in einem Raum, locker und live und mit viel Spaß.«
»The Chicago Sessions« wurde von Jeff Tweedy von Wilco produziert und ist in der Tat eine Rückbesinnung auf Crowells frühe Tage des Plattenmachens, aber es ist kein Nostalgietrip. Die Songs hier sind lebendig und aktuell, sie berühren alles von Liebe und Sterblichkeit bis hin zu Rasse und Religion, und die Darbietungen sind nichts weniger als berauschend, angetrieben von rauen Gitarren, Honky-Tonk-Piano und knackigen, druckvollen Drums.
Tweedy hat als Produzent ein leichtes Händchen, sein Einfluss ist subtil, aber unverkennbar, und die Abmischungen von Tontechniker Tom Schick sind dynamisch und lebendig, abwechselnd üppig und geräumig an den richtigen Stellen, wobei Crowells warmer, wettergegerbter Gesang stets im Mittelpunkt steht. Nimmt man alles zusammen, erhält man eine meisterhafte, generationsübergreifende Zusammenarbeit, die sich gleichzeitig frisch und vertraut anfühlt, ein prägnantes, einnehmendes Werk, das auf Schritt und Tritt ein Gleichgewicht zwischen sorgfältigem Handwerk und freudiger Befreiung herstellt.
...gehaltvolle wie abwechslungsreiche Crowell-Songs von bluesigem Shuffle über Honky Tonk bis Roots Rock mit tief schürfendem Sinnieren über Sterblichkeit, eine schlimme Welt, Rassismus und Religion.
(Good Times, Juni/Juli 2023)
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Graham Nash: "Now" (BMG Rights, Mai 2023) |
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Der zweifache Rock & Roll Hall of Famer und Gründungsmitglied der Hollies sowie von Crosby, Stills & Nash, Graham Nash, meldet sich mit seinem ersten Studioalbum mit neuem Material seit sieben Jahren zurück. Now wurde von Nash und seinem langjährigen Tour-Keyboarder Todd Caldwell produziert.
»Ich glaube, dass mein neues Album Now das persönlichste ist, das ich je gemacht habe. An diesem Punkt in meinem Leben ist das wirklich etwas, das man sagen kann«, so Nash.
Zusätzlich zu seinen zwei Eintritten in die Rock & Roll Hall of Fame (mit Crosby, Stills & Nash und den Hollies) ist Nash zweimal in die Songwriters Hall of Fame aufgenommen worden - als Solokünstler und mit CSN. Nashs bemerkenswertes Werk begann mit den Hollies in den Jahren 1964 bis '68. Seine Beiträge zu Crosby, Stills & Nash, Déjà Vuare und den Hollies mit Titeln wie »Marrakesh Express«, »Pre-Road Downs«, »Lady of the Island«, »Teach Your Children« und »Our House« gehören zur musikalischen DNA in der amerikanischen Musikgeschichte.
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The Church: "The Hypnogogue" (Easy Action, Mai 2023) |
[Starfish]
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Die australischen Psych-Rock-Legenden The Church veröffentlichen ihr 26. Studioalbum »The Hypnogogue«.
Es gibt nur wenige Bands, die in ihr fünftes Jahrzehnt des Musikmachens eintreten und dabei noch so viel kreative Energie wie in ihren Anfangsjahren haben. Nur wenige Bands können 26 Studioalben vorweisen. Nur wenige Bands sind wie The Church.
Mit ihrem monumentalen Konzeptalbum »The Hypnogue« verfeinern The Church ihren unverwechselbaren Sound, ohne dabei ihre kreativen Schritte zu wiederholen. Das Album enthält die kürzlich veröffentlichten Singles »The Hypnogue«, »C'est La Vie« und »No Other You« und bietet einen Pool aus melancholischen Tönen und psychedelischen Schwingungen, die den Hörer in eine andere Welt entführen, geleitet von einer beeindruckenden Science-Fiction-Erzählung.
Das renommierte fünfköpfige Line-up besteht aus Bassist, Sänger und Bandgründer Steve Kilbey sowie dem langjährigen Mitstreiter, Schlagzeuger und Produzenten Tim Powles, der seit 1994 auf 17 Alben mitgewirkt hat. Hinzu kommt der Gitarrist Ian Haug, der seit 2013 in der Band mitspielt und früher bei den australischen Rock-Ikonen Powderfinger spielte. Das tourende Multiinstrumentalisten-Talent Jeffrey Cain ist seit dem Ausstieg von Peter Koppes Anfang 2020 nun ein Vollzeitmitglied. Der neu rekrutierte Ashley Naylor ist einer der besten Gitarristen Australiens und langjähriges Mitglied von Paul Kellys Touring-Band. Mit dem Eintritt in ihr viertes Jahrzehnt als Band bleiben The Church weiterhin eine hoch geschätzte kreative Kraft.
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The Wood Brothers: "Heart Is The Hero" (Thirty Tiger/Honey Jar, Apr. 2023) |
[One Drop Of Truth |
Oliver Wood]
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Die Wood Brothers haben gelernt, auf ihr Herz zu vertrauen. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sie ihren Ruf als freidenkende Songwriter, Straßenkämpfer und Community-Builder gefestigt und einen Katalog vielfältiger Musik und ein treues Publikum geschaffen, das über die Jahre mit ihnen gewachsen ist.
Diese Entwicklung setzt sich mit »Heart is the Hero«, dem achten Studioalbum der Band, fort. Dieses neueste Werk wurde analog auf 16-Spur-Band aufgenommen und zeigt, dass die drei Musiker die Chemie ihrer gefeierten Live-Shows nutzen, indem sie ihre Auftritte in Echtzeit direkt im Studio einfangen, ohne dass ein Computer in Sicht ist. »Heart is the Hero« ist ein akustisches Album, das elektrisiert und mit Songs bestückt ist, die nicht nur das Herz, sondern auch den Kopf und die Hüften ansprechen.
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Sorry Gilberto: "Psychoactive Ghosts" (Solaris Empire, Juli 2022) |
[Construction Work & Stormy Weather |
Twisted Animals |
Der Rest Vom Licht |
Das Paradies]
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Das Berliner Duo Sorry Gilberto hat für sein neues Album „Psychoactive Ghosts“ zehn wunderschöne Songwriter-Folk-Pop-Songs aufgenommen
Nach sechs Jahren Pause melden sich Sorry Gilberto zurück. Das Berliner Duo Anne von Keller und Jakob Dobers präsentiert mit „Psychoactive Ghosts“ sein insgesamt fünftes Album seit dem 2008 erschienenen Debüt „Memory Oh“ und den Nachfolger des 2016 veröffentlichten „Twisted Animals“. Die zehn neuen Songs nahmen die beiden mit Hilfe von Co-Produzent Florian Sievers (Das Paradies) in dessen Berliner Studio auf. Das Album gemischt und gemastert hat Norman Nitzsche und als Gastschlagzeuger zeichnete sich Robert Kretzschmar (Kat Frankie, Masha Qrella, Albertine Sarges) aus.
Sorry Gilberto zwischen Belle & Sebastian und The Go-Betweens
Und was sind das für zehn wunderschöne, weitestgehend dem Songwriter-Folk-Pop zuzuordnenden neuen Songs, die Sorry Gilberto komponiert haben. Es geht schon mal sehr fluffig und melancholisch im Jingle-Jangle-Westcoast-Pop von „I’m Not Sorry“ los. Anne von Keller und Jakob Dobers beginnen gemeinsam mit den Zeilen „Lets’s go backwards through the sand / Let’s walk the shoreline ´til it ends“, und man möchte ihren Fußstapfen im Küstensand sofort bis zum Ende folgen, so einladend sind die filigranen Melodien dieses Albums. Nun, wir bleiben auf jeden Fall bis zum Ende des Albums auf der Sorry-Gilberto-Fährte. Da warten nämlich auf uns zum Beispiel noch das verspielt-verträumte, an Belle & Sebastian erinnernde „These Walls“ sowie das lässige, den Go-Betweens huldigende „Neighbours“.
Die hohe The-Walkabouts-Kunst
Und wem das noch nicht reicht, der wird mit dem großartigen „Easy Street“ belohnt. Belohnt insofern, als das wir hier nun wahrlich der hohen The-Walkabouts-Kunst begegnen, die sich bereits bei „Bird (On My Shoulder)“ andeutet. Wer prinzipiell an den von den Sixties inspirierten Songwriter-Pop und an sanften Psychedelic-Klängen seine Freude hat, der findet im Titeltrack „Psychoactive Ghosts“ wahrscheinlich ein neues Lieblingslied. Und wer auf versponnenen Indie-Wave-Pop steht, der freundet sich rasch mit dem etwas düsteren, aber sehr anmutigen „Animals In The Night“ an. Dieses Album zu hören bereitet große Freude.
(www.soundsandbooks.com)
14 Jahre gibt es jetzt schon das Duo Sorry Gilberto aus Berlin, das aus der Sängerin, Multiinstrumentalistin und Schauspielerin Anne von Keller und dem Sänger und Gitarristen Jakob Dobers besteht. Mit "Psychoactive Ghosts" bringen sie am 29. Juli 2022 ihr fünftes Album auf den Markt, das erste seit sechs Jahren nach "Twisted Animals" aus 2016. Das ist eine lange Unterbrechung für ein Musikprojekt. In solch einer Spanne haben sich andere Gruppierungen längst aufgelöst, umformiert oder die Richtung gewechselt. Sorry Gilberto ist hingegen in der Veröffentlichungs-Schaffenspause gereift, hat an stilistischem Umfang gewonnen und agiert jetzt noch raffinierter, seriöser und geschmackssicherer als schon zuvor. Woran auch der agile Gast-Schlagzeuger Robert Kretschmar einen nicht zu unterschätzenden Anteil hat.
"Hey Gilberto, I´m Not Sorry" lautet der Refrain zum Eröffnungs-Track "I`m Not Sorry". Eine Erkenntnis, die neue Sichtweisen und das Überwinden eines schlechten Gewissens offenlegt. Überaus galant und cremig wird der Song von einem swingenden, mild-psychedelischen Country-Folk-Thema eingeleitet und bekommt durch den ineinandergreifenden, fein aufeinander abgestimmten Duett-Gesang des Pärchens zügig eine seriös-gefasste Wendung verpasst. Entspannt-verlockende Musik, die zum vergnüglich-reizvollen Zuhören einlädt. Für "These Walls" übernimmt Anne von Keller den Lead-Gesang, den sie auf lieblich-kühle Weise über die sich teils stoisch wiederholenden, teils anziehend funkelnden Noten verteilt. Das konsequent peitschende Schlagzeug bildet dabei einen munteren Kontrast zu den verspielt-bunten Background-Tönen.
Anne und Jakob führen bei "Bird (On My Shoulder)" ein poetisch-dadaistisches Zwiegespräch, wobei das Lied seine Brecht/Weill-Wurzeln kaum verleugnen kann, diese aber durch einen frechen Pop-Anstrich effektvoll zu kaschieren versucht. Rhythmisch, melodisch und gesanglich könnte "Neighbours" auch ein Titel der australischen Alternative-Pop-Combo Go-Betweens sein. Sie präsentierten aparte Songs, welche eingängig genug waren, um im Radio zu laufen, aber dennoch über eine gewisse Widerborstigkeit verfügten, um nicht glatt zu wirken. So wie eben auch "Neighbours".
Ein langsam trottender, kräftig-gleichbleibender New-Wave-Rhythmus und eine silbrig klirrende Gitarre tragen den melodisch-ruhigen Solo- und Duett-Gesang von "Animals In The Night". Die E-Gitarre spielt zur Auflockerung sowohl Art-Rock-, Funk- wie auch Jazz-Akkorde und wird so zum Mittelpunkt des Geschehens.
Ein Tag am Strand. Da kommen bei "The Beach" zunächst positive Erwartungen auf, die allerdings ohne Vorfreude, sondern sachlich vorgetragen werden. Die Aufzählung beinhaltet allerdings auch Gedanken, die einer bedrückenden Endzeitstimmung nahekommen. Zackige E-Gitarren-Klänge, eine rauschende Orgel und ein stramm marschierendes Schlagzeug verbreiten eine ausgelassene Stimmung, die durch eine stellenweise Verringerung des Tempos etwas eingetrübt wird.
Die "Easy Street" ist eigentlich überall dort, wo Menschen für andere Menschen da sind, sie unterhalten oder sich um sie kümmern. Auf diese "Kümmerer" kann oder möchte niemand verzichten. Sie erhalten allerdings nicht den Lohn, den sie verdienen. Von Applaus oder Anerkennung alleine können sie aber nicht leben. Ein Dilemma, welches die Diskussion um leistungsgerechte Bezahlung immer wieder aufwirft. Sorry Gilberto gehen das Thema ohne Vorwürfe oder Bitterkeit an, sie sind zwar traurig über die ungerechte Wirklichkeit, wollen aber trotzdem nicht verzagen. Entsprechend melancholisch-zuversichtlich ist die Musik. Verträumte, verwehte Klänge werden von einer nachdenklich flirrenden E-Gitarre und einem unnachgiebige, aber nicht aggressiven Schlagzeug am Leben gehalten. Manchmal kann solch ein Beinahe-Klagelied sehr tröstlich sein.
Psychoaktive Substanzen verändern das Denken, Fühlen und Handeln. Die Wahrnehmung wird durch sie eine andere und das kann sich richtungsweisend auf das weitere Leben auswirken. Jene Erfahrung kann ein Schritt in Richtung Erleuchtung sein, sie kann aber auch zur Sackgasse werden. Im Stück "Psychoactive Ghosts" wird der Wunsch nach Bewusstseinserweiterung als sehnsüchtige Hinwendung zu "Ideen, die wir am meisten lieben und Orte, die eine Verbindung mit Gedanken, die wir gerne denken", beschrieben. Also als ein individueller Wohlfühl- und Erkenntnis-Kosmos. Musikalisch werden diese Überlegungen jedoch nicht esoterisch verklärt, sondern mit tatkräftigem Folk-Jazz untermalt.
Eine schwarze Lederjacke ist spätestens seit dem Film "Der Wilde" mit Marlon Brando von 1952 zum Symbol für Rebellion geworden. "Black Leather Jacket" verbreitet zwar keinen Aufruhr, nimmt aber textlich auch kurz Bezug auf die Kraft, die durch den Marlon-Brando-Auftritt geweckt wurde. Der Song setzt auf abgeklärte, dunkel-harsche Töne und ein langsames Tempo. Undurchsichtig, gleichmütig, klar strukturiert und mit freundlich-distanziertem Gesang von Anne von Keller wird über 6 Minuten Moll-lastiger Kunst-Pop zwischen Joy Divisions "Atmosphere" und David Bowies "Ashes To Ashes" erzeugt.
Beim zunächst nur von der akustischen Gitarre begleiteten Lagerfeuer-Folk "Monologues" kommt erst einmal Jakob Dobers zu Wort. Er bekommt durch den einsetzenden Harmonie-Gesang seiner Partnerin eine stützende Begleitung, so dass der Track auch wegen der noch zugesteuerten sphärischen Synthesizer-Töne seine trockene Erscheinung verliert und tiefgründig erscheint.
Sorry Gilberto haben sich mit "Psychoactive Ghosts" eindrucksvoll zurückgemeldet. Ihre Songs haben Charakter, zapfen unaufdringlich Referenzen an (z.B. João Gilberto (!!), Everything But The Girl, Rue Royale, Velvet Underground, Young Marble Giants, Joy Division, David Bowie, Belle & Sebastian) und zeichnen ein leicht halluzinogenes Bild, das zwischen Lust und Frust angesiedelt ist. Daneben hält der Spaß an Kontrasten die Songs lebendig: So erscheinen filigrane Töne neben provozierenden Rhythmen oder Schwebeklänge neben aufmunternden Takten. Die Lieder wurden so unterschiedlich ausgestaltet, dass sie mühelos über die gesamte Laufzeit von 45 Minuten für kurzweilige Unterhaltung sorgen.
(Heino Walter ?)
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Amanda Rheaume: "The Spaces In Between" (Universal/Ishkodé, Mai 2022) |
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The Spaces In Between by Amanda Rheaume is an honest, introspective, exploration of identity, unfolding across thirteen blended folk and rock songs that tell an important story.
Interwoven throughout the album are four interludes in which Métis rights leader and activist Tony Belcourt provides history of who the Métis peoples are, the attempted erasure of their history through repeated injustices and deep-rooted discrimination at the hands of the Canadian government, and its effects still seen to this day. Rheaume follows each interlude with an apropos number that not only speaks to the realities raised by Belcourt, but also stirs up and offers thoughts on how to proceed going forward. This is beautifully exemplified in the accompanying track to “Interlude 3”, where Belcourt discusses how Métis children today are unaware of the historic relationship that existed between their peoples, and how that relationship was broken generations ago. What follows is “Right By Your Side”, an anthem of hope, resilience, belief and promise in a greater future that starts with the younger generation. As the title of track four, “Death of the American Dream” proposes, perhaps it is the American dream that needs to pass away in order for something worth dreaming to be realized and actualized.
The final piece, “All Sides of Me”, presents various questions of self and identity that the listener is likely to find theirselves identifying with. This culmination hearkens to the opening track, “The Spaces In Between”, leaving the listener to contemplate not only what was learned of Rheaume and Métis peoples throughout, but also of oneself, relation to the bigger picture and joyful existence in the spaces in between – spaces that this album so wonderfully helps to illuminate.
(www.partonandpearl.com)
Konzerthighlight: Karo, Wesel, 01.05.2023
Eine Neuentdeckung für mich ist diese kanadische Sängerin und Songschreiberin, die gestern mit ihrer großartigen Band einen
überzeugenden Gig im wunderbaren Weseler Karo hingelegt hat. Zu dem Gig bin ich mit Drummer Locke eigentlich nur aus pragmatischen
Gründen gefahren, nämlich um dort die Plakate für unseren eigenen Auftritt mit W4L in drei Wochen abzugeben. Also war die
Erwartungshaltung überschaubar. Allerdings war Miss Rheaume (spricht man/frau wohl [Ri-O-Mi] aus) dann aber so dermaßen gut, dass
ich mir doch glatt 20 Oiro von meinem Trommelbuddy leihen musste, um mir dieses tolle Platte auf Vinyl leisten zu können!
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Element Of Crime: "Morgens Um Vier" (Universal/Vertigo Berlin, Apr. 2023) |
[Isolation Berlin]
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Element Of Crime hat es immer schon gegeben; bevor sich die Band vor Jahrzehnten gegründet hat, hat man diese Musik wohl schon in sich drin gehört. Lässigkeit mit Herz, Wippen mit Schnauze, Unangestrengtheit auf die Spitze getrieben, aber niemals schlampig.
Element Of Crime ist ein Lebensgefühl, ohne das die Welt weder denk- noch aushaltbar wäre. 2023 also ein neues Album »Morgens um vier«. Ich bin da neuerdings auch schon immer wach, nicht: noch, wie früher. Wir sind wohl alle bisschen stiller geworden, in den letzten Jahren: »Wir haben keine Lösung, wir haben Lieder«, ja, muss man zugeben.
Und scheint es nicht vielen, als ob gerade der oder die Liebste eine Axt in den Händen hielte? Fast logisch, dass es die Katze ist, die fragt: »Leute, wo soll das enden?« Die Katze! Hoffe nur, jemand hat bald eine Antwort darauf. Bis dahin: Mitwippen, mitsummen, mitleiden, sich nicht erwischen lassen.
(Eva Menasse)
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Fenne Lily: "Big Picture" (Dead Oceans, Apr. 2023) |
[Megafaun |
Hiss Golden Messenger]
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Die in Großbritannien geborene und jetzt in New York lebende Künstlerin Fenne Lily kündigt ihr neues Album »Big Picture« an und präsentiert die erste Single/Video »Lights Light Up«.
»Big Picture« ist ein großartiges und fesselndes Porträt der letzten zwei Jahre von Fenne. Das Album, das live im Studio von Co-Produzent Brad Cook in North Carolina aufgenommen wurde, beschreibt die Phasen der Liebe und wird zu einer Landkarte von Komfort und Klaustrophobie. »Das Schreiben dieses Albums war mein Versuch, eine Art Ordnung in die Katastrophe von 2020 zu bringen«, erklärt Fenne. »Indem ich die verletzlichsten Teile dieser Zeit dokumentierte, hatte ich das Gefühl, eine Art Autonomie zurückzuerlangen.« Diese Kollision von Ruhe und harter Realität wird in »Big Pictures Leadsingle ›Lights Light Up‹ deutlich, einem aufschlussreichen Bericht über die Liebe in ihrer besten Zeit.
Wie schon auf ›Breach‹ gibt auch auf ›Big Picture‹ mal die E-Gitarre, mal deren akustisches Schwesterinstrument den Ton an. Wobei die elektrifizierte Variante selbst verzerrt recht ruhig klingt und die ganze tolle Platte eher leise ausgefallen ist.
(Stereo, April 2023)
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Florence Besch: "Hi Now Hello" (Unique, März 2023) |
[Locas In Love |
Stefanie Schrank]
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KjellvanderTonbruket: "Fossils" (Startrack, Apr. 2023) |
[Nicolai Dunger |
E.S.T. |
Tonbruket]
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Christian Kjellvander kann auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken und gehört seit seinen Anfängen bei Bands wie Loosegoats und Songs of Soil zu den besten schwedischen Singer/Songwritern und Interpreten.
Ein wahrer Geschichtenerzähler mit einem ausgeprägten Sinn für Melodien, der häufig international auf Tournee ist. Tonbruket hat seit ihrer Gründung vor zehn Jahren eine beispiellose Serie von schwedischen Grammis gewonnen, vier in Folge. Die faszinierende Verschmelzung von psychedelischer Freiform, progressivem Rock, amerikanischer Roots-Musik und Jazz hat das Publikum in ganz Europa angezogen. Das ehemalige EST-Mitglied Dan Berglund hat die vierköpfige Band aus Mitgliedern von The Soundtrack of Our Lives und Wildbirds & Peacedrums (Andreas Werliin, Martin Hederos, Johan Lindström) zusammengestellt. Ihr Debütalbum »Doom Country« aus dem Jahr 2020 erhielt begeisterte Kritiken und war eines der Top-Alben in den Jahrescharts.
Mehrere Liveshows wurden gebucht, aber immer wieder abgesagt und die Band ist bis heute nicht live aufgetreten. Das zweite Album »Kjellvandertonbruket« wurde als Live-Session über vier Tage im Studio aufgenommen. Christian brachte seine losen Ideen zu den Musikern und es nahm seine endgültige Form im Raum an. Es ist da und wir sind eingeladen, uns die Session anzuhören. Im April wird die Band zum ersten Mal überhaupt live auftreten.
Die laufruhige schwarze Pressung bildet den differenzierten Sound und alle Instrumente gut ab.
(MINT, April 2023)
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Meg Baird: "Furling" (Drag City, Jan. 2023) |
[Espers |
Heron Oblivion]
Mehr ...
The file texte/MegBaird-Furling.htm.htm does not exist
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Niels Frevert: "Pseudopoesie" (Grönland, März 2023) |
[Zettel auf dem Boden |
Putzlicht]
Mehr ...
Das halluzinogen anmutende wie auch originelle Wort »Pseudopoesie« ist der Titel des 2023 erscheinenden Albums von Niels Frevert.
»Pseudopoesie«, ein bescheidener, skurriler und wohl vor Selbstironie sprühender Titel für Freverts siebtes Album, einem, der ganz klar als Held aller Liedtexterinnen und -texter deutscher Sprache dasteht. Ist das Koketterie oder etwa eine (Lebens-)Krise? Und warum lässt er seinem Prä-Covid-Erfolgsalbum »Putzlicht« einen so rasanten Nachschlag folgen? Aber warum auch nicht? Oder: weil er's kann!
Konzerthighlight: FZW, Dortmund, 13.05.2023
Meine Karte für das gestrige Konzert von Niels Frevert in Dortmund hatte ich schon lange bestellt.
Vor kurzem hatte ich außerdem mitbekommen, dass für den Freitag davor ein Auftritt von
Pete Astor im Grend in Essen-Steele angekündigt war. Das erste intensive
Konzertwochjenende seit mehreren Jahren konnte also beginnen ...
Während ich die Anreise und den Auftritt am Freitrag noch alleine genießen musste (für Pete Astor interessieren
sich nicht wirklich viele Leute in unseren Breiten) war ich gestern nach Dortmund mit meiner Schwester unterwegs.
Der Zug von Oberhausen nach Dortmund war leider voller grölender Fußballfans der Borussia vom linken Niederrhein
auf dem Weg zur anderen Borussia. OK – es gibt noch mehr Borussias, zum Bleistift Borussia Neunkirchen, aber Fußball
soll hier nicht das Thema sein.
Niels Frevert ist eines der wenigen musikalischen Themen, auf die ich mich mit meiner Schwester einigen kann,
weshalb wir auch schon zwei oder drei gemeinsame Konzertbesuche in den vergangenen Jahren hinbekommen haben.
Dieses Mal konnte ich auch Gerd, einen Ex-Mitstreiter bei Waiting For Louise in den 90ern und immer noch bzw. wieder
guten Freund, der außerdem im Dortmunder Umland wohnt, überreden mitzukommen. Im Vorfeld wollten wir uns in der City
in einem Biergarten treffen. Leider (und wenig überraschend) war aber auch dort alles voll Fußballfans, aber trotzdem
war ein sehr nettes und entspanntes Wiedersehen. Zu Fuß dann die kurze Strecke zum FZW. Das schöne Vorprogramm bestritt
eine junge, talentierte und bezaubernde Sängerin namens Klebe, mir bislang völlig unbekannt. Da ich alle am Merch-Stand
angebotenen Tonträger von Niels Frevert (natürlich!) bereits mein Eigen nenne habe ich dort die mit 12€ leicht überteuerte
Debüt Single von Klebe auf 7-Zoll-Vinyl gekauft, leider zu jetzigen Zeitpunkt noch ungehört. Klebe persönlich war zu Ende
des Frevert-Auftritts am Stand und wie ich es schon sagte: Klebe ist charmant, talentiert und ich war in sehr guter Stimmung.
Grund für meine gute Stimmung war natürlich der tolle Auftritt von Niels Frevert und seiner Band, vielleicht sogar der beste,
den ich bislang von ihm gesehen habe. Toller Sänger, tolle Band (die gleiche wie auf dem aktuellen Album! Das schafft nicht
jeder Künstler!), toller Sound und tolles Programm mit einer perfekten Mischung aus den neuen, rockigen Songs der letzten
Alben, mit denen ich (auf hohem Niveau!) ja etwas hadere, wie Leser meiner Plattentipps vielleicht wissen, und den Highlights
seiner etwas akustischer gehaltenen Alben von vor etwa 10 Jahre, die ich ja so überaus schätze.
Insgesamt eine tolles, wenn auch anstrengendes Wochenende.
(14.05.2023)
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CVC: "Get Real" (CVC, März 2023) |
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CVC (oder Church Village Collective in vollem Wortlaut) stammt aus einem verschlafenen Dorf 10 Meilen nördlich von Cardiff, das auf einem Hügel in den walisischen Tälern liegt. CVC besteht aus Sänger Francesco Orsi, Bassist Ben Thorne, Schlagzeuger Tom Fry, Keyboarder Daniel ›Nanial‹ Jones und den singenden Gitarristen David Bassey und Elliott Bradfield. Es ist erwähnenswert, dass die beiden Letztgenannten, obwohl sie sich nie begegnet sind, mit der walisischen Ikone Dame Shirley Bassey und James Dean Bradfield (Manic Street Preachers) verwandt sind. Vielleicht liegt es an den Genen, wenn Bassey sagt: »I don't think I'd be able to not do this, I don't actively choose to, I'm just drawn to it«.
Ihre üppigen dreistimmigen Harmonien spiegeln die Musik wider, mit der sie aufgewachsen sind - die Bausteine des zeitgenössischen Pop: die Beatles, Neil Young und die Beach Boys - reiche, melodische und unverfälschte Musik, die in der Rockgeschichte verwurzelt ist.
»Get Real«, das 11-Track-Debütalbum von CVC, bringt einen Hauch von Laurel Canyon in die Täler. In vier sonnenverwöhnten Wochen (als die Zeit abgelaufen war, mischte Ross Orton (Arctic Monkeys) das fertige Produkt) haben sie es in Bradfields Wohnzimmer aufgenommen!
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Macie Stewart: "Mouth Full Of Glass" (Full Time Hobby, Dez. 2022) |
[James Elkington |
Steve Gunn]
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»Mouth Full of Glass« ist das Debütalbum der Chicagoer Sängerin/Songwriterin, Komponistin und Multiinstrumentalistin Macie Stewart. Ihre Geschichte ist eine der Suche nach Trost und Stärke in der Einsamkeit, wo üppige Arrangements nach der Bedeutung des Selbst suchen. Macie erforscht die Einsamkeit, aber auch das Wachstum und die Schönheit, die aus ihr erwachsen, und bewertet in ihren inneren Meditationen ihre eigenen Beziehungen mit einer einzigartigen Stimme, die für jeden wahr klingen könnte.
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Tex Perkins & The Fat Rubber Band: "Other World" (Beast, Febr. 2023) |
[The Beasts Of Bourbon |
The Cruel Sea]
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In den Jahren 2020 und '21, in denen Tex Perkins viel zu viel Zeit zum Nachdenken hatte, fand er immer Trost in der kreativen Umgebung von Songs. Mit seinem Freund Matt Walker als Co-Autor und Mitverschwörer schwelgte Perkins in der Erfahrung, die zur Gründung und Aufnahme des ersten Fat Rubber Band-Albums in den Walker & #39's Stovepipe Studios mit Bassist Steve Hadley, Schlagzeuger Roger Bergodaz und Perkussionist Evan Richards führte. Nach einer solch positiven und kreativen Erfahrung juckte es Perkins in den Fingern, mit der Arbeit an dem zweiten Album der Band, »Other World«, zu beginnen.
»Das erste Fat Rubber Band-Album war absichtlich ein wenig zerlumpt. Ein bisschen unscharf an den Rändern«, sagt Perkins. »Jetzt haben wir eine gewisse Reife, mit der wir Ideen sehr schnell umsetzen und in Form bringen können. Wir sind eine richtige Band geworden. Ich denke, was man auf dem ersten Album gehört hat, ist die Band, die sich formiert hat.« Er hat zwar schon mit vielen Musikern zusammengespielt, aber wahre Kollaborateure zu finden, ist etwas, das Perkins sehr schätzt. Während der Lockdowns dachte er darüber nach, ob er jemals wieder diese alltägliche Erfahrung als Musiker machen würde.
Bei The Fat Rubber Band handelt es sich nicht nur um eine weitere Gruppe von Musikern, die zusammen Musik machen, sondern um eine Zusammenkunft, bei der es um Kopf, Herz und Seele geht. »Roger Bergodaz war unglaublich. Sein Schlagzeug stand im Regieraum, und er hat die Platte so ziemlich gleichzeitig aufgenommen und Schlagzeug gespielt! Er schuf stets eine Umgebung, in der eine enthusiastische und positive Atmosphäre herrschte. Wir sind nie mit leeren Händen rausgegangen. Ich habe diese Platte so sehr geliebt«, sagt Perkins, »weil sie verdammt magisch war. Ja, das ist richtig, Magie oder wie wäre es mit Alchemie? (Eine mittelalterliche Wissenschaft mit einem geheimnisvollen Prozess, der versucht, unedle Metalle in Gold zu verwandeln.) Nun, ich weiß nichts über Gold, aber ich war Zeuge, wie sich Ideen, Gedanken, Launen und Vorstellungen fast mühelos in lebende, atmende Songs mit einer Seele und einem Herzschlag und sogar ihrer eigenen privaten Geschichte verwandelten, jedes Mal, wenn wir für diese Aufnahmen ins Studio gingen. Nein, eigentlich ist Magie besser.«
Perkins erklärt: »Diese Magie entstand mit Hilfe der über 40-jährigen Erfahrung jedes einzelnen Mitglieds der Fat Rubber Band. Sie sind alle wirklich großartige Musiker und sie sind alle wirklich großzügige Kollaborateure, also denke ich, was ich sagen will, ist, dass es keine Rolle spielt, was von hier an passiert. Ich bin mir sehr bewusst, dass es heutzutage mit Hunderten von neuen Veröffentlichungen pro Woche schwieriger denn je ist, die Leute dazu zu bringen, sich für ein neues Album von irgendjemandem zu interessieren, ganz zu schweigen von einem Haufen haariger Typen in den Fünfzigern aus Australien, die von einem Kerl namens Tex angeführt werden, den es schon seit den frühen Achtzigern gibt. Eigentlich kann ich nicht glauben, dass du das immer noch liest! Aber das ist ja auch egal, ich habe die Magie gesehen.«
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Iris DeMent: "Workin' On A World" (Flariella, Febr. 2023) |
[Infamous Angel |
Modern Times]
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Auf ihrem transzendenten neuen Album »Workin' On A World« stellt sich Iris DeMent der modernen Welt - so wie sie jetzt ist - mit ihrer Klimakatastrophe, pandemischen Krankheiten und einer Epidemie von Gewalt und sozialer Ungerechtigkeit - und fragt uns nicht nur, wie wir weiter auf eine bessere Welt hinarbeiten können, sondern bittet uns auch, einander zu lieben, trotz unserer sehr unterschiedlichen Sichtweisen.
Als die in Arkansas geborene und in Los Angeles aufgewachsene Songwriterin Iris DeMent Mitte der Achtziger mit dem Auto durch eine ausgestorbene Stadt irgendwo im Mittleren Westen fuhr und auf die vielen mit Brettern vernagelten Fenster und Türen schaute, lernte sie, was es bedeutet, wenn einen die Inspiration heimsucht. Sie schrieb einen Song über diese Stadt, der so viel besser war als alles, was sie bis dahin zu schreiben versucht hat. Das Ergebnis, „Our Town“, war der Startpunkt für ihr erstes Album „Infamous Angel“ (1992) und war später in der herzzerreißenden Schlussszene der besten Fernsehserie (mindestens) der 90er-Jahre, „Northern Exposure“ (dt. „Ausgerechnet Alaska“), zu hören (hier kann man die Szene sehen). Seit ihrer Erfahrung mit „Our Town" ist Iris DeMent geduldig, kann warten, bis die Inspiration sich einstellt. In den Neunzigern reichte die immerhin für drei sehr gute Alben, für die sie von Meistern ihres Faches wie John Prine und Merle Haggard geschätzt wurde. Dann dauerte es ganze 16 Jahren bis zum nächsten Album mit eigenen Songs – ihrem Meisterwerk „Sing The Delta“ (2012, dazwischen erschien das schöne Cover-Album „Lifelines“, 2004). Drei Jahre später veröffentlichte sie ihre Vertonungen einiger Gedichte der russischen Dichterin Anna Akhmatova („The Trackless Woods“, 2015), und vermutlich hätten wir noch sehr lange auf ein neues Album mit DeMent-Orginalen warten müssen, wenn ihre Stieftochter, die Songwriterin Pieta Brown, sich nicht die Aufnahmen neuer Songs angehört hätte, die DeMent 2019 und 2020 mit den Produzenten Richard Bennett und Brad Jones in Nashville gemacht und verworfen hatte. Brown hörte da ein neues Album, DeMent vertraute ihr und nahm noch ein paar weitere Stücke auf, um „Workin‘ On A World“ zu einer runden Sache zu machen. „And these waves of inspiration/ Sure can be few and far between”, singt sie an einer Stelle. „Like a train that just won't leave the station/ They resist my plans and schemes/ But I'm not holding back nothin' anymore/ And I'm done with being afraid of being bled/ Use me up while I am living, Lord/ Let's not leave nothin' for the dead.” Inspirationen für diese Songs gab es viele – allen voran die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und die Folgen. „I got so down and troubled/ I nearly lost my head“, beginnt der eröffnende Titelsong. „I started wakin' every morning/ Filled with sadness, fear and dread/ The world I took for granted/ Was crashing to the ground/ And I realized I might not live long enough/ To ever see it turn around.“ „Workin’ On A World” ist zugleich ein tröstendes und ein kämpferisches Album mit Honky-Tonk-Klavier, Gospelbläsern und Texten, die mit Wut, Verzweiflung und gesundem Menschenverstand nicht hinterm Berg halten – wie die grandiose achtminütige Suada „Goin' Down To Sing In Texas", die musikalisch auch auf Dylans „Modern Times“ einen Platz hätte haben können. Und wie bei Joe Henrys jüngstem Meisterwerk „All The Eye Can See“ wohnt diesen Stücken etwas Kirchenliedhaftes inne – doch sie verharren hier nicht in der Dunkelheit, sie streben zum Licht.
(Maik Brüggemeyer, ROLLING STONE-Wohnzimmer, Folge 32 vom Newsletter, 27.02.2023)
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Robert Forster: "The Candle And The Flame" (Tapete, Febr. 2023) |
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Der gefeierte australische Singer-Songwriter Robert Forster kündigt 2023 sein 8. Soloalbum »The Candle And The Flame« an.
Es ist ein Album, bei dem Forster einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat als bei seinen früheren Werken. Die erste Single trägt den Titel »She's A Fighter«. Sie enthüllt nur einen Teil dessen, was zu einer Reise wurde, auf der er mit seiner Familie und seinen Freunden Musik machte, um Freude und Trost im Angesicht von Widrigkeiten zu finden.
Robert erklärt: »›She's A Fighter‹ ist der letzte Song, den ich für das Album ›The Candle And The Flame‹ geschrieben habe. Ich schrieb die Musik dafür im Juni 2021. Ich mochte die Melodie und die schnelle Energie des Songs, aber ich wusste noch nicht, wovon er handeln würde. Anfang Juli erhielt Karin Bäumler, meine Frau und musikalische Begleiterin seit zweiunddreißig Jahren, eine Krebsdiagnose. Ende Juli, als eine Reihe von Chemotherapien anstand, sprach Karin davon, dass sie um ihre Gesundheit kämpfte und einen Weg durch die Chemotherapie zur Genesung fand.
Der Satz ›She's A Fighter‹ kam mir in den Sinn. Er gefiel mir. Und ich wusste sofort, dass er zu meiner neuen Melodie passen würde. Ich brauchte nur noch eine weitere Zeile für den Text. ›Fighting for good‹. Der Song war fertig. Ich hatte meinen ersten Zwei-Zeilen-Song geschrieben. Ich hatte gerade die Ramones in den Schatten gestellt! Weil der Song so viel Bedeutung für uns hat, beschlossen wir, ihn als Familie aufzunehmen. Das ist das einzige Mal, dass das auf dem Album passiert. Karin singt und spielt Xylophon. Unsere Tochter Loretta spielt E-Gitarre. Unser Sohn Louis spielt Gitarre, Bass und Percussion. Und ich schlage wild auf einer akustischen Gitarre herum und singe. Und das ist ›She's a Fighter‹.«
Dieses musikalische Zusammenkommen als Familie wird im Video zu »She's A Fighter« festgehalten. »Das Video wurde im selben Studio (Alchemix Studios, Brisbane) gedreht, in dem auch das Album aufgenommen wurde. Es gibt also eine Kontinuität«, so Forster. »Und die Art und Weise, wie die vier im Kreis sitzen und spielen, ist sehr ähnlich, wie wir ›She's A Fighter‹ und andere Stücke auf dem Album aufgenommen haben.«
»The Candle And The Flame« besteht aus 9 Songs, die von Robert geschrieben wurden. Produziert wurde das Album von Robert, Karin Bäumler und Louis Forster (The Goon Sax), abgemischt wurde es von Victor Van Vugt (Nick Cave and The Bad Seeds, PJ Harvey) und mitgewirkt haben die ehemalige Go-Betweens- und Warm Nights-Bassistin Adele Pickvance sowie Scott Bromiley und Luke McDonald (The John Steele Singers), die bereits an Roberts Alben »Inferno« und »Songs To Play« mitgearbeitet haben. »Die Aufnahmesessions für das Album fanden sporadisch über sechs Monate statt. Manchmal nur ein oder zwei Tage pro Monat. Das war alles, was Karins Kraft und ihr Zustand zuließen. Wir mussten also live aufnehmen, magische Momente einfangen und auf Gefühl setzen. Und das ist der Sound des Albums geworden«, sagt Robert.
Robert Forster plant für das Jahr 2023 Konzerte in Australien und im Ausland, deren Termine bald bekannt gegeben werden. Zurzeit schreibt er an einem Roman und bereitet die Veröffentlichung von Band 3 der Go-Betweens Boxset Serie vor, ›G Stands For Go-Betweens‹.
Konzerthighlight: Stadtgarten, Köln, 30.03.2023
Gestern war ich endlich mal wieder bei einem Konzert eines meiner Lieblinxkünstler. Robert stand in Köln im Duo mit
seinem Sohn Louis auf der Bühne, der ja selber auf dem Weg ist zu einer musikalischen Karriere, zuletzt mit
seiner Band The Goon Sax. Was soll ich sonst noch so erzählen? Eigentlich war ich mit W4L-Bassist Johannes für das
Konzert verabredet, der aber kurzfristig absagen musste. W4L-Drummer Locke sprang mutig in die Bresche, übernahm uneigennützig
die Karte für das ausverkaufte (!) Konzert und machte mir mit seinem Angebot, uns beide nach Köln zu schoffieren noch
ein schönes Geburtstagsgeschenk. Und Robert ... war eben Robert, so wie immer. Wenn man virtuoses Gitarrenspiel erwartet,
dann ist man in einem seiner Konzerte wohl fehl am Platze. Wenn man aber einen großen Künstler mit einem tollen Songkatalog
erleben will und charmant spröde Geschichten in und zu den Liedern liebt, dann ist man hier richtig. Und frau auch, natürlich.
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Yo La Tengo: "This Stupid World" (Matador, Febr. 2023) |
[Popular Songs |
Fade]
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Gar nicht so dumm
Die amerikanische Indie-Rock-Institution Yo La Tengo veröffentlicht mit »This Stupid World« ein gleichermaßen typisches wie dringliches Album.
Das Trio um Gitarristen und Sänger Ira Kaplan hat auf seinem 17. Studioalbum erstmals komplett auf einen Produzenten oder externen Mischer verzichtet. Alle Songs wurden gemeinsam live im Studio aufgenommen, wodurch »This Stupid World« wunderbar natürlich und direkt klingt.
Immer ruhig bleiben
Yo La Tengo gehören zweifelsohne zu den großen Institutionen des Indie-Rock. Seit fast 40 Jahren ist die Band aus Hoboken New Jersey schon aktiv, mehr als 30 davon in der Trio-Besetzung, bestehend aus den Eheleuten Ira Kaplan und Georgia Hubley nebst Bassist James McNew.
Zuletzt haben die drei eine EP und ihr improvisiertes Ambient-Album »We Have Amnesia Sometimes« veröffentlicht, die beide während der Corona-Pandemie entstanden sind. Nun legen Yo La Tengo mit »This Stupid World« das erste »reguläre« Album seit fünf Jahren vor, ihr 17. insgesamt.
Fans der Band werden sich in den neun neuen Songs direkt heimisch fühlen. Manchmal leicht angeschrägter Indie-Rock, dessen Sound simpel und eingängig wirkt, obwohl sich in den vielen Schichten eine Menge Details finden lassen. Die vorab veröffentlichten Singles »Aselestine« und »Sinatra Drive Breakdown« stecken das Feld von »This Stupid World« sehr gut ab. Yo La Tengo wissen einfach, was sie tun und haben hier ein weiteres Karriere-Highlight abgeliefert.
Die größte Neuerung ist vielleicht der sehr direkte Sound des Albums. Erstmals in ihrer langen Geschichte hat das Trio gänzlich ohne externen Produzenten und Mischer gearbeitet und alles selbst in die Hand genommen. Das Ergebnis klingt wunderbar organisch und passt zum entschleunigten Vibe von »This Stupid World«.
Auf This Stupid World hört man Musik, die atmet, die Aufmerksamkeit einfordert und als Ganzes ein bewusstseinserweiternder Trip ist. Sobald man durch die multiplen Schichten zum Kern vorgedrungen ist, entfaltet sich ein Album voll enigmatischer Schönheit.
(VISIONS, Februar 2023)
Konzerthighlight: Gloria, Köln, 23.04.2023
Yo La Tengo habe ich ja inzwischen schon ein paar mal live gesehen. Erinnern kann ich mich an das ZAKK in Düsseldorf 2009 zum Album
"Popular Songs" und den Landschaftspark in Meiderich, allerdings ohne eine genaue Erinnerung, wann das war. Die Konzerte waren immer
gut, immer anders, immer sehr spannend. Gestern in dem ehemaligen und sehr gut gefüllten Kölner Kinosaal war das nicht anders. Seit
nunmehr fast 40 Jahren ist die Band nun schon dabei und immer noch wild und kreativ. Im ersten Set gab es vor allem Lieder vom neuen
Album, oft sehr leise und zerbrechlich und in ihrer Verweigerung von Rockklischés nicht unbedingt leicht geniessbar für ein Mainstream-Publikum.
Nach einer Pause wurde es dann SEHR LAUT - und blieb spannend. Schön zu beobachten wahr auch, wie sich jeder der drei Musiker mal am
Instrument eines Kollegen versuchen durfte - ohne den Flow irgendwie zu unterbrechen. Mit zwei kleinen Ausnahmen: nur James McNew
hat sich den Bass ungehängt und nur Ira Kaplan hat sich nicht am Sclagzeug versucht, dem Hauptbetätigungsfeld seiner Bühnen- und Lebenspartnerin
Georgia Hubley.
(25.04.2023)
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Joe Henry: "All The Eye Can See" (earMUSIC, Jan. 2023) |
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Joe Henry ist nicht nur ein erfolgreicher Musiker, sondern auch Produzent für Künstler wie Solomon Burke (Grammy Award!), Hugh Laurie, Aimee Mann, Rodney Crowell und Elvis Costello. Auf »All The Eye Can See« wird Henry von mehr als 20 Musikern begleitet, darunter seine langjährigen musikalischen Weggefährten und Freunde - Levon Henry am Saxophon und an der Klarinette, David Piltch am Bass, Patrick Warren am Klavier und an den Tasten sowie John Smith an der akustischen Gitarre. Intim, hochemotional, erstaunlich ruhig, mit einfachen, aber gekonnten Melodien, berührenden Texten mit 14 neuen und unvergesslichen Songs.
... verpackt [...] die betörenden Melodien seiner düster autobiografischen Geschichten in erstaunlich ruhige Arrangements.
(Good Times, Februar/März 2023)
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Wilco: "Cruel Country" (dBpm, digital: Mai 2022 * CD/Vinyl: Jan. 2023) |
Die Jahrescharts 2022: Platz5im Rolling Stone!
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Die innovative Chicagoer Rockband Wilco kehrt mit ihrem 12. Studioalbum zurück, dem ersten seiner Art. Cruel Country ist die Erkundung des Genres, durch das sich die Band oft definiert hat, das sie aber bis jetzt nie vollständig verinnerlicht hat. Das Doppelalbum enthält 21 Tracks aus der Feder von Jeff Tweedy, die fast vollständig aus Live-Aufnahmen bestehen, die zum ersten Mal seit dem 2011 erschienenen Album The Whole Love mit allen sechs Bandmitgliedern gemeinsam im The Loft entstanden sind.
Das 12. Album von Wilco hat bisher einen unglaublichen Weg hinter sich. Ursprünglich wurde es den Solid Sound-Teilnehmern kostenlos zur Verfügung gestellt, gefolgt von einer digitalen Veröffentlichung am 27. Mai (demselben Tag, an dem die Band es in seiner Gesamtheit live auf dem Festival aufführte). Von der NYT als Wilcos »unaufdringliches Magnum Opus« gelobt und später am Record Store Day als White Label CD veröffentlicht. Jetzt landet es in guter Gesellschaft auf den »Best of 2022«-Listen von Rolling Stone, Variety, Spin, Uproxx und Paste UND seine lang erwartete physische Veröffentlichung ist fast da!
Schon früh, als sie aus Uncle Tupelo hervorgingen, gab es die Idee, dass Wilco eine Country-Band sei, oder zumindest eine alternative Country-Band. Und es gibt Beweise dafür - »in allem, was wir je gemacht haben, gab es Elemente von Country-Musik«, sagt Jeff Tweedy. »Wir haben uns nie besonders wohl dabei gefühlt, diese Definition zu akzeptieren, die Idee, dass ich Country-Musik mache. Aber jetzt, nachdem wir ein paar Mal um den Block gegangen sind, finden wir es aufregend, uns innerhalb der Form zu befreien und die einfache Einschränkung zu akzeptieren, die Musik, die wir machen, Country zu nennen.«
»Cruel Country« besteht fast vollständig aus Live-Aufnahmen, mit nur wenigen Overdubs. Alle - Tweedy, John Stirratt, Glenn Kotche, Mikael Jorgensen, Pat Sansone und Nels Cline - waren im Raum und spielten zusammen im The Loft in Chicago, ungetrennt durch Schalldämpfer. Es ist eine völlig andere Art, Platten zu machen, die Wilco seit Jahren nicht mehr verwendet hat - vielleicht nicht mehr seit »Sky Blue Sky«.
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James Yorkston, Nina Persson and The Second Hand Orchestra : "The Great White Sea Eagle" (Domino, Jan. 2023) |
[The Wide, Wide River]
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(2023-09-22)