Eine der frischesten und stilistisch glaubwürdigsten No Depression / Alt. Country Rock-Scheiben der Saison kommt nicht aus Austin, Minneapolis, Portland, Raleigh oder Louisville, sondern aus...Edinburgh, Schottland! Diese 4 Typen müssen schon ihre Pässe vorzeigen, damit man ihnen ihre Herkunft abnimmt – so uramerikanisch klingen sie mit ihrem gut abgehangenen Gebräu aus klassischem Country Rock der 70er, luftigem Gitarrenrock mit ein paar Popelementen aus den 80ern und jener Genreneuauflage, die in den 90ern mit dem Schlagwort No Depression belegt wurde und heute allgemein als Americana gehandelt wird.
Produziert von Andrew Taylor, der auch zusätzlich Keyboards, Mandoline, Banjo und Percussion spielt, bedeutet das aktuelle Werk einen großen Schritt nach vorne. Der etwas verstaubte 90er Sound vom Debüt ist einer zeitgemäßen (Alt.)Americana Rock-Produktion gewichen, die vor allem durch die sorgfältig angeordneten Gitarrenspuren von Iain Sloan und die erstklassigen, ausgefeilten, bis zu dreistimmigen Harmony Vocals besticht. Musikalisch baut man zwar grundsätzlich auf den bewährten Stil vergangener Jahre, konzentriert sich aber deutlich weniger auf den Countryanteil in Country Rock und verfolgt eine frische, dynamische DIY-Ästhetik, ausdrücklich auch auf einigen, vielleicht manche Fans überraschende Balladen: Das Eagles-ähnliche, herrlich dahinschlurfende ‚Whatever It Takes‘, das rein akustische, mit Klavier- und Streicherduobegleitung leise untermalte ‚Curtain Call‘ oder das abschließende ‚Change Of Heart‘, ein anspruchsvoller, fast epischer 6-Minuten-Slow Song, komplett mit Pedal Steel, Streichern und wunderschönem Duettgesang von Dolly Varden‘s Diane Christiansen, zugeschaltet aus Chicago. Hier trifft ein früher Neil Young nach Harvest-Art auf den Elton John von Tumbleweed Connection.
Ansonsten dominieren die schnelleren Sachen wie der geradezu enthusiastisch vorgetragene Opener ‚Driveaway‘ (mit dem ‚Life In The Fast Lane‘-Verweis im Refrain), das von einer Byrds-typischen 12-String Rickenbacker Guitar geprägte ‚Canada‘ und das nicht nur formal im Zentrum stehende ‚Tide‘ mit seinen Wilco-haften Twin Guitars, dem schleppenden Crazy Horse-Beat und klasse Harmonien frei nach CSN! Nicht von ungefähr haben viele Songs der Wynntown Marshals mit Reisen und Fernweh im direkten und übertragenen Sinn zu tun, so auch ‚Low Country Comedown‘ im charmanten Jayhawks-Modus. Der Weg ist das Ziel, das „Roll“ in Rock‘n Roll ist das was zählt - The Long Haul!
Auf ihrer zweiten CD nach dem 2009er-Debüt ,,Westerner" lassen Sänger Keith Benzie & Co. mit luftigen Rickenbacker-Riffs, leuchtenden Harmonien und sehnsüchtigen Melodien erneut ihr Faible für US-Musik Marke Jayhawks, Wilco, Uncle Tupelo und Son Volt aufflackern.
(Audio, Dezember 2013)
... eher lose, gebrochen romantisch, schwankend sehnsüchtig und übermüdet glückstrunken. Sehr schön.
(Rolling Stone, Februar 2014)
Dazu ist ‚The Long Haul‘ ein Album, das mit jedem Hördurchgang wächst, neue Feinheiten entdecken lässt und mit dem sich die Schotten auch mit den Kollegen jenseits des Atlantiks messen können. Wieder mal eine echte Perle aus dem Hause Blue Rose.
(Good Times, April / Mai 2014)