... mit einer urgewaltigen Gitarrenorgie startet eines der ungewöhnlichsten,
experimentellsten und mutigsten Alben eines Künstlers, den man zu
kennen glaubt, das ich seit langem gehört habe. Okay, der geniale
Popmeister aus Chapel Hill, North Carolina hat in den vergangenen 27 Jahren
wahrlich so viele unterschiedliche Projekte verwirklicht, dass man bei
ihm immer auf Überraschungen gefasst sein sollte. Seine Vita kennt
jeder an US/Indiestoff Interessierte, ich hatte sie anlässlich des
sensationellen 'Travels In The South'-Comebacks nochmal kurz umrissen
- bekanntlich war das klar meine 2004-Sieger-CD! Die neue Platte ist da
ganz anders, jetzt legt Stamey erst richtig los: Er hat sich keine Geringeren
als Yo La Tengo (für manche die letzte Bastion aufrichtigen Independent
Rocks) geschnappt und mit ihnen und einigen Freunden (Gene Holder, Caitlin
Cary, Keyboard Wizzard Tyson Rogers) in nur 3 Tagen im vergangenen August
13 kapitale Tracks eingespielt: Von der dröhnenden Feedback-Eröffnung
geht's direkt zu den 5 Coverversionen des Albums. Hintereinander hören
wir eine brachiale, brettharte 60s Hommage an die Yardbirds ('Shapes Of
Things'), die subtil verpackte, mit traumhaften Soli gespickte Liebeserklärung
an Television ('Venus'), eine kompromisslos-brutale, Hendrix-wirr gerockte
Fassung von Jack Bruce's 'Politician' (Cream), dann das psychedelisch
in Slow Motion frei nach Rain Parade dräuende 'Plainest Thing', eigentlich
eine Country Pop-Nummer von Tift Merritt's 'Tambourine'-CD! Und eine dynamisch
stampfende, höllisch groovende Studio/Rock/R&B/Jam-Fassung des
60/70er Soul/Jazz-Klassikers 'Compared To What' (Eddie Harris/Les McCann,
Roberta Flack). Wohlgemerkt, hier sind erst gut 20 Minuten rum, mehr als
eine halbe Stunde mit Stamey's eigenem Material kommt noch. Und wie! Zuerst
ein poppiges Remake seiner ersten Single 'Summer Sun' von 1978, wonach
sinnigerweise YLT ihr letztes Album benannt haben. Dann das Instrumental
'Come On', das heftig flower-powerige 'Sleepless Nights', ein Song, in
dem nur diese beiden Worte gesungen werden... Ja, und dann mein definitiver
Album Rock-Killertrack für 2005, 'McCauley Street', ein 10:41 langes
Monument, das nach den ersten beiden Strophen von Ira Kaplan & Stamey
in derart entfesselter Feedback-Manier komplett zerlegt und zersägt
wird wie es Neil Young mit Sonic Youth nicht mörderischer hinkriegen
würde. Tief durchatmen dann für den lauten Boogie Stomper 'Desperate
Man' und sich entspannt freuen beim abschließenden Roots/Novelty/Bluegrass/Rock
Instrumental 'Dr. Strangelove's Assistant Or How I Learned To Stop Worrying
And Love The Marimba' im Teamspiel mit dem Alt.Grass-Quartett Chatham
County Line. Fazit: Die ungebremste, überschäumende Lust dieser
tollen Musiker an solch einer Wahnsinns-Jam Session geht zu 100% auf den
Hörer über - obwohl ich soviel geschrieben habe, ringe ich vor
Begeisterung immer noch nach Worten.
(Glitterhouse)
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