HAPPY SAD und BLUE AFTERNOON markierten 1968/69 einen wichtigen Einschnitt in Tim Buckleys musikalischer Entwicklung. Er hatte sich nach HAPPY SAD gerade von seiner Firma Elektra getrennt und war zu Frank Zappas Straight-Label übergewechselt, das ihm das verlockende Angebot voller künstlerischer Kontrolle gemacht hatte. Mit dem fünften Album, BLUE AFTERNOON, begann dann tatsächlich für Tim Buckley ein völliger Neubeginn. Begraben wurde ein Liedersänger, der sich durch die normierten Formen des Songs geschränkt sah. Wiedergeboren wurde ein neuer Tim Buckley, der sich nun mit seinen vokalen und instrumentalen Möglichkeiten über alle ungeschriebenen Gesetze der Pop-Musik hinwegsetzt. Er schreit und schmeichelt, flucht und flüstert, droht, zischt, stöhnt und lacht, die Stimme ist warm und weich, im nächsten Moment schon hart, kalt, wandelt sich zu kindlichem Plappern, zu schriller Erregung, zu melancholischer Weichheit. Er singt nicht mehr Texte, inhaltsschwere Worte, sondern Klänge, losgelöste Silben, deren Konturen er wie Farben auflöst und vermischt. Alle Bereiche menschlicher Emotionen scheint diese Stimme malen, jede Empfindung registrieren zu können.
Mit seinem letzten und vollkommensten Album STARSAILOR hob dann Buckley vollends ab und segelte in andere Milchstraßen auf und davon. Akustische Traumgebilde brachte er mit, voller bizarrer Schönheit und durchsichtiger Reinheit.
Das war 1970. In mehr als zwei Jahren gab dann Buckley keine Lebenszeichen von sich und schien schon in die Pop-History eingehen zu wollen. Nach langem Schweigen schickte er nun endlich Grüße, Grüße aus Los Angeles. GREETINGS FROM L.A.
Aber es scheint, als habe der Smog von L.A. die feinnervige, glasklare Musik der letzten Platten arg zersetzt und nur noch das grobe Geäst der musikalischen Strukturen verschont. Wäre dies Tim Buckleys erste Platte, so könnte man sagen: Immerhin, ein ungewöhnlicher Sänger mit einem ganzen Schwung melodischer Einfälle, mit jener Unbeschwertheit und Relaxtheit, wie sie nur dem amerikanischen Country-Rock zu eigen ist, dem dazu mit einem alten Session-Fuchs wie Chuck Rainey am Baß ein Mann zur Verfügung steht, der für Drive und flüssige Baß-Linien sorgt, alles in allem eine stimmige, hörenswerte Platte.
Vergleicht man sie aber mit den Maßstäben, die Buckley selbst in den vergangenen Jahren gesetzt hat, so stimmt das Ergebnis traurig. Warum muß ein Mann, der wie kaum ein anderer mit seiner Musik Gefühle, Stimmungen und Gedanken zeichnen kann, warum muß gerade dieser Tim Buckley nun Background-Streicher verwenden, Emotionen von der Stange, im Dutzend billiger? Wo sind die vielschichtigen Gewebe, die weitausholenden, verflochtenen Instrumental-Teile der früheren Platten? Was ist aus dieser unheimlichen Stimme geworden, die alle menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten zu beherrschen schien? Was früher Magie war, ist nun zu gehobener Konsumware degeneriert. Die Stimme beschwört nicht mehr, sondern schlägt Purzelbäume - Vokal-Akrobatik ohne Netz und emotionalen Boden. Subtile Stimmungsbilder haben pfeifbaren Melodien Platz gemacht, die musikalischen Höhenflüge sind in den Sumpf von Routine und Klischee gestürzt.
Der Aufstieg und Fall des Tim Buckley weckt Erinnerungen an einen anderen großen Sänger, der ebenso plötzlich und unerwartet seine schöpferische Individualität verlor: Van Morrison. ASTRAL WEEKS übermittelte wie der STARSAILOR Musik von anderen Sternen, voll von persönliches Empfindungen und daher voll von ungewöhnlichen, einmaligen Einfällen. Beide, Tim Buckley und Van Morrison, waren einmalige Sänger und Musiker - beide sind heute in die unübersehbare Masse der Sänger/Songschreiber zurückgefallen. Geblieben ist ihnen noch ihre langjährige Routine und Erfahrung, die ihnen zu gekonnten, gefälligen Platten verhilft GREETINGS FROM L.A. ist eine gefällige Platte - doch eine bittere Enttäuschung.
(Bernd Gockel, Sounds, 1972)
Starsailor war zu extrem für die Buckley-Fans und die Liveshows dieser Zeit noch extremer. Das Album verkaufte sich sehr schlecht, was Buckley in die Depression trieb. Barbiturate. Kokain und Heroin sollten ihm darüber hinweg helfen.
1972 erschien schließlich Greetings From LA, ein Album, bei dem Buckley wiederum eine völlig andere Richtung einschlug. Straighter Rock, Al Green-style Soul, viel Funk und statt mysteriöser Texte direkte Statements zum Thema Sex. Sweet Surrender war zu meiner Jugend ein absoluter Dancefloor-Hit in unserer Dorfdisco.
(Glitterhouse)
Stepping back from the swooping avant-garde touches of Starsailor for a fairly greasy, funky, honky tonk set of songs, the opening lines of Greetings from L.A. set the tone: "I went down to the meat rack tavern/And I found myself a big ol' healthy girl." Sassy backing vocalists, honking sax, and more add to the atmosphere, while Tim Buckley himself blends his vocal acrobatics with touches not unfamiliar to fans of Mick Jagger or Jim Morrison. The studio band backing him up might not be the equal to, say, War, but in their own way they do the business; extra touches like the string arrangement on "Sweet Surrender" help all the more. The argument that this was all somehow a compromise or sellout doesn't seem to entirely wash. While no doubt there were commercial pressures at play, given Buckley's constant change from album to album it seems like he simply found something else to try, which he did with gusto. "Get On Top," one of his best numbers, certainly doesn't sound like something aimed for the charts. The music may have a solid groove to it (Kevin Kelly's organ is worth a mention), but Buckley's frank lyrics and improv scatting both show it as him following his own muse.
( Ned Raggett, All Music Guide)