Bei dem Versuch, die Kunst von Element of Crime in Worte zu fassen, muss man bald einsehen, dass die eigene Sprachgewalt sich neben der von Sven Regner ungefähr ausnimmt, wie zwischen Legastheniker und Purlitzerpreisträger. Einziger Trost: Sprachlosigkeit ist keine Schande in Momenten großer Begeisterung, so wie beim Hören des neuen Albums Immer da wo du bist bin ich nie. Da klingen harte Fakten plötzlich wie dürre Worte: 13 Alben in fast 22 Jahren, -schön und gut- doch was drückt das tatsächlich über die Qualitäten einer Band aus? Sicherlich eine ganze Menge, jedoch so gut wie nichts, in Anbetracht der Fülle an wunderbaren Songs und Texten, die sie im Laufe der Zeit geschaffen hat. Eigentlich müsste die Band Element of “Time“ anstatt “Crime“ heißen, denn sie nimmt sich, wenn nötig, vier Jahre Zeit, um ein neues Album herauszubringen, wie seit Erscheinen ihrer letzten CD Mittelpunkt der Welt. Weiteres Charakteristikum: Die Mitglieder verfransen sich nicht auf der Suche nach musikalischen Innovationen von Beats und Bytes, sondern hören lieber in sich hinein. Immer da wo du bist bin ich nie ist wieder ein typisches Element of Crime Album geworden, dessen 11 Songs man begeistert begrüßen darf, so wie einst ungeduldig wartende Leser jeden neuen Roman von Georges Simenon. Hier wie dort dreht sich alles um die Betrachtung der kleinen Dinge im Alltag, die umso größer werden, je näher man an sie herangeht. Die parabelförmige Flugbahn eines Kinderschuhs auf einem Spielplatz gerät Sven Regner mühelos als brillanter Einstieg zu einer ebenso originellen wie schönen Liebeserklärung (“Am Ende denke ich immer nur an Dich“), -und das ist nur eines von ganz vielen Beispielen auf diesem Album! Auch in musikalischer Hinsicht ist alles in Butter, aufgrund der bewährten Mischung aus Balladen (“Bitte bleib bei mir“) und rockig angehauchten Songs (“Euro und Markstück“). Arrangements mit Stilmitteln aus Country und Straßenfolk haben der Band Vergleiche mit Dylan, Diddley & Co. eingetragen. Das mag stimmen, aber eigentlich bleiben sie schlicht und einfach Element of Crime, und damit immer nur sich selbst treu. - Andreas Schultz
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Zuletzt hatten Element Of Crime ja so was wie einen Hit. "Delmenhorst" landete vor vier Jahren als erste Single des Berliner Quartetts in den Charts, auch die zugehörige CD "Mittelpunkt der Welt" sorgte für so viel Rücklagen, dass die Band eine Kreativpause einlegen und Sänger Sven Regener seine "Herr Lehmann"-Romantrilogie vollenden konnte. Radikal weiterentwickelt haben sie sich in diesen vier Jahren allerdings nicht. Ohnehin waren Element Of Crime immer schon Strukturkonservative, deren extremster Formbruch darin bestand, um 1990 ihre englischen gegen deutsche Texte einzutauschen. Seither spielen sie mal ein verschattetes Seemannslied ("Euro und Markstück"), mal holprigen Country ("Kopf aus dem Fenster") und immer wieder chansoninfizierte Schlager ("Einer kommt weiter"). Die Unterschiede zwischen den Element-Of-Crime-CDs lassen sich eher an den Arrangements festmachen als am Songwriting, und in Bezug auf die Arrangements erinnert sich die Band 2009 anscheinend an ihre Punkwurzeln: Regener singt, als ob er sich die letzten Jahre nur von Zigaretten und schlechtem Whiskey ernährt hätte, und Jakob Iljas Slidegitarre klingt mehr als einmal hübsch neben der Spur. Außerdem greift Regener überraschend selten zur Trompete, dafür gibt es Mundharmonikas, Streicher, einen extrem schrägen Kinderchor ("Der weiße Hai") und zum ersten Mal einen textlichen Totalausfall ("Bitte bleib bei mir") - den man dieser Band aber verzeiht, weil "Immer da wo du bist ..." ansonsten einfach mehr vom Gleichen ist, und das Gleiche heißt hier: das Gute. (fis)
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