Die Essenz. Die Krönung. Der finale Sonnenuntergang. Danach kann
schlicht nichts mehr kommen. Seit Tagen tauche ich jetzt schon lustvoll
in diesen erlesenen Song-Zyklus ein, lasse mich hinweg treiben und kann
mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Kurt Wagner dieses edle,
vollendete Kunstwerk jemals wird steigern können. Aber vielleicht
will er das auch gar nicht. Bei aller Schönheit und Größe
der majestätisch dahinfließenden Songs, bei aller Fülle
des fein verwobenen instrumentalen Beiwerks sind die 10 Song-Epen auf
eigentümliche Weise federleicht, Breitwand-Gefühl und filigranste
Kunst gehen eine unauslöschliche Verbindung ein. Verwehter Saitenklang,
eine einsame Pedal Steel, prächtig perlendes Piano, melodiös-sanft
gestreicheltes Schlagwerk, wunderweiche Streicher, eine weinende Violine,
ein gezupftes Cello, verhallte Blechbläser hier wird auf eine
ungemein zurückhaltende Weise das ganz große Kino zelebriert.
Schon bei ijhrer Schöpfung war die Lambchop-Beschreibung nicht mehr
treffend, von Werk zu Werk wandelte sich Wagners Projekt, um schließlich
eine Kategorie für sich zu bilden. So bleiben auch nur die Lambchop-Alben,
um das 2006er Album mit Worten auch nur annähernd beschreiben zu
können. Damaged schwebt gelassen und reif zwischen der zurückhaltenden
Einfachheit von Is A Woman und der seelenvollen Sentimentalität von
Nixon, verbindet erlesenste Country-Wurzeln mit sanften Soul-Harmonien
und cineastischer Weite, und wird gekrönt von einer Stimme, die in
ihrer Verletzlichkeit/Verletztheit mit warmen Melodien und ehrlichen Worten
tiefste Spuren hinterlässt. Groß und edel, reif und schmerzvoll,
schneidend und heilend Damaged ist die endgültige Schönheit.
(glitterhouse)
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Lambchop befinden sich mit Damaged weiterhin auf der Mission,
der Countrymusik ein anderes Gesicht zu geben. Schritt für Schritt
vorwärts läuft dieser von Mastermind Kurt Wagner eingeleitete
Prozess nun seit dem 1994er Debüt I Hope Youre Sitting Down ab.
Auch wenn sich die vielköpfige Band aus Nashville / Tennessee in der
Entwicklung bis zu ihrem nun schon zehnten Werk - Aw Cmon und No,
You Cmon einzeln gezählt und das Outtakes-Album The Decline Of
The Country & Western Civilization mit eingerechnet manchmal
seit- oder auch rückwärts bewegte, so bleibt die Erkenntnis: Lambchop
bleiben einzigartig.
Weit über ein Dutzend Musiker hat Wagner, der weiße Mann mit
viel Soul, um sich gescharrt und jeden Ton mit großem Feinsinn bis
zur Perfektion modelliert. Obwohl die Streicherarrangement auf Damaged
(der Titel ist bewusst identisch mit dem gleichnamigen Album von Black
Flag) viel Platz eingeräumt bekommen, ist von Überproduktion
keine Spur in den sich zumeist langsam bewegenden Tracks. Von enormer
Eleganz und sind sie und strahlen eine große Wärme aus. Bemerkenswert
ist auch, wie die Bariton-Stimme von Wagner mit akustischen Passagen,
Orchestralem und elektronischen Details verschmilzt. Doch hinter den herzzerbrechenden,
anmutigen und ausbalancierten Arrangements verstecken sich auch Texte,
die ganz andere Geschichten erzählen, als die vordergründig
zu hörenden Harmonien vermuten lassen. Geschichten, in denen sich
Risse auftun und vieles kaputt ist, in denen Wagner in seinen Kopf, seine
Seele reist und auch die von körperlichen Problemen geprägte
Vergangenheit aufarbeitet. Da werden die Texte zu Manifestationen. Auf
Damaged herrschen also nur musikalisch paradiesische Zustände. In
I Would Have Waited Here All day zum Beispiel schlüpft
Wagner in die Rolle einer zu Tode gelangweilten Hausfrau, deren täglicher
Höhepunkt die Rückkehrt ihres Mannes von der Arbeit ist. Der
Song endet mit dem deprimierenden Fazit: Its been a lousy
day. Aus Sicht des Hörers müsste es eher lauten: Its
a great record!
(Sven Niechziol, Amazon.de)
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Die leiseste Bigband der Welt - so wird das Bandkollektiv
Lambchop um Sänger und Songwriter Kurt Wagner gerne bezeichnet. Und,
so sagt man, es gibt nur ein oder zwei Musiker auf der ganzen Welt, die
das Telefonbuch singen und damit dennoch Menschen zu Tränen anrühren
können. Kurt Wagner gehört definitiv dazu. Gegründet 1986
als Trio in Nashville, Tennessee, wurde die Band schnell zu einem Musiker-Sammelbecken,
das sich auf seinen Platten einem eigenwilligen Stilmischmasch aus Country,
Soul, Jazz und Noise-Pop verschrieben hat. Ihr 2002 erschienendes Album
"Is A Woman" wurde von der Süddeutschen Zeitung zu einem
der zehn besten Alben aller Zeiten auserkoren. Das war damals ihr sechstes
Album. Nach dem ebenfalls sehr erfolgreichen, aber auch schwer zugänglichen
Doppelwerk "Aw C'mon/ No You C'Mon" (2004) kommt mit "Damaged"
eine Platte, mit der Lambchop sich wieder mehr auf ihre Songs konzentrieren.
Ein Album, das noch mehr aurale Haute Couture ist. Eine Skulptur in High
End HiFi. Eine bestmögliche Definition des Wagnerschen Kunstverständnisses.
Gleichzeitig der intimste, der persönlichste und der größte
Lambchop Wurf seit Langem. Ein schlichtweg atemberaubendes Album. Das es
schafft, trotz all des Anspruchsdenkens direkt unter die Haut zu fahren
und den Hörer zu berühen wie nur wenige andere Platten. Es gibt
den Klang in seinem Kopf und den Klang auf seinen Platten. Immer mehr nähern
sie sich an. "Damaged" ist auch die bislang persönlichste
Platte in der langen Karriere des Mannes aus Nashville und seines vielköpfigen
Ensembles. Kurz gesagt: Kurt Wagner hat einige dunkle Zeiten hinter sich
und das hat sich unweigerlich auf die Platte niedergeschlagen. Sein Gesang
klingt zerbrechlicher denn je. Gleichzeitig ist "Damaged" von
solcher Schönheit und Größe wie kaum ein Lambchop Album
zuvor. |