Return To Sender-gewohnt gewandet in einen dunkelbraunen Digipak. Am 10. April live mitgeschnitten in Barcelona, eingespielt im Trio Walter Salas-Humara (voice & guitar), Andrew Glackin (bass, lap steel, voice) und Konrad Meissner (drums, voice), der neuen Silos-Mannschaft, beschränkt sich das Repertoire ausschließlich auf Salas-Humara Stücke (mit einer halben Ausnahme).
Seit dem Ende der 70er tummelt sich Walter Salas-Humara in der US-Independent-Szene, spätestens seit Mitte der 80er setzt er mit seinen Silos deutliche/hörbare Akzente und ist vielleicht nicht ganz unschuldig am Revival des US-Gitarrenrocks. Seine Band durchlebt zahlreiche Höhen und Tiefen, einen kurzen Major-Abstecher eingeschlossen, seine Heimat aber bleiben die Indies. Trotz einiger Ruhephasen waren die Silos nie wirklich weg, alle 2 Jahre kam ein neues Album, und da stößt man – wenn man einen suchen möchte – auf den Knackpunkt in Salas-Humaras Historie: Seine fehlende Konstanz als Songwriter. Stets finden sich auf seinen Vollwerken zeitlose Perlen wie Susan Across The Water, oft aber finden sich dort auch Füller, die seine mittlerweile bekannten Ideen nur ein weiteres Mal aufkochen.
Warum dann ein Live-Album?
Weil hier einfach alles paßt. Hier schließen sich Kreise, hier fließen die Stärken und Qualitäten Salas-Humaras zusammen, hier zeigt er – reduziert auf das notwendige Minimum – was wirklich in seiner Musik steckt: Kraft, Originalität, Leben.
Zu Hilfe kommt den wieder einmal neu erstandenen Silos dabei die Reduzierung auf die Trio-Besetzung: Drei nahezu gleichberechtigte Musiker agieren bei dieser Aufzeichnung auf der Bühne nebeneinander, setzen solistische Glanzlichter, funktionieren perfekt im Team. Während Salas-Humara die Gitarrenarbeit leistet – leise gezupfte Akkorde bei Susan Across The Ocean, der leisen wie würdigen Zugabe, kräftige Akkorde bei dem Latin-Rock Porque No oder mit dem Verzerrer auf 11, wenn es richtig zur Sache geht – sorgen Andrew Glackin und Konrad Meissner nicht nur für den abwechslungsreich sauber gewobenen Rhythmusteppich: Mit versiertem wie erfahrenem Spiel heben sie die “Begleitung” über die reine Funktion hinaus, lassen feine Nuancen einfließen, sorgen für Druck, wo er hingehört und zeigen schließlich, dass Bass- wie Schlagzeug-Solo nicht nur heute noch funktionieren können, sondern vor allem ohne Bruch in ein gutes Rock-Album passen.
Was auch bestens aufgeht, ist die Wahl des Live-Repertoires. Die Silos graben in ihrer, an Songs nicht armen Geschichte, um dabei aus den letzten 20 Jahren die Perlen zu fischen. Songs, die – egal ob hefttigst rockend oder von angenehmer Ruhe getragen – von bodenständigen Harmonien getragen werden und von ihren unnachahmlich ansteckenden Melodien leben. Die nicht nur mitunter einige Jahre unbeschadet überstanden haben, sondern hier auf der Bühne, in der neuen Besetzung, in der lebendigen Atmosphäre des Konzerts zu neuem Leben erwachen.
Kein Ausfall, kein Füller, hier wird mit Qualität geklotzt. Und man versteht, warum der Rolling Stone die Band 1987 zur Best New American Band kürte, warum die Kritiker auf die zahllosen Vergleiche mit u.a. John Hiatt, Los Lobos, John Mellencamp, CCR, Gram Parsons, Neil Young stießen. Ist alles hier, hörbar versammelt, und doch nur, um die eigenen Stärken zu feiern, die wohlverteilt auf die Bühne gebracht werden.
Vom eröffnenden Eleanora mit dem rockenden Refrain über Latin-Beeinflusstes und rhythmisch Mitreissendes bis zu Country-Infiziertem und der balladesken Ruhephase ist einfach alles da, was Spaß macht. Aber auch wenn es mal ganz intim und leise wird, auch wenn eine Lap-Steel weitere Farbe bringt und der Bass blumige Figuren einfließen läßt: Es geht hier um Rock. Gitarrenrock. Handgemacht. Und mit mitreißendem Druck gespielt.
(Glitterhouse)