Loretta Lynn, die Honky-Tonk-Legende, produziert von White
Stripes' Jack White, einer Galionsfigur des Garagenrock? Und Lynn vergleicht
ihn auch noch mit dem renommierten Nashville-Produzenten Owen Bradley? Die
Welt wird bekanntlich immer kleiner, aber das ist ein neuer Extremwert!
Und das Erstaunlichste: Das Experiment ist gelungen!
Zum ersten Mal hat Lynn sämtliche Songs eines Albums selbst geschrieben
und ihre Texte sind schonungslos wie immer. Das bittere "Family Tree"
handelt von einer Frau, die zusammen mit ihren Kindern die Geliebte des
Ehemanns aufsucht, "the woman that's burning down our family tree".
Durchweg gekonnt verarbeitet Lynn bewährte Honky-Tonk-Themen wie
Untreue, zerrüttete Beziehungen, Alkohol und Gewalt. Selbst das fatalistisch
religiöse "God Makes No Mistakes" wirkt bei ihr glaubhaft.
Jack Whites meist schlichte und atmosphärische Produktion umfasst
ein Spektrum von eher traditionellen Country-Arrangements bis hin zu waschechtem
White-Stripes-Sound, wobei sich die meisten Tracks irgendwo dazwischen
bewegen.
White hat dem gesamten Album seinen persönlichen Stempel aufgedrückt
und singt sogar die packende One-Night-Stand-Geschichte "Portland,
Oregon" mit Lynn im Duett. Letztere wirkt auch mit siebzig noch hundertprozentig
engagiert; ihr Gesang ist stellenweise ausdrucksstark wie selten zuvor.
Ein Jahrzehnt zuvor gelang es Johnny Cash, seine Karriere wiederzubeleben,
indem er mit dem Rock- und Rap-Produzenten Rick Rubin zusammenarbeitete.
Jack White hat Loretta Lynn nun den gleichen Dienst erwiesen, einer weiteren
Country-Legende, deren Musik Anhängern des modernen Country-Pop einfach
zu kantig und ehrlich ist. Van Lear Rose übertrifft alle Erwartungen
-- ein mutiges und außergewöhnliches Gemeinschaftswerk zweier
Künstler aus verschiedenen musikalischen Welten, das keiner von beiden
alleine zu Stande gebracht hätte. (Marc Greilsamer, Aus der Amazon.de-Redaktion)
|
Bizarr: Loretta Lynn, fast 70 und eine der größten
Country-Ladies aller Zeiten, lässt ihre ersten Songs seit 15 Jahren
von einem der gefeiertsten Rock-Jungstars produzieren - von White-Stripes-Gitarrist
Jack White! Viele Vergleiche fallen einem da nicht ein; höchstens Rick
Rubins Wiederbelebung von Johnny Cash. White geht die Sache mit dem festen
Willen an, diese von seiner Generation noch unentdeckte Legende in die hipste
Oma der Saison zu verwandeln. Also umtobt das Schlagzeug die Nashville-erprobte
Stimme Lynns, die Gitarren sind ruppig, und einmal singt White gar mit ihr
im Duett ("Portland Oregon"). Zwischendrin gibt der Jungspund
den Frauenversteher, lässt in "Trouble on the Line" die Steel-Gitarre
klassisch aufseufzen - doch schon mit "Have Mercy" stürzen
White und Lynn kopfüber in rohesten Neo-Fifties-Garagenrock. Ein wunderliches
und wunderbares Album, und eins mit tollen Lynn-Songs. Wie "Mrs Leroy
Brown" ihren (laut Jim Croce) sprichwörtlich bösartigen Mann
in der Bar rundmacht und White dazu die Countryklampfen krachen lässt:
Das hat Klasse, das hat Punk. (mw,Kulturnews) |