Now ...
Brent Cash: "The New
High" (Marina, Jan. 2017) |
Neue
Platten vom Marina-Label sind rar geworden. Die Herren des
kleinen & feinen Hamburger Labels veröffentlichen scheinbar
nur dann noch etwas, wenn es von ihren Lieblingskünstlern Brent
Cash (misteriöser Multiinstrumentalist aus Athens/Georgia)
oder David Scott (Kopf und einziges Mitglied der schottischen
Band The Pearlfishers)
alle Jubeljahre etwas Neues zu veröffentlichen gibt. Beide
Künstler stehen für perfekten Pop in der Beach-Boys-Tradition
und sind eher öffentlichkeitsscheu bzw. geben selten bis gar
keine Konzerte. Also gibt es wohl auch keine Konzerte zur Präsentation
von "The New High". Mutiges Label, tolle Künstler.
(08.02.2017)
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Nach etwa fünf Jahren Veröffentlichungspause bringt Brent Cash via Marina sein drittes Album heraus. Man ist geneigt, das mit einem "endlich" zu quittieren - so überwältigend schön gerieten die beiden Vorgänger von "The New High". Schon das opulente Debüt "How Will I Know If I’m Awake" (2008) des Multiinstrumentalisten, Sängers und Songschreibers aus Athens, Georgia, tönte mit Anklängen an Brian Wilson, Burt Bacharach, den Carpenters und die Mamas und Papas wie ein verlorenes Meisterwerk aus vergangenen Epochen. Und auch auf dem aufwändig inszenierten Album "How Strange It Seems" (2011) war praktisch jeder Song in einen goldenen Sonnenschein getaucht, der so nur in Kalifornien existiert. Mit feinsinnigen Orchesterarrangements, tollen Rhythmen, vielschichtigen Technicolor-Harmonien und heilloser Romantik verwöhnt uns Cash auch auf dem brillanten "The New High", das von der ersten bis zur letzten Note zum Träumen einlädt. Das ist kitschig und ziemlich "Retro", macht aber verdammt glücklich. Übrigens: Ganz im Stil eines Todd Rundgren hat Cash hier - mit Ausnahme der Streicher - sämtliche Instrumente selbst eingespielt. Grandios!
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Father John Misty: "I Love
You, Honeybear" (Bella Union, Febr. 2015) |
Großer
Pop vom zwischenzeitlichen Fleet
Foxes-Drummer Josh Tillman. Statt zartem Indie-Folk unter
dem Namen J. Tillman hat er es zusammen mit
Produzent, Tonmeister und Multiinstrumentalist Jonathan
Wilson auch beim zweiten Mal klang- und arrangementtechnisch an
nichts fehlen lassen. Beide sind vom Allerfeinsten, aber bei den Songs
bin ich nach dem ersten Höreindruck noch nicht voll überzeugt.
Für meinen Geschmack brauchen solche Arrangements auch Lieder
in der Qualität von Songschreibern wie Brian Wilson oder
Randy Newman - oder mag ich einfach nur die alten, depressiven
Folksongs aus den Tagen vor seinem Fleet-Foxes-Engagement
nur lieber?
Das schwere Vinyl-Doppelalbum im Klappcover mit Poster gibt's im Übrigen
zu einem vernünftigen Preis zusammen mit der CD: 360g +
X = That's It!
(14.02.2015)
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Father John Misty:
"Fear Fun" (Bella Union, April 2012) |
Hinter dem väterlichen Pseudonym verbirgt sich Josh Tillman,
der Insidern vielleicht als (inzwischen Ex-) Trommler der Fleet
Foxes bekannt ist. Vor seiner Zeit bei den Füchsen hatte
er aber bereits eine ganze Reihe von Solo-Alben unter seinem eigenen
Namen veröffentlicht (z.B. das wunderbare folkige "Year
In The Kingdom"), aber "Fear Fun" ist wesentlich
rockiger und deutlich aufwändiger produziert. Es wirkt eher wie
eine Bandplatte, obwohl die meisten Instrumente von Josh und Produzent
Jonathan Wilson gespielt wurden.
Die Vinylausgabe hat als Bonus die komplette CD dabei.
(30.07.2012)
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Als Hippie macht man sich keine Sorgen wegen der Miete. So lässt sich vielleicht erklären, warum Josh Tillman seinen lukrativen Job als Schlagzeuger der Fleet Foxes im letzten Jahr gekündigt hat. Nach einer künstlerischen Sinnkrise hat er sich sogar gleich komplett neu erfunden: Statt wie bisher seine Soloalben als J. Tillman zu veröffentlichen, nennt er sich jetzt Father John Misty. Gesanglich orientiert sich Tillman plötzlich an Roy Orbison, und weil er nicht mehr in bester Songwritermanier die eigenen Wehwehchen thematisieren will, sucht er in komplett bekifften Weltbetrachtungen nach Wahrheiten. "Jesus Christ, girl, what are people gonna think, when I show up to one of several funerals I've attended for Grandpa this week", heißt es etwa in "Hollywood forever Cemetery sings", einem der besten und mutigsten Songs, der sich mit Hall und verrauschter Gitarre vom oft leider doch nur durchschnittlichen 70er-Countryfolk absetzt. Hätte er musikalisch häufiger so viel gewagt wie mit seinen Texten, wäre die Rundumerneuerung auch wirklich rundum gelungen.
(cs, kulturnews.de)
... schon das 6. Album des (schon lange, u.a. mit Damian Jurado aktiven) ex-Fleet Foxes. An die erinnern nur wenige Stücke (er klingt hier „schwerer“, weniger unbeschwert), wohl aber die vielen Harmony-Stimmen und süßen kleinen Chöre, generell die Harmonienseligkeit. Sehr schön die wehmütige Stimme (oft resultierend in ebensolchen Songs), zum Wegträumen, Versinken! Reiner Pop wie Folk-Pop, hier und da einige Country-Einflüsse (1x vereint mit Proto-Rock´n´Roll-Anleihen), Westcoast, sporadisch ein Hauch Psychedelia, diverse Rückgriffe auf die 60er oder gar 50er werden zeitlos bis zeitgenössisch aufbereitet, wirken aber auch 1,2 mal wunderbar old-fashioned! Von äußerst atmosphärisch bis leicht groovend. Selbst Doug Sahm oder die Beatles werden beliehen, außerdem wurde er mit Nilsson verglichen. Schönes Album.
(dvd, Glitterhouse)
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"Simone Felice"
(V2, März 2012) |
Titelloses erstes Soloalbum des Schlagzeugers der Felice
Brothers. Allerdinx hat er bereits unter dem Namen The Duke
& The King abseits seiner Brüderkapelle veröffentlicht.
Gelungener Folkpop, gefällt mir besser als das letzte, doch weniger
zugängige Album zusammen mit seinen Brüdern. Die Vinylausgabe
gibt es im Übrigen zu einem erschwinglichen Kurs inklusive CD.
(27.06.2012)
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Der führende Felice-Bruder und auch bei The Duke & The King prägend Aktive hat anscheinend in seinen Band-Projekten nicht genügend kreativen Auslauf, den er jetzt in seinem selbstbetitelten Solo-Album ausleben kann. Allein zur Akustik-Gitarre, zum verträumten Piano oder zur schummrigen Orgel, aber auch – unterstützt von der Felice-Familie und den geistesverwandten Mumford-Söhnen – in voller Band-Stärke gelingt ihm eine tief berührende Melange aus rudimentärem Folk, rauhem Americana, akustischem Soul und vokalharmonie-seligem Gospel, erinnert an Lanegan’sche Seelen-Tiefen, Neil Young’s großartigen Country-Folk-Tage und Paul Weller’s Soul-Seitensprünge, und bewegt mit einer Stimme, die sandpapier-angerauht, dezent brüchig und verletzlich wirkend unter die Haut schmeichelt und schneidet. Bemerkenswertes Singer-Songwriter-Solo-Debut (mit beeindruckender Band-Geschichte dahinter), zwischen himmelhoch jauchzender Mumford-Rumpelei, nackt-rauhem Folk und tiefgehender Country-Gospel-Herrlichkeit.
(cpa, Glitterhouse)
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Zwanie Jonson: "I'm
A SunshineTime" (Staatsakt, Aug. 2011) |
Auch der Hamburger Trommler Christoph Kähler hat unter
Pseudonym sein zweites Album am Start. Vielleicht werde ich später
mehr erzählen, zuerst aber nur ein Hinweis an die anderen Kritiker:
Herr Kähler bekannteste Arbeitgeber als Trommler sind sicherlich
Fettes Brot und die Fanta-Vier, aber ich kenne ihn vor
allem von der wunderbaren Kapelle Veranda
Music und als Begleiter von Nils
Koppruch (Fink) und Wolf Maahn. Aus dieser Perspektive
ist sein "ausgeruhter Laidback-Softrock" dann
vielleicht auch nicht mehr so ganz so überraschend.
Kauftipp: das Vinyl mit beiliegender CD!
(10.09.2011)
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Herrlich sonniger, ausgeruhter Laidback-Softrock, irgendwo zwischen JJ Cale und 70s-Westcoast – ausgerechnet vom Drummer von Fettes Brot und Fanta 4? Ein Mysterium, aber ein schönes. Über den Tellerrand hinaus schaut bekanntlich auch DJ Koze von Fünf Sterne Deluxe, der Zwanie 2007 für sein eigenes Label signte und dort sein erstes, leider übersehenes Soloalbum veröffentlichte. Jetzt versucht er es wieder: ausgeruht und übersichtlich strukturiert, schleichen sich schlichte Melodien in straffen, schlanken Arrangements ins Ohr, auf Gitarrenbasis mit Drums und dezent pluckernden Keyboards. Und mit englischen Texten, irgendwie völlig zeitlos und fernab von allen Trends und vom HipHop erst recht. Als Sänger ist Zwanie zwar keine wirkliche Entdeckung, sein relaxed genöhlter Soul-Gesang passt aber perfekt zu seiner unaufgeregten, in sich ruhenden Musik.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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Brent Cash: "How Strange
It Seems" (Marina, Mai 2011) |
Album #2 des Trommlers aus Athens/Georgia, der den schönsten
60er-Pop seit den Beach Boys, The Association und The
Free Design erschafft. Und das alles natürlich bei dem besten
Label für solche Musik: Marina Records aus Hamburg, die
nach einer Pause von etwa zwei, drei Jahren zum Glück doch weiter
am Start sind. Das freut mich sehr. Auf Brent Cash bin ich im übrigen
vor wenigen Monaten ganz unspektakulär über Datenbankrecherche
gestossen: nachdem mich das Comeback von The
Free Design bei Marina so beeindruckt hatte gab ich bei einem
Internethändler meines Vertrauens in dessen Suchmaschine zwei
kleine Suchbegriffe ein: Marina und Vinyl:
eine der Empfehlungen war das 2008er Debüt "How
Will I Know If I'm Awake" von dem mir bislang völlig
unbekannten Brent Cash, welches ich dann sofort bestellt habe.
Das neue Album habe ich jetzt ebenfalls bekommen und kann schon nach
dem ersten Hören sagen: noch besser als beim ersten Versuch!
(10.06.2011)
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Bacharach-Perlen, Sunshine-Pop und Brill-Building-Sounds vom Mann aus Georgia.
Welcome back, Mr Cash! 2008 veröffentlichte der Mann aus Athens, Georgia, sein allenorten gefeiertes Debütalbum mit dem hintersinnigen Titel "How Will I Know If I m Awake". Der Multiinstrumentalist gönnte sich eine dreijährige Pause, um 2011 mit einem noch kunstvolleren Album aufzuwarten. "How Strange It Seems" überzeugt mit feinsinnigen Arrangements, vielschichtigen Gesangsharmonien, extravaganten Tonartwechseln und vertrackten Rhythmen. Cash wollte schon immer Songs "so wie früher aufnehmen". Es wurden weder Mühen noch Kosten gescheut, um die besten Musiker der Stadt anzuheuern und zu einem Orchester von immerhin 30 Musikern zusammenzuführen. Mit Erfolg: Das Ergebnis klingt wie ein vergessenes Popmeisterstück der 60er- und 70er-Jahre, als hätte Burt Bacharach noch einmal in die
Archivkiste gegriffen, um ein paar unveröffentlichte Perlen rauszugreifen. Schönster Westcoast-Sound, brillante Brill-Building-Tunes und sonnigster Sunshine-Pop à la The Free Design oder The Swingle Singers. Und der Hidden Track überrascht gar mit einem funky Disco-Boogie-Hook!
It's probably not a surprise that the swooping and slow orchestral arrangement that kicks off How Strange It Seems could be from some prime Jimmy Webb or Bacharach/David-written piece from the 1960s -- or that Brent Cash's title for that first piece is "I Wish I Were a Song," which he sweetly and gently sings. Like his debut solo effort, How Strange is definitely an indulgence in a kind of pop that doesn't exist anymore, not just from one specific era but blended together into its own metastyle that's unable to escape the past and intentionally not wanting to do. The huge statement-of-purpose splashiness of the first song (which is also reprised as the last) almost overwhelms everything else, making it "just" easygoing indie pop with an understandably elegant edge, but it still works nicely enough, from the harpsichord breaks and Phil Spector drum beats on "It's Easier Without Her" to the piano-led "Don't Turn Your Back on the Stars." Cash's voice doesn't quite soar as much as it does on the album's signature, favoring instead the kind of tender whisper that suggests something rather than driving it home, though the contrast between that and the massed male choral vocals toward the end of "I Just Can't Look Away" become a moment of remarkable melodrama. The slightly more "rock" songs (as such) like the title track use electric guitar only as shading or framing for the main melody and performance, to enjoyable effect. There's also something perfect about the song title "Where Do All the Raindrops Go," a sentiment that works a variety of ways. The short instrumental of lush ocean-liner-lounge funk of "I Can't Love You Anymore Than I Do" is another fun nugget -- Chuck Mangione would appreciate both the trumpet and the wah-wah.
(by Ned Raggett, All Music Guide)
Geheimtipp Brent Cash
Ein luxuriöses Hobby namens Sunshine-Pop
Er hat keine mächtige Plattenfirma und kein Heer von Facebook-Freunden, er beschallt keine hippe TV-Serie und twittert nichts Aufregendes - also nehmen die Medien den soften Retro-Pop von Brent Cash kaum wahr. Welch' himmelschreiende Ungerechtigkeit!
In dem Hollywood-Film "High Fidelity" gibt es diese herrliche Szene, in der ein Plattenverkäufer ein Album der eher obskuren Beta-Band in seinem Laden auflegt und tatsächlich, wie von ihm prognostiziert, im Handumdrehen einen Schwung Beta-Band-Platten verkauft.
Jedes Jahr erscheinen viele tolle Platten, die kaum bemerkt werden, weil niemand das Publikum auf sie aufmerksam macht. Ein aktuelles Beispiel ist ein Amerikaner mit dem klangvollen Namen Brent Cash. Dessen neues Album "How Strange It Seems" ist seit vergangener Woche zu haben, und die Wahrscheinlichkeit, dass es überhört wird, ist bestürzend groß.
Das wäre ein Jammer, denn "How Strange It Seems" zählt zu den beglückendsten Alben dieses Frühsommers. Gut, es ist keine Platte, die die Welt aus den Angeln hebt, aber immerhin außergewöhnliche Musik, die über die Distanz von elf Songs hinweg elegant und verspielt ihre Hörer bezirzt. So entrückt wie die Mädchen, die auf der Plattenhülle mit ausgebreiteten Armen am Strand tanzen, klingen die Songs von Brent Cash: Schwelgerisch und virtuos inszeniert er Tagtraum-Retro-Pop, zusammengesetzt aus geschmeidigen Streichern, Bläsern, Vibraphonen, Harfen und der samtenen Stimme des Künstlers.
Dass das umwerfend klingt, ist der Erbschaft einer Tante zu verdanken, die möglich machte, dass nichts am Computer generiert, sondern alles tatsächlich eingespielt worden ist. Ein Reiz dieser Musik liegt auch darin, dass sie aus der Zeit gefallen scheint, wie ein verschollenes und wiederentdecktes Meisterwerk der frühen siebziger Jahre. Das erinnert mal an alte TV-Serien-Melodien und überrascht mal mit einem Hauch von Disco. Aber vor allem ist es eine Sammlung erstklassig geschriebener Songs.
Atemberaubend unmodern
Damit reiht sich Brent Cash ein in ein sonniges amerikanisches Genre, das Spezialisten Sunshine-Pop nennen und zu dessen Helden The Carpenters, Burt Bacharach, Paul Williams, Roger Nicols, Todd Rundgren, Swingle Singers, Harry Nilsson und Brian Wilson zählen. Alles Spezialisten für sanft melancholische Wohlklänge, alte Meister, die von Kritikern in diesem Jahrtausend gern zu Vergleichen herangezogen werden. Nachwuchskräfte wie Brent Cash hingegen werden von den Medien kaum wahrgenommen.
Das mag daran liegen, dass einer wie Cash von allen hippen Genres der Gegenwart Lichtjahre entfernt ist. Er hat auch kein Heer von Facebook-Freunden, twittert nichts Aufregendes, ist also atemberaubend unmodern. Cash muss obendrein ohne Medienkampagnen auskommen, zu ihm werden keine Journalisten geflogen, es werden keine Plakate geklebt, und in coolen US-TV-Serien wird seine Musik schon gar nicht platziert.
Dass man mit Siebziger-Jahre-Soft-Pop in diesem Jahrtausend dennoch punkten kann, bewies im vergangenen Jahr Rumer mit ihrem exzellenten Debüt-Album. Doch hinter der Britin steht der mächtige Warner-Konzern. Um Brent Cash kümmern sich dagegen nur zwei Idealisten aus Hamburg-Eimsbüttel, die dort das kleine Label Marina Records betreiben. Statt viel Geld haben sie nur Leidenschaft zu bieten. Damit haben sie sich weltweit einen so exzellenten Ruf erarbeitet, dass Brent Cash vor einigen Jahren eine Demo-CD aus Athens, Georgia, nach Hamburg schickte.
Via E-Mail lässt er nun wissen, dass ihm kommerzieller Erfolg nicht besonders wichtig sei. Er habe einen richtigen Job, und die Musik sei sein luxuriöses Hobby. "Sie macht mich glücklich." Daran sollten mehr Menschen teilhaben.
(Christoph Dallach, 03.06.2011, www.spiegel.de)
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Tim Neuhaus: "The Cabinet"
(Grand Hotel van Cleef, Jan./März 2011) |
Der mir bislang unbekannte Tim Neuhaus ist studierter Schlagzeuger
und war Begleiter u.a. bei Künstlern wie Clueso oder der
Blue Man Group und legt hier auf dem schicken Hamburger Plattenlabel
von Kettcar und Tomte
ein tolles Debütalbum als Singer/Songwriter vor. Geboten wird
unspektakulärer, englisch gesungener Folkpop der guten Art, der
mit wiederholtem Hören sogar noch besser wird.
Die CD gab's bereits im Januar, das Vinyl vom März ist mit Downloadgutschein:
wie immer eine Freude so etwas!
(20.03.2011)
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Dieser Liedermacher erschafft ein naturbelassenes und trotzdem pompöses Popalbum mit einer Süße ganz ohne Kariesgefahr. Tim Neuhaus und seine Band betören mit sanft gezupften Gitarrensaiten zu fein gesetzten Synthie-Elementen, wobei Neuhaus' soulig-gefühlvolle Stimme die ganze Bandbreite introspektiver Melancholie ausfüllt. Zusammen spielen sie akustischen Lehrbuch-Indie-Pop, der stets den gebührenden Abstand zur Kitschgrenze bewahrt. Beiheimatet sind die Musiker auf Plattenschmiede Grand Hotel van Cleef. Das Hamburger Label kündigt "The Cabinet" ganz zu Recht als seine bisher poppigste Veröffentlichung an. Trotzdem gesellt er sich zu Soundverwandten: Hätte jemand der 2005er-Veröffentlichung "We, The Vehicles" von Maritime den Strom geklaut und es entschleunigt, käme das dem neuesten GHvC-Droping ziemlich nahe. Noch etwas zaghaft zieht der Opener "Troubled Minds" den Hörer in das folgende Inferno brillianter Indiespielerei. Stockende Synthietöne erklingen zu bestimmten Tastenanschlägen bevor die erste Melodie damit beginnt, den künftigen Fan zu umgarnen. In den poppigsten Momenten setzt "Troubled Minds" mit Glockenspiel und Klavier melodisch immer noch einen drauf, lässt aber genug Platz, den Atem stocken zu lassen. Das folgende "As Life Found You“ wabert so wundervoll, dass man wünscht, es möge nie enden. Bei dem von Neuhaus' Stakkato-Summen geprägten Track, handelt es sich schon an zweiter Stelle um den eindeutigen Höhepunkt der Platte. Der folgende Track "5 Weeks“ hält die Vorstellung jedoch leider nicht am Leben. Dafür wird man vom nächsten Stück "Armed With A Friend“ wieder aufgefangen. So reiht sich im wohlig warmen Fahrwasser des Cabinets eine Indieperle an die nächste. Als echter Hit mit Tanzflächenpotential sticht gegen Ende noch einmal "Pete's Song" hervor. Auf der Bühne wird Neuhaus von einer fünfköpfigen Band mit zwei Drumsets unterstützt und die Songs werden von allen Bandmitgliedern mehrstimmig begleitet. Während seinen Konzerten, unter anderem auf dem Fest van Cleef, verzaubert der gebürtige Hagener die Besucher schon seit geraumer Zeit scharenweise. In verschiedenen Ländern der Erde seine Musik zu machen, ist für den studierten Schlagzeuger "ein langfristiges Gefühl von Geilheit". Die Versessenheit darauf, sein Verständnis einer andauernden Wonne-Empfindung zu transportieren, hält "The Cabinet" fest. Wenn es möglich ist, die Beschleunigung des Herzschlags oder ein wohliges Seufzen in einem Ton-Bild festzuhalten, meistert Tim Neuhaus das innerhalb der zwölf Songs. Schwelgerische Verträumtheit charmant vertont zu einer Torte der Glückseligkeit. Mjamm.
(motor.de)
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Phil Selway: "Familial"
(Bella Union, Aug. 2010) |
Phil Selway ist natürlich in erster Linie als Drummer
von Radiohead bekannt. Auch bei Neil Finns "7
Worlds Collide"-Sessions in Neuseeland hat er mitgemischt
- zuletzt sogar mit zwei eigenen Songs, selbst gesungen und mit der
akustischen Gitarre vorgetragen. Das war schöner Folk, der so
garnichts mit Radiohead zu tun hat und sogar in einem Fall
("The Tie That Binds") zu den Höhepunkten der "7
Worlds Collide"-Aufnahmen gehört. Offensichtlich hat
ihm dieser Ausflug in fremdes Terrain so gut gefallen, dass er das
Ganze jetzt zu einem kompletten Album ausgebaut hat, auf dem kaum
getrommelt (ab und zu ist Wilcos Glen Kotche zu hören),
aber viel gesungen und geschrammelt wird. Mag ich.
(08.09.2010)
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Leidenschaftlicher Akustikpop bestimmt Philip Selways erstes Soloalbum "Familial". Damit setzt sich der Radiohead-Drummer von den Experimentalausflügen seiner Kollegen ab. "The Eraser" nannte sich Thom Yorkes erstes Artist-Album und war am Ende nicht mehr als das, was seine Band Radiohead sonst fabrizierte: Mit elektronischen Sperenzchen aller Art, hätten einige Songs problemlos im Kollektiv funktioniert und die vielen Soundtrack-Arbeiten von Kollege Jonny Greenwood klangen zwar kurios, aber ebenso vorhersehbar. Im Gegensatz dazu überrascht Philip Selway mit seinem Debüt "Familial" und den darauf enthaltenen Kleinoden aus sachtem Folk- und Singer/Songwritermomenten.
Fast komplett unverstärkt spielt sich der Radiohead-Drummer durch die Songs und erzählt von Familienstrukturen, die nicht allein seine Rolle als Vater thematisieren, sondern obendrein zeigen, wie wichtig ihm Freunde und Bekannte sind - sowohl musikalisch als auch privat. Dazu singt er auf erstaunlich hohem Niveau und am liebsten würde man Thom Yorke eine Petition zukommen lassen, mit der Bitte, Selway demnächst öfter ans Mikro zu holen. Freilich auch deswegen, weil meist der Fehler begangen wird, den Drummer einer Band als vermeintlich schwächstes musikalisch Glied auszumachen - der einzig seinen Job erledigt, die Sticks schwingt und froh ist, wenn andere das Songwriting übernehmen.
Philip Selway straft dieses Vorurteil Lügen und wem "Familial" nicht beweist, dass er zu Höherem berufen ist, dem ist leider auch nicht mehr zu helfen. Allein das gehauchte Eröffnungsstück "Beyond Reason" wirkt derart karg und aufrichtig, dass es beim ersten Hören wehtut - so unerschrocken verarbeitet Selway hier die gesamte Gefühlspalette von lustig bis traurig in nur einem Text. Generell hält er sich in den Texten nie zurück, berichtet von Orten und Plätzen an denen er sich besonders wohl fühlt, Missverständnissen, Irrungen und den manchmal so einfachen Lösungen dafür. "Familial" ist ein hervorragendes Songwriter-Album, dass dank der Mithilfe von Gästen wie Lisa Germano, Ian Davenport und Wilco-Drummer Glenn Kotche durchweg überrascht. Positiv wohlgemerkt, denn Philip Selways Soloausflug ist der bislang gelungenste aller Radiohead-Mitglieder.
(motor.de)
Familial was fostered by Neil Finn's 2001 all-star concerts, through which Radiohead drummer Philip Selway established connections with multi-instrumentalist Lisa Germano and bassist Sebastian Steinberg. In 2009, Finn and his cast of dozens recorded an album under the same name as the concerts, 7 Worlds Collide, titled The Sun Came Out. Selway contributed a pair of hushed, folk-tinged songs to the album, both of which demonstrated a natural way with understated yet penetrating songwriting. Slightly different versions of those two songs, “The Ties That Bind Us” and “The Witching Hour,” are featured on his first solo album. The eight new songs are in a similar vein, sifting through adulthood, parenthood, regret, and dissolving relationships. Germano and Steinberg, along with Wilco drummer Glenn Kotche (who played on the 7WC album) and keyboardist Patrick Sansone, support Selway, who mostly sticks to guitar and vocals. Vocally and melodically, Selway’s closest contemporary is Luke Haines (circa the first two Auteurs albums, especially), carrying a constant fragile lilt with a magnetic pull. Selway’s lyrics are humane, however — they soothe far more frequently than seethe. They’re often direct and vivid, as on “Ties,” in which he addresses his son: “So take me back to a time before I lost my nerve and the trail went cold/I want to know there’s another way/I want to shield you from my mistakes.” Nothing gets the blood pumping, but that clearly is not the intent. These largely acoustic songs, occasionally embellished with electronics and other effects, are geared for a quiet evening spent alone. Subtle, touching albums like this should be made more often, preferably by Selway and his associates here.
(by Andy Kellman, All Music Guide)
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J. Tillman: "Year Of
The Kingdom" (Western Vinyl, Sept. 2009) |
Jay Tillman aus New York ist eigentlich Schlagzeuger von Beruf,
aber gleichzeitig auch einer der vielen zauselbärtigen Singer/Songwriter,
denen die Zusammenführung von Akustikgitarre, Banjo und Computerloops
wie selbstverständlich von der Hand geht. Laptop und Nick
Drake sind eben doch kein Wiederspruch. Sechs CDs soll es von
dem Mann schon geben, aber erst kürzlich bin ich über ihn
gestolpert, wahrscheinlich irgendwo im Internetz, und erfahre jetzt
sogar, dass er seit kurzem auch bei den Fleet
Foxes hinter dem Schlagzeug sitzt - und natürlich auch zu
derem gesanglichen Wohlklang beiträgt.
(17.01.2010)
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Der Drummer der Fleet Foxes mit seinem 6. Solowerk und mit etwas mehr Verve als der Vorgänger.
(Glitterhouse)
Though the sound remains dreamy, it’s expansive; the melodic songs have a feeling of joy (Earthly Bodies). And his mournful solitariness is replaced by a clear, upfront vocal singing mystical lyrics. Exquisite.
(Mojo. ****)
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J. Tillman: "Vacilando
Territory Blues" (Bella Union, Jan. 2009) |
Album Numero 5 vom aktuellen Schlagzeuger der Fleet
Foxes. Der Vorgänger von "Year Of
The Kingdom" war recht günstig zu bekommen und enthält
ebenfalls wunderbare Musik abseits der Hauptstraße.
(20.01.2012)
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Das mittlerweile fünfte Album des Songwriters, der mit Nick Drake, Jason Molina und Will Oldham verglichen wurde und mittlerweile als Schlagzeuger der Fleet Foxes (die hier mitwirken) zu Erfolg gekommen ist.
(cpa, Glitterhouse)
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Sticht: "Small City
Lights" (Micropal, Mai 2008) |
Alex Sticht trommelte in den 80ern bei den legendären
Throw That Beat In The Garbage Can und in den letzten Jahren
bei Missouri. Sein Debüt
als Sänger, Gitarrist und Songschreiber ist zwar nicht spektakulär,
aber doch schön anzuhören.
(20.06.2010) |
Beachfield: "Brighton
Bothways" (Tuition, Okt. 2007) |
Ein und ein halbes Jahr nach dem Tod von Grant McLennan und
somit dem Ende der Go-Betweens gibt es ein kleines freudiges
Ereignis in Form des ersten Soloalbums von Glenn Thompson,
dem letzten Schlagzeuger meiner Lieblinxband. Schon auf "Worlds
Apart" konnte man erahnen, dass der Mann mehr als trommeln
kann, denn bereits dort sorgte er im Studio für die eine oder
andere Gitarren- und Keyboardeinlage. Auch live wusste er als Chorsänger
zu gefallen. Dass er als Songschreiber und Leadsänger bei den
Go-Betweens keinen Platz hatte war klar, aber er holt es jetzt
nach: und gar nicht mal so schlecht! Eine angenehme Gitarrenpop-Platte
ohne virtuoses Gefrickel (Glenn spielt alle Gitarren und Keyboards
absolut songdienlich selber). Allerdinx finde ich nicht, dass er wie
Grant McLennan singt, wie in einer Rezension behauptet wird.
Oder gar die Go-Betweens ersetzten könne. Oder wollte.
(31.12.2007)
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So was geht eigentlich gar nicht: dass der Drummer einer untergegangenen Legendenband sich selbstständig macht und den Stil dieser Band imitiert, bis hin zum Timbre. Die Stimme von Glenn Thompson hat nämlich etwas von der jungenhaften Traurigkeit Grant McLennans, dem 2006 überraschend verstorbenen Co-Chef der Go-Betweens - und bei eben dieser großen australischen Band trommelte Thompson. Mehr durfte er nie; zu dominant war das Autorenduo Robert Forster/McLennan. Thompsons Debüt überrascht nun mit fein komponierten Folkpopperlen, von denen manche auch den Go-Betweens gut gestanden hätten. Seine melancholisch trabenden Songs klingen gut abgehangen, einige haben bezwingende Melodien - man höre nur das liebliche "Oneway Ticket" mit der Aura einer halbschnellen Ballade von Stephen Duffy, samt kurzem Gitarrensolo im Dreampopstil. Bei einigen Songs findet Thompson kein richtiges Ende ("Theme Person"), mancher Vers ist banal ("the sun comes after the rain"), doch das ändert nichts am Gesamteindruck eines hübschen Albums, das die Go-Betweens-Fackel schüchtern weiterträgt.
(kulturnews.de)
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Darum geht´s doch im Pop: Imagination. "Can you imagine?" fragt Glenn Thompson, da ist sein Debüt-Album gerade anderthalb Sekunden alt und es folgen vierzig Minuten voller Imagination & Inspiration. Imagination & Inspiration blüht auf ganz eigene Art weit ab von den Zentren des Pop, in der splendid isolation Australiens. Dort war Glenn Thompson Schlagzeuger bei einer der inspiriertesten und inspirierendsten Bands seit der Erfindung der Gitarre: The Go-Betweens, dieser A dream of what a pop group should be. (NME) Ein Traum von einer Popgruppe mit den beiden gleichberechtigten und doch so unterschiedlichen Songwriter-Sängern Grant McLennan und Robert Forster. Der Traum endet im Mai 2006 mit dem plötzlichen Tod McLennans. Heute wissen wir, dass es bei den Go-Betweens noch einen dritten hochbegabten Auteur gab. Dass Forster und McLennan keinen dritten Songwriter neben sich dulden, wo doch Forster McLennan und McLennan Forster neben sich dulden mussten, ist ja irgendwie verständlich. Also hebt sich Glenn Thompson seine Songs auf für sein eigenes Coming-Out. Willkommen in der bezaubernden und manchmal etwas wunderlichen Welt von Beachfield.
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Brent Cash: "How
Will I Know If I'm Awake" (Marina, Feb. 2008) |
(10.06.2011)
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Das erste Album des Mannes aus Georgia. Bedingsloser Pop, der an längst vergangene Tugenden erinnert. Befreit von jeglicher kompliziertheit, ganz dem Song und einem sehr üppigen Rahmen aus Arrangements geschenkt, blühen da Assoziationen an Pilot, Gilbert O’Sullivan, Andrew Gold, Tarney/Spencer, manchmal Hall & Oates, natürlich an die Beach Boys, schon weil die Stimme so gut passt, weich und hoch. Wer die obigen noch kennt, weiss schon ob er dem Liebe oder Ignoranz entgegen bringen möchte, ich habe die 7“-Singles der besagten damals gekauft, und wenn manches auch über die Zeiten zu bonbonrosa geworden ist, vieles hat auch immer noch Platz im Ohr, schon gar die Beach Boys, aber auch vieles sonst dieses unschuldigen und unbelasteten – damals überwiegend aus England kommenden Leicht-Pops. Dieser Ami kommt auf dem Marina Label, und wer mal irgendwo reinhorchen möchte, der wird mit When The World Stops Turning oder I Think I’m Falling In Love bestätigt finden was ich meine. (ICC)
(Glitterhouse)
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Liam Finn: "I'll Be Lightning"
(Haldern Pop/Liberation, Aug. 2007/Okt. 2008) |
Die Konzerte von Liam zusammen mit seiner Freundin sind der reinste
Wahnsinn, wie ich auf neulich auf YouTube erfahren habe:
zuerst wird mit der Gitarre ein Riff gespielt und mit einem Sampler
aufgenommen, teilweise mehrere Schichen übereinander gelegt. Dann
springt er an das Schlagzeug (so weit ich weiß, eigentlich sein Hauptinstrument!)
und prügelt dazu die wildesten Rhythmen. Absolut sehenswert!
Die CD ist eine ganz andere Baustelle: gesangs- und gitarrenlastiger
Singer/Songwriter-Folk-Pop, bei dem das Schlagzeug eine relativ untergeordnete
Rolle spielt, mit gelegentlichen modern-elektronischen oder brachial-rockigen
Einlagen. Liams familiärer Hintergrund kann und muss auch nicht verdrängt
werden. Natürlich gehört er als Sohn von Neil zum neuseeländischen
Musikclan der Finns, der mit Onkel Tim Finn (und dann auch
Papa Neil Finn) mit der Band Split Enz begann
und seinen bisherigen Höhepunkt in Crowded
House (vor allem die Band von Papa Neil, gelegentlich
aber auch mit Onkel Tim und sogar Liam als Tourgitarrist, wie zuletzt
2007!) fand. Zwar hat Liam Finn auf seinem Solodebüt fast alles selber
gemacht (Gesang, Gitarre, Schlagzeug, Tasten), aber es gab familiäre
Unterstützung: Papa Neil Finn ist einmal am Bass dabei, Matt
Eccles, Trommler seiner alten Band Betchadupa, hilft auch
gelegentlich aus.
In Australien/Neuseeland (bei Liberation) und in den USA (bei YepRoc)
erschien das Album bereits im vergangenen Jahr. Jetzt gibt es es auch
bei uns: und zwar beim kleinen, aber feinen Label vom Haldern-Pop-Festival,
das uns vor kurzem auch schon das 2006er-Werk von William
Fitzsimmons näher gebracht hat. Wenn "alte" Sachen so
hübsch und zeitlos sind wie bei diesen beiden CDs, dann habe ich natürlich
nichts gegen das Auftragen alter (günstiger?) Klamotten.
(26.12.2008)
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Von zum Vergehen schönen Melodien durchzogenes Debut-Werk des Sohnes aus bestem Hause (Die Verwandtschaft ist hörbar: In der uneingeschränkten Liebe zu pur-harmonischem Wohlklang fällt der Crowded House-Neil-Apfel nicht weit vom Stamm), auf dem Feinklang-Label Haldern Pop. Dabei verbrauchen die 14 Prall-Pop-Songs keinen großen Aufwand, akustische und elektrische Gitarren, oft mit herzhaftem Schrammel-Charme gespielt, wenig Schlagwerk, sanfter Bass und ein paar dezent-verstiegen-altmodische Keyboard-Klang-Lichter reichen völlig aus, um das mitreißende Umfeld für Finn's, gern auch mehrstimig dargereichte, weich-schmeichlerische Stimme zu bilden. Da erkennt man die rauhe Klarheit der frühen Kinks, wurzel-reinen Folk (sowohl britischer wie amerikanischer Provenienz), CSNY-/America-Harmonien, den hymnischen Ungestüm des Brit-Pop und natürlich das Schönklang-Schwelgen des väterlichen Vorbilds - aber Liam ist weit mehr als nur "Dersohnvon", er ist ein eigenständiges, begeisterndes neues Kapitel in der Finn-Geschichte.
(Glitterhouse)
Liam Finn's musical apprenticeship was at the feet of his father, Neil, the acclaimed singer/songwriter behind Crowded House. Finn's teenage band Betchadupa opened for Neil on solo tours in the late '90s, and when Crowded House re-formed in 2007, Liam joined as a touring member. Such close familial connections are not uncommon among Finns — Neil joined his brother Tim's band Split Enz when he was in his late teens and he soon was on an equal footing with his sibling by his early twenties, roughly the same age Liam was when he released his solo debut, I'll Be Lightning, in 2007 (the record was released in the U.S. in early 2008). I'll Be Lightning finds Liam coming into his own as a singer/songwriter not unlike how Neil did around the time of True Colours, a remarkable parallel in musical development that, when combined with the passing similarity in their songwriting styles, can perhaps tie Liam a little too closely to his father. Like his dad, Liam has an ear for hooks and a predilection for melodic craft, but he is not only his own man, he is certainly the product of his own generation, raised on classic pop dating back to the Beatles but obsessed with indie singer/songwriters of the '90s, specifically Elliott Smith. I'll Be Lightning has the same spare, dreamy qualities of Smith's music, but Liam Finn isn't as haunted as Smith, even if he has a similar knack for floating melodies. Despite a fair share of brokenhearted ballads here, this isn't an overly melancholy album; it can be comforting in its spells of sadness, partially because they're balanced by lighter material that meshes with the slower, sadder songs to give this depth, a richness in lyric and music uncommon to young singer/songwriters. The arrangements are slyly inventive, too: "Bottle It Up" gains considerable propulsion from its blaring bass, "Second Chance" has a tapestry of skittering drum loops and gentle harmonies, and even the straight-ahead driving pop tune "Lead Balloon" is percolating with ideas beneath its undeniable hooks. These little details are revealed upon repeated plays, but what really gains hold upon those subsequent revisits to I'll Be Lightning is the strength of Liam Finn's songwriting, as the 14 songs here seem stronger upon each listen, with the songs soon seeming indelible. This kind of gift is rare, but it has been passed on from father to son in a way that is similar yet quite different and equally valuable, as this excellent debut makes plain.
(by Stephen Thomas Erlewine, All Music Guide)
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Zwanie Jonson: "... It's
Zwanietime" (Buback Tonträger/Hoobert, Juni 2007) |
Christoph Kähler, Schlagzeuger für Veranda
Music, Nils Koppruch und
Wolf Maahn, hat im letzten Jahr fast unbemerkt ein wunderschönes
Soloalbum herausgebracht, irgendwo zwischen Folk, Gitarrenpop und
Barjazz angesiedelt. Ich sag mal: Brian Wilson und die Beatles
sind nicht weit weg. Alles selber komponiert und ganz toll gesungen
- und dazu auch noch fast alles selber eingespielt, aber es hat gar
nichts von dilletantischem bis höchstens charmantem Homerecording,
sondern klingt auch noch richtig gut produziert.
Singende & komponierende Trommler - das scheint ja ein neuer Trend
zu sein (hallo Mathias!).
(09.03.2008)
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Der allseits beliebte Hitproduzent und Rapper, Mensch und
Musiker DJ Koze (Fischmob, Adolf Noise, International Pony) ist unter die
Labelmacher gegangen: Hoobert heißt es und hat sich das Schnorcheln
nach schöner Musik ins Stammbuch geschrieben. Auslöser war dieser
Mann: Zwanie Jonson. Das Hamburger Multitalent, das unter dem bürgerlichen
Pseudonym Christoph Kähler als Schlagzeuger von u. a. Veranda Music
und Fink bekannt wurde, beweist auf "It's Zwanietime" Geberqualitäten.
Die zwölf Songs sind zeitlos und groß und wachsen bei jedem Hören.
Durch Zwanies wirklich lässigen Umgang mit Gesang und Instrumenten
ist dieses Album herrlich unaufgesetzt und berührt mit schonungsloser
Ehrlichkeit. Die Süße und Freundlichkeit, die sich durch alle
Songs zieht, lässt einen glauben, Zwanie stehe kurz vor seiner Erleuchtung.
Manche behaupten gar, Zwanie sei alle Beatles in einer Person: ein Mystiker
wie George Harrison, ein Weltverbesserer wie John Lennon, ein Frauenversteher
wie Paul McCartney und ein Schlagzeuger wie Ringo Starr. Von jedem etwas
und für alle: Zwanie Jonson! |
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Liebe Freunde,
an einem Sonntag gab mir Zwanie eine CD mit der Aufschrift:
Zwanie Songs 1998 - 2006
Eine Zusammenstellung einiger seiner Lieder. Nur so, zum Hören.
Ich war sofort verzaubert von der Sweetness und Schönheit dieser
Songs. Über ein Jahr begleitete mich diese CD auf meinen Reisen durch
fremde Länder und bei jedem Hören wuchsen und wuchsen diese
wunderbaren Songs. Anders als bei so viel anderer Musik musste ich mir
diese nicht schönsaufen. Nein, diese Songs waren bezaubernd, zeitlos
und besonders.
Spätestens als meine Freundin das dritte Mal fragte: Was ist
das noch mal Schönes?, als Zwaniesongs in meiner Zufalls-Schleife
erklangen, reifte in mir ein Gedanke: Die Welt braucht Zwanie!
Schon länger spielten meine Lieblingsplattenfirma Buback und ich
mit dem Gedanken, gemeinsam ein Label zu gründen... mein eigenes
Unterlabel sozusagen. Doch bisher war ich der Meinung ich hätte schon
genug Probleme, auch ohne eigenes Label. Dann schon lieber eine Katze
kaufen, oder zwei... damit die eine sich nicht so langweilt, wenn ich
nicht da bin. Wiederum an einem Sonntag wusste ich dann, dieses Album
ist der schönste und zwingendste Grund doch selber loszulegen, ein
Label zu starten und lovely music zu veröffentlichen.
Zwanie, der seinen Namen übrigens der Tatsache verdankt, dass er
früher immer alles für einen Zwanni (20DM/10Euro) eingespielt
hat, spielte auch auf diesen 12 einhalb Songs, bis auf ein paar Ausnahmen,
alle Instrumente selber ein. Nur dass er diesmal keine 20 Mark dafür
bekam. Dafür darf ich ihn und seine 4köpfige Familie jetzt durchbringen.
Danke noch mal.
Durch Zwanie's wirklich lässigen Umgang mit Gesang und Instrumenten
ist dieses Album herrlich unaufgesetzt und berührt mit einer manchmal
schonungslosen Ehrlichkeit. Die Sweetness und Freundlichkeit, die sich
durch alle Songs zieht, lässt einen glauben Zwanie stehe kurz vor
seiner Erleuchtung. Mein Freund und Kupferstecher André Luth behauptet
gar, Zwanie sei alle Beatles in einer Person:
Wenn ich mal kurz erklären darf: Für mich ist Zwanie
ein waschechter Mystiker, wie George Harrison. Sein Thema ist L.O.V.E.,
aber mehr so kosmisch. Manche Freunde von früher sagen, er ist ein
komplizierter Mann, wie John Lennon, ein weltverbessernder Imbettsitzer
und Saufbotschafter für den Weltfrieden. Er ist aber auch ein richtig
netter Typ, ein Frauenversteher, wie Paul McCartney. Mit dem teilt er
dieses Händchen für die gute Melodie und warme Harmonien. Und
er ist ja im Hauptberuf ein Schlagzeuger, wie Ringo Starr. Wenn sein Sohn
einmal alt genug ist, wird er dessen Junior Zak bei Oasis ablösen,
so gute Gene hat Zwanie.
So, jetzt aber genug des Lobes. Ich will ja auch nicht das Zwanie durch
die Decke geht und mir am Ende noch auf der Nase rumtanzt. Er muß
heiß bleiben, denn mit ihm will ich noch richtig Scheine machen!
Ich wünsche Euch, liebe Freunde, nun eine schöne Zeit mit meinem
Freund Zwanie Jonson...
DJ Koze,
Hamburg, St. Georg im Januar 2007
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"Tim O'Reagan"
(Lost Highway, Juni 2006) |
Tim
O'Reagan war Schlagzeuger bei den Jayhawks
(ab Mitte der 90er bis zur Bandauflösung ca. 2003) und überzeugte
dort bereits durch seinen Chorgesang (vor allem, seit Mark Olson
von Bord gegangen war) und auch gelegentliche Eigenkompositionen.
Anscheinend konnte er nach dem Ende der Jayhawks
die Geldgeber bei Lost Highway, dem letzten Vertragslabel der
Band, dazu überreden, ein Soloalbum zu finanzieren. Das ist sogar
recht schön geworden, hat aber leider wohl kaum was verkauft,
denn es gibt anscheinend keinen Nachfolger. Schade eigentlich.
(16.10.2010)
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When the Jayhawks decided to go on hiatus in 2005, there were probably very few fans asking themselves, "Gee, I wonder what the drummer is going to do next?" But it turns out the guy was someone to watch — Tim O'Reagan, who spent ten years behind the traps with the Jayhawks and previously played with the Leatherwoods and Joe Henry, happens to be a gifted songwriter who has a real knack for great pop tunes. As you might expect, Tim O'Reagan has more than a few numbers with the sort of autumnal alt-country undertow that was the Jayhawks' trademark (such as "River Bends"), but the man can also put together a citified Beatlesque arrangement complete with glorious stacked harmonies ("Highway Flowers") and a bit of twang-infused chamber pop that wouldn't seem out of place on Wilco's Summerteeth ("These Things"). Though O'Reagan had help in the studio from a number of talented friends (including Gary Louris, Mark Olson, and Jim Boquist), he played many of the instruments himself, and he's a far better multi-instrumentalist that the average drummer, while his vocals have a slightly rumpled sincerity that's genuinely winning. Despite Tim O'Reagan's track record, his first solo album is hardly for alt-country completists only — in fact, folks who love smart, well-crafted pop in the manner of the Pernice Brothers or the Chamber Strings will probably find more to like here than the average Son Volt fanatic, though they're likely to tap their toes as well. In short, a very pleasant surprise.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Chris Brokaw: "Wandering
As Water" (RTS 42, Juni 2003) |
Chris
Brokaw war mal Schlagzeuger der (Slow-Metal?)-Band Codeine,
danach Gitarrist bei Come und zuletzt
mit Chris Eckman und Hugo Race im Projekt
Dirt Music zu hören. "Wandering
As Water" ist sein Debüt als Solist, eingespielt am 24.02.2003
nur mit einer Akustikgitarre, gelegentlich verzerrt, ab und zu von
einem Tamburine unterstützt. Es gibt viele Instrumentalstücke, gesanglich
hält sich Chris eher zurück, obwohl er keine schlechte Stimme hat.
Der Stil lässt sich nur schwer definieren: kein Rock, kein Folk: einfach
sehr eigenwillig. Rhythmisch ist das manchmal sehr vertrackt - da
kommt wohl immer noch der Ex-Schlagzeuger durch (Hallo Mathias!).
Vielleicht hilft der Hinweis auf die beiden Coversongs: "Ba-De-Da"
von Fred Neil und "Embryonic
Journey" von Jorma Kaukonen (Jefferson
Airplane).
(29.05.2009) |
Janet Bean And The Concertina
Wire: "Dragging Wonder Lake" (Thrill Jockey, März 2003) |
"Indie- und Roots-Fans mit wenigstens einem offenen Ohr werden
Janet Bean als Schlagwerkerin bei Eleventh Dream Day und als eine
Hälfte von Freakwater kennen. Schließlich verewigt sich
die in Kentucky aufgewachsene Musikern seit fast 20 Jahren auf diversen
Tonträgern.
Nachdem die andere Freakwater-Mitstreiterin Catherin Irwin erst
kürzlich ein Soloalbum vorlegte, das sie wie erwartet ganz
zurück zu den klassischen Country-Wurzeln führte, zieht
Janet Bean nun mit ihrem Solodebüt nach. Und wer wie ich Janet
als alternative Emmylou Harris eingeordnet hatte, also sehr wohl
der Wurzeln bewusst, aber doch lieber ohrenfreundlich als zu wurzelig/sperrig,
nun, der sieht seine Erwartungshaltungen hier getäuscht.
Zwar durchzieht die Pedal Steel von Jon Spiegel die gesamte Platte
mit einem countryesken Unterton, aber dagegen setzen mit Fred Lonberg-Holm
und Jim Baker zwei bekannte Chicago-Avantgardisten in diesem Zusammenhang
ungehörte Zeichen. Das gesamte Album könnte so eigentlich
auch zirka `72 erschienen sein, eingespielt von einer Singer-Songwriterin,
die von ihren Country-Folk-Wurzeln zu neuen Ufern aufbricht und
somit die Arrangements etwas komplizierter gestaltet, die Stimmung
etwas verdunkelt, hin und wieder relativ straight musizieren lässt,
dann aber Songs wie Neil Young´s "Soldier" gegen
den Strich bürstet. Auch die andere Fremdkomposition, "The
God Song (That´s Why I Love Mankind)" von Randy Newman
ist eher ambitioniert umgesetzt.
Natürlich ergeben sich absolute Hinschmelz-Momente ("Paper
Thin"), aber der Großteil der Songs und das Album als
Ganzes lassen/lässt sich nicht direkt im ersten Durchgang erschließen.
Doch der Hörer spürt hier die Tiefe und fühlt sich
angezogen von einer dunklen Songkollektion, die intensive Beschäftigung
verlangt und somit sicher auch über eine lange Halbwertszeit
verfügt."
Das mit dem Singer/Songwriter-Sound "zirka 1972" hat
Hand und Fuß: auch beide Coverversionen sind aus diesem Jahr. Das
ganze Werk ist etwas sperrig, aber schon beim ersten Hören
sehr spannend. Auch die Instrumentierung liegt ganz auf meiner Welle.
Außerdem hat es die Lady nicht nötig, sich auf dem Cover optisch
auszubreiten (sie könnte! Habe ich in 11th
Dream Day und Freakwater-Konzerten
schon feststellen können!), sondern hat da ein wunderschönes
Gemälde platziert.
(16.04.2003)
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... and Zen