Auch wenn Bruce Robison diese saitenstrotzende Songkollektion als Produzent in final-feine Form gegossen hat, so findet der Kelly-Kenner hier nach mehr als zehn Jahren des Wartens und Weinens endlich, endlich wieder ein echtes Willis-Soloalbum vor, ein in allen besten Bedeutungen des Wortes altmodisches Album, das die ganze Vielfalt und vokale Wunderkraft dieser einzigartigen Country-Stimme bündelt und perfekt präsentiert. Eröffnet mit einem mitreißenden Soul-Seitensprung führt das 10-Song-Werk, gekonnt gemischt aus Kelly-Originalen und wenigen, wohlgewählten Fremdwerken, durch die faszinierend facettenreiche Vielfalt des klassischen Country der seligen Tage, als Nashville noch nicht der finanziellen Verlockung der penetranten Power-Balladen verfallen war (O-Ton Willis: „Roots-Rockabilly-Country-Blues, to narrow it down for you. Kind of Nick Lowe meets Skeeter Davis meets Crystal Gayle“.). Begleitet von mal gleißend elektrischem, mal traditionstreu akustischem Instrumentarium führt uns die zeitlos berührende Stimme durch die wurzelweisen Weiten des klassischen Country-Terrains, glänzt in Swing, Waltz, Honky Tonk und Rockabilly gleichermaßen, und krönt des Country-Connaisseurs Genuss mit tränenziehenden Balladen-Prachtstücken, die kaum jemand derart delikat beherrscht wie Kelly. Trotz dieser angeborenen Balladen-Gabe weiß sie auch in heftigen und deftigen Gangarten eine betörende Figur zu machen, und ihre Stimme weiß auch neben Stones-nahen Riffs, im CCR-Swamp oder in Roots Rock a la John Hiatt zu leuchten. Mit solchen Songs, mit einer so unverwechselbaren Stimme spielt die Country-Göttin längst in einer Klasse mit Emmylou, Linda und Dolly (wie traumhaft wäre ein Quartett gewesen …), leider aber weilt diese Solo-Sternstunde nur 32 Minuten. Aber wozu gibt es eine Repeat-Taste …
(cpa, Glitterhouse)